20.10.2014

Zukunft Personal 2015: Bericht und Interview mit Lucia Falkenberg

Sie waren für uns auf der Zukunft Personal, der größten Personaler Messe Europas – was gibt es neues in der HR Welt? Welche Trends standen im Vordergrund?

Ganz eindeutig: Die Digitalisierung ist mit allen Konsequenzen auch in der Arbeitswelt angekommen und HR hat sich die Gestaltung dieser sich verändernden Arbeitswelt – neudeutsch New Work – auf die Fahne geschrieben.

So fordert beispielsweise die „Initiative für neue Qualität der Arbeit“ (INQA) der Bundesregierung unter prominenter Leitung von Ex Telekom Vorstand Thomas Sattelberger „gute Bedingungen für gute Arbeit“ – und plötzlich stehen demokratische Führung, Gesundheitsmanagement und so exotische Fragen wie die nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie ganz oben auf der Agenda der HRler. Aber auch die unmittelbaren Auswirkungen der Digitalisierung werden sichtbar: So spielt Big Data eine immer größere Rolle im Recruiting, MOOCs (Online-Kurse mit vernetzten Teilnehmern) revolutionieren die betriebliche Weiterbildung und über allem schwebt die Frage, wie sicher diese Daten und Informationen verarbeitet werden.

Wie werden wir in Zukunft arbeiten?

Digitaler – und dadurch unabhängiger von zeitlichen und räumlichen Vorgaben und Grenzen. Präsenzpflicht und Dienst nach Vorschrift werden einem selbständigerem aber auch zielorientierterem und effizienterem Arbeiten weichen. Die Fragen nach dem Wann und Wo von Arbeit werden an Bedeutung verlieren, entscheidend wird das Was sein und ob die gesetzten (Projekt-) Ziele erreicht werden. Immer mehr qualifizierte Freelancer und freie Projektarbeiter werden die Arbeitswelt von morgen prägen. Die große Mehrheit wird in Zukunft auch vom Homeoffice oder – dank der globalen Vernetzung – den entlegensten Ecken der Welt aus arbeiten können. Bei so viel Freiheit ergeben sich natürlich auch Fragen nach der Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz der neuen Arbeit. Diskutiert werden neue demokratische Führungsmodelle, dank derer man als Digital Leader das Engagement und die Innovationsfähigkeit seiner Mitarbeiter auch außerhalb hierarchischer Strukturen zu steuern lernt. Die IT- und insbesondere die Internetbranche werden mit Vorbildern wie Google und Microsoft auch in Sachen digitales Arbeiten eine Vorreiterrolle einnehmen – mit allen Vor- und Nachteilen.

Was bedeutet das für die tägliche Arbeit der Personaler?

Es gilt, diese Entwicklung in die Unternehmen zu tragen und Voraussetzungen für New Work und digitales Arbeiten zu schaffen und zu etablieren. Schwieriger aber wird es sein, alle Beteiligten davon zu überzeugen, dass dieser Aufbruch in eine neue Arbeitskultur für uns alle Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der Zukunft ist und wir Fachkräftemangel und die Integration der nächsten Generationen – egal ob Y oder Z – nicht ohne New Work bewältigen werden. Außerdem bleibt die Frage, wer die Arbeit morgen leisten wird.

A propos Fachkräftemangel: Wie sieht die Zukunft des Recruitings aus?

Auch hier gilt: ohne Internet geht in der HR Arbeit gar nichts mehr! Social Media , Active Sourcing Recrutainment und natürlich Mobile Recruiting gehören immer mehr zum daily business der Personaler. Gleichzeitig werden wir potentielle Kollegen künftig mehr nach ihren Stärken und Talenten beurteilen und weniger nach der Gradlinigkeit ihres Lebenslaufes. Auch die Wege zu diesen neuen Bewerber-Zielgruppen, die heute noch am Rande des Bewerbermarktes auftauchen, gilt es zu analysieren und hinsichtlich ihrer Effizienz zu bewerten – daher werden People Analytics und Big Data im HR immer wichtiger. Generell ist festzustellen, dass die Grenzen zwischen Recruiting, Employer Branding und Personalmarketing verschwimmen. Nachdem wir dank aufwendiger Eye-Tracking Studien alle wissen, wie die perfekte Stellenausschreibung aussieht und was Bewerber wo lesen wollen, wird die Frage, was wir als Arbeitgeber interessierten Bewerbern tatsächlich zu bieten haben, immer wichtiger.

Die Antwort sollte möglichst selbstkritisch und ehrlich ausfallen, denn nicht erst die Generation Y legt großen Wert auf Authentizität und Inhalte statt leerer Marketing Versprechen. Die Arbeitgeberattraktivität wird im Ringen um die besten Fachkräfte eine ganz entscheidende Rolle spielen und durch Arbeitgebersiegel oder auf Bewertungsportalen wie Kununu PR wirksam kommuniziert. Künftige Arbeitgeber werden sich noch mehr um ihre Mitarbeiter kümmern und Bedingungen schaffen müssen, unter denen digitales Arbeiten zur jeweiligen Lebenssituation passt – und das am liebsten möglichst lange! Denn die demographische Entwicklung fordert, die physische und psychische Leistungsfähigkeit und die Lernfähigkeit aller möglichst lange zu erhalten. Unternehmen setzen verstärkt auf Gesundheitsberatung, Burn-out Prävention und familienfreundliche Dienstleistungen und Arbeitsmodelle. Vielleicht sah man auf der diesjährigen Messe deshalb so viele Zeitgenossen in Trainingsanzügen, Philosophen und Krabbelecken mit Kinderspielsachen!

Bildquelle: Zukunft Personal 2013/Fotostudio Franz Pfluegl
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