Bei unserer Sitzung der Kompetenzgruppe Mobility „Urban Mobility - Zusammenspiel von IoT und Mobility zur Umsetzung von Mobilitätslösungen“ ist der eco mit verschiedenen Expert:innen aus dem Mobilitäts- und IoT -Umfeld in die Diskussion rund um die Themen Datengenerierung, Datennutzung, Datenwirtschaft und Datenpolitik eingestiegen. Gemeinsam mit unserem Gastgeber der WOBCOM in Wolfsburg und unserem KG Mobility-Leiter Giovanni Coppa haben wir es geschafft eine spannende inhaltliche Ausrichtung und somit auch eine gelungene KG Sitzung umsetzen. Dabei entstand ein deutliches Bild, wie unabdingbar die Datennutzung für Mobilitätslösungen in allen Bereichen ist. Eingegangen wurde auf verschiedene Use Cases, wie Smart Parking, was gerade im Smart-City-Kontext einen wichtigen Stellenwert einnimmt, um u.a. den Parksuchverkehr in den Städten zu minimieren. Zudem gab es spannende Einblicke in den Bereich der Rettungsmobilität und auch in die Möglichkeiten von Datenräumen und der gemeinsamen Nutzung von (Mobilitäts-)Daten.
Digitalisierung für urbane Mobilität
Eine gut durchdachte und funktionierende digitale Infrastruktur ist die Basis für ein smartes Ökosystem – vor allem hinsichtlich urbaner Mobilitätslösungen. Darauf aufbauend, können Daten generiert und für verschiedene Anwendungen genutzt werden. Im Smart-City-Kontext ist es zudem wichtig, dass die Bürger:innen von den (Mobilitäts-)Lösungen profitieren und einen direkten Nutzen haben. In Wolfsburg baut man genau auf diesen Ansatz. Mit verschiedenen Lösungen und konkreten Use Cases zeigt die Stadt, wie man die Möglichkeiten der Digitalisierung für urbane Mobilitätskonzepte nutzen kann. Mit der Wolfsburg-App hat die WOBCOM gemeinsam mit verschiedenen Partnern eine Plattform geschaffen, die sich optimal in das Konzept eines Smart-City-Ökosystems für die Stadt einfügt.
Smart Parking
Am Beispiel von Smart Parking und eines Wegeleitsystems, zeigt Wolfsburg, wie sich mit Hilfe von einer entsprechenden digitalen Infrastruktur, IoT-Devices, der Generierung von Daten, deren Nutzung und deren Zusammenführung der Parksuchverkehr innerhalb der Stadt minimiert werden kann. Das Konzept und die genutzten Lösungen adressiert städtische Herausforderungen und Bedürfnisse von Bürger:innen gleichermaßen und kann dadurch auch von anderen Städten adaptiert werden. Zu den Herausforderungen zählen:
- Große Anzahl an Fahrzeugen
- Pendlerverkehr
- Anbindung an naheliegende Städte
- Anbindung ländlicher Räume
- Unterschiedlich stark ausgelastet Parkplätze
- Minimierung des Parksuchverkehrs
- Einbindung von E-Mobilität (Lademöglichkeiten)
Mit einfacher Sensorik und entsprechender Vernetzung sowie der Nutzung der anfallenden Daten konnte ein smartes Parkleitsystem entwickelt werden, das den Bürger:innen in der Städte-App zur Verfügung steht und direkt freie Parkplätze auch mit freien Ladesäulen anzeigt.
Datenräume und Datenplattformen erleichtern die Vernetzung von Mobilität
Gerade Projekte, wie der Mobility Data Space oder moveID, als Teil von Gaia-X rücken im Kontext vernetzter und zukünftiger Mobilität stärker in den Fokus und werden immer wichtiger, um eine transparente, sicherere und dezentralisierte Datenwirtschaft zu ermöglichen und langfristig zu etablieren.
moveID soll in den kommenden Jahren die nötigen Standards und technologischen Konzepte entwickeln, die den sicheren Informationsaustausch zwischen Anbietern und Kunden von Mobilitätsanwendungen ermöglichen. Dabei sollen dezentrale digitale Fahrzeugidentitäten das Ziel sein. Vor allem für Smart Cities, automatisiertes Fahren und auch die E-Mobilität ist dies eine wichtige Voraussetzung. Auch der Bereich Smart Parking sowie das Wolfsburger Parking-Projekt sind Teil der Use Cases von moveID. Denn das gezielte Ansteuern von Parkmöglichkeiten ist ein wichtiger Beitrag zum Abbau von Verkehr und Emissionen – der Parksuchverkehr macht rund ein Drittel des innerstädtischen Verkehrs aus.
Urban Mobility im 5G Reallabor
Das 5G Reallabor des DLR - Institut für Verkehrssystemtechnik beschäftigt sich mit einem Punkt der Mobilität, der oft gar nicht so sehr im Fokus steht, aber im Zusammenhang mit urbanen Mobilitätslösungen ein wichtiger Faktor ist – die Rettungsmobilität. Gerade bei Notfällen ist das schnelle Ankommen an einem Einsatzort entscheidend. Zudem kann auch die Einsatzplanung mit Echtzeitbildern bereits von unterwegs aus, wichtige Minuten sparen und Leben retten oder Schlimmeres verhindern. Hierzu hat das DLR bei der KG Sitzung zwei spannende Use Cases vorgestellt.
Rettungsmobilität
Bei dem Anwendungsfall der Rettungsmobilität geht es klar um das Ziel, nach einem eingehenden Notruf, die beste Route zu finden und schnellstmöglich am Einsatzort anzukommen. Dies kann smart umgesetzt werden und die Route mit einer „grünen Welle“ abgestimmt werden, sodass die Einsatzkräfte im städtischen Verkehr ungehindert an den entsprechenden Einsatzort kommen. Zudem ist natürlich auch die Kommunikation eines Einsatzes an die Bürger:innen in Echtzeit sinnvoll und wichtig. Hierfür sind eine entsprechende Vernetzung, Konnektivität und Daten in Echtzeit notwendig.
Die Vorteile von 5G für die Rettungsmobilität liegen klar auf der Hand:
- Geringere Latenz
- Rechtzeitige Aktivierung der „grünen Welle“
- Automatisierte Fahrfunktionen
- Mobile Edge Cloud
- Dezentrale Datenverarbeitung am Ort des Geschehens
- Broadcasting
- Informationen effizient an Verkehrsteilnehmer weitergeben
- Slicing
- Priorisierung der Nachrichtenpakete
Rettungsdrohne
Der Einsatz einer Rettungsdrohne zielt ähnlich, wie beim Anwendungsfall der Rettungsmobilität auf ein schnelles Handeln der Einsatzkräfte und vor allem eine gezielte und schnelle Einsatzplanung ab. Hier wird mit einem eingehenden Notruf zusammen mit den Einsatzkräften zusätzlich eine Rettungsdrohne, die sich am nächsten zum Einsatzort befindet, losgeschickt. Dadurch haben die Einsatzkräfte bereits aus dem Auto heraus die Möglichkeit auf Echtzeitbilder des Geschehens zuzugreifen und bereits vor der Ankunft den Einsatz gezielt zu planen. Auch hier ist 5G mit vielen Vorteilen ein entscheidender Faktor bei der Umsetzung:
- Höhere Videoauflösung
- Zoom Performance
- Schärferes Bild
- Objekterkennung Performance
- Geringere Latenz
- Drohnensteuerung
- Kamerasteuerung
- Verbesserte „Hand Auge Koordination“
- Broadcasting
- Peer to Peer verhindern: Lost Link | Beyond Visual Line of Sight
- Alle Drohnen: gleiche Info | zur gleichen Zeit | aus der gleichen Quelle
- Slicing
- Garantiertes „Quality of Service“ für Nachrichtenpakete
Datenpolitik – wo stehen wir?
Damit Datenökosysteme und eine faire Datenwirtschaft funktionieren, müssen auch auf politischer Ebene Rahmenbedingungen geschaffen werden, die dies ermöglichen. Zudem braucht es Bedingungen, die die Datenwirtschaft sinnvoll fördern, vorantreiben und regeln.
Aktuell bewegt sich sehr viel im Bereich der Datenpolitik und es wird daran gearbeitet hier einen entsprechenden Rahmen zu schaffen.
Eines der ambitionierten Ziele auf politischer Ebene ist, dass 75 % der Unternehmen in der EU bis 2030, Big Data oder KI (Künstliche Intelligenz) nutzen sollen oder zumindest ein Verständnis von den Möglichkeiten haben sollen. Auch in Deutschland wird das Thema verstärkt aufgegriffen. Daten sollen besser verfügbar und besser nutzbar gemacht werden und Unternehmen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft sollen neue Projekte ermöglicht werden. Folgende Projekte und Gesetze sind angedacht bzw. in Planung:
- Forschungsdatengesetz
- Dateninstitut
- Datenstrategie
- Weiterentwicklung Datenraum Mobilität
- Förderung Intermodaler Mobilität
- Mobilitätsdatengesetz
Auf Europäischer Ebene wird ein Datenbinnenmarkt mit einheitlichen Standards angestrebt, wie er auch bereits auf analoger Ebene besteht.
Data Act
Der Data Act hat großes Potenzial einen enormen Impact auf die Datenwirtschaft zu haben. Dabei handelt es sich um ein horizontales Gesetz, das Regeln für alle Sektoren schafft. Es ist eine Art Überbau, der den Anspruch hat, den Umgang mit Industriedaten, nicht personenbezogenen Daten zu regeln. Daran anschließend sollen dann noch sektorspezifische Regeln folgen. Für den Bereich Mobilität soll noch in diesem Jahr ein Entwurf veröffentlicht werden. Der Hintergrund zum Data Act ist, auf regulatorischer Ebene Datensilos aufzubrechen und so die Datenwirtschaft in Europa voranzutreiben. Unter den Data Act fallen erst einmal alle vernetzten Geräte, diese müssen nicht einmal physisch vorhanden sein,
Mobilitätsdatengesetz
Das Mobilitätsdatengesetz ist in Planung und soll noch auf das bestehende regulatorische Ökosystem aufgesetzt werden und noch einmal sehr spezifische Rahmenbedingungen und Regularien speziell für den Mobilitätssektor liefern. Aktuell ist hierzu allerdings noch sehr wenig bekannt, der Entwurf soll bis Ende 2023 vorliegen und im Jahr darauf verabschiedet werden.
Fazit
Insgesamt zeigen die vorgestellten Use Cases, das Daten in der Mobilitätsbranche gar nicht mehr wegzudenken sind. Gerade für neue und auch ganzheitliche Mobilitätskonzepte und Mobilitätslösungen ist es wichtig auf entsprechende Daten zurückzugreifen und diese auch gemeinschaftlich zu nutzen. Plattformen und Datenräume wie moveID und der Mobility Data Space sind in der Datenwirtschaft wichtige Anker und zeigen, wie eine gemeinsame Datennutzung und Verfügbarmachung funktionieren kann und welche Möglichkeiten für innovative Mobilitätslosungen und neue Geschäftsmodelle entstehen können. Auf regulatorischer Ebene befindet sich momentan sehr viel in Bewegung rund um die Datenthemen. Neue Rahmenbedingungen werden sicherlich auch neue Herausforderungen für die Unternehmen mit sich bringen.
Weitere Informationen zum Thema Mobilität im Smart-City-Kontext, wie beispielsweise Parksuchverkehr finden Sie in unserer Studie „Der Smart-City-Markt in Deutschland: 2021-2026“