17.03.2025

Vertrauenswürdige KI als Standortvorteil

MISSION KI ist eine zentrale Initiative zur Stärkung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und setzt gezielt auf die bessere Nutzung von Daten, vertrauenswürdige KI-Standards und die Förderung innovativer KI-Lösungen. Im Interview gibt Simon Boffen, stellvertretender Projektleiter von MISSION KI, Einblicke in die Ziele, Herausforderungen und konkreten Maßnahmen, um Deutschland als führenden KI-Standort zu etablieren.

Herr Boffen, KI ist in aller Munde – aber was ist das Besondere an MISSION KI? Was ist die Grundidee?

Die MISSION KI – Nationale Initiative für Künstliche Intelligenz und Datenökonomie will Deutschlands digitale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, fokussiert sich unsere Initiative auf drei Säulen: Wir wollen eine bessere Datenbasis für KI schaffen, die Entwicklung vertrauenswürdiger KI stärken und das Wachstum von KI-Innovationen unterstützen.

Als Hebelprojekt der Digitalstrategie der Bundesregierung bedient MISSION KI zentrale Handlungsfelder: Es unterstützt die Entwicklung einheitlicher Standards und verbessert die Verfügbarkeit und Auffindbarkeit von Daten. Die Initiative wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit 32 Millionen Euro bis Ende 2025 gefördert. Umgesetzt wird das Projekt von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.

 

Wie plant MISSION KI, die sektorübergreifende Vernetzung von Datenräumen konkret umzusetzen, und welche Herausforderungen sehen Sie dabei?

Deutschland steht vor der Herausforderung, das Potenzial seiner Daten noch effektiver zu nutzen, um im globalen KI-Wettbewerb mithalten zu können. Doch isolierte Datensilos, regulatorische Anforderungen sowie eine unzureichende Datenkultur bremsen Innovationen.

Hier ist ein Umbruch dringend notwendig, um die Nutzung wertvoller Daten zu erleichtern. Vor diesem Hintergrund gewinnen Datenräume zunehmend an Bedeutung. Wir arbeiten intensiv daran, Datenräume besser zu vernetzen. Dafür entwickeln wir gemeinsam mit Partnern Open-Source-Produkte und -Services, die die Auffindbarkeit, Nutzung und das Teilen von Daten über Datenräume hinweg gewährleisten. Die entwickelten Lösungen werden an Datenräumen erprobt – bspw. am Mobility Data Space oder Pontus-X – und sind so konzipiert, dass sie von anderen Akteuren flexibel genutzt werden können.

 

Inwiefern werden die entwickelten KI-Qualitäts- und Prüfstandards mit bestehenden europäischen Initiativen harmonisiert, um eine breite Akzeptanz zu gewährleisten?

Der EU AI Act definiert strenge Anforderungen an Hochrisiko-Systeme. Von der Mehrheit der KI-Anwendungen geht jedoch ein geringes Risiko aus. Um die Qualität und Vertrauenswürdigkeit von KI-Anwendungen unterhalb der Hochrisiko-Schwelle zu stärken, hat MISSION KI einen freiwilligen KI-Qualitätsstandard entwickelt. Eine erste Version haben wir im Oktober 2024 der Öffentlichkeit präsentiert.

Unser Qualitätsstandard ist inhaltlich anschlussfähig an die Anforderungen des EU AI Acts und soll Qualität und Vertrauenswürdigkeit sicherstellen, ohne Innovationen zu hemmen. KI-Anbieter können von einem effizienten Qualitätsnachweis profitieren, der für große Unternehmen sowie für Startups gleichermaßen nutzbar ist. Da sich Unternehmen, die den Standard verwenden, durch vergleichbare Qualitätskriterien positiv am Markt abheben, können sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. KI-Betreiber wiederum profitieren von einer höheren Markttransparenz und Zuverlässigkeit der eingesetzten KI-Anwendungen. Durch die Erprobung an realen Anwendungsfällen stellen wir sicher, dass der Standard bedarfsorientiert und praxistauglich ist.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um sicherzustellen, dass die entwickelten KI-Lösungen nicht nur technologisch fortschrittlich, sondern auch ethisch vertretbar und gesellschaftlich akzeptiert sind?

Unser KI-Qualitätsstandard basiert auf den „Ethik-Leitlinien für vertrauenswürdige KI“. Diese wurden durch die hochrangige Expertengruppe für künstliche Intelligenz erarbeitet, die von der Europäischen Kommission einberufen wurde. Die Expertengruppe hat zentrale Prinzipien definiert, die zur Bewertung der Vertrauenswürdigkeit von KI-Systemen dienen.

 

Wie fördert MISSION KI die Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und KI-Start-ups, um den Wissenstransfer und die Markteinführung innovativer KI-Produkte zu beschleunigen?

Um die Zusammenarbeit zwischen dem Mittelstand und KI-Startups zu stärken, haben wir das Matchmaking-Format auf den Weg gebracht. Das Programm haben wir im Juli 2024 in Heilbronn erstmals durchgeführt und dort mittelständische Unternehmen aus Baden-Württemberg mit KI-Startups aus ganz Deutschland zusammengebracht. Das Event war ein voller Erfolg, es sind daraus bereits erfolgreiche Kooperationen hervorgegangen. Wir werden im Mai ein Matchmaking in Bayern durchführen, gefolgt von einem weiteren Event im Juni in Nordrhein-Westfalen. Interessierte Mittelständler aus Bayern können sich aktuell bereits über unsere Website für eine Teilnahme bewerben – Bewerbungsschluss ist der 03.04.2025.

Für viele Mittelständler ist es ein zeitaufwendiger Prozess, den eigenen KI-Bedarf festzustellen und die dafür passende KI-Lösung zu finden. Unser Team analysiert die individuellen KI-Bedarfe der teilnehmenden Unternehmen und identifiziert passende KI-Startups. Unternehmen und Startups werden im Rahmen eines Events in Einzelgesprächen zusammengebracht, um konkrete Anwendungsmöglichkeiten zu evaluieren und potenzielle Technologiepartner kennenzulernen.

 

Welche langfristigen Strategien verfolgen Sie, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit von „AI made in Germany“ zu stärken und global sichtbarer zu machen?

Unsere Chancen stehen gut, mit der Entwicklung von vertrauenswürdiger und sicherer KI „Made in Germany“ eine führende Rolle einzunehmen. Deutschland zählt in der KI-Forschung zur internationalen Spitze – doch bei der Umsetzung in marktfähige Anwendungen besteht Aufholbedarf. Darum gehen wir drei Kernaufgaben strategisch an: Standardisierung und Vergleichbarkeit soll die Qualität von „AI made in Germany“ sichtbar machen, Matchmaking soll die Zusammenarbeit zwischen innovativen Unternehmen stärken und unser KI-Gründungsprogramm soll den Sprung von der Entwicklung in den Markt erleichtern. Entscheidend ist zudem, die Datenschätze unserer Wirtschaft auffindbar und unter Wahrung der der Geschäftsinteressen nutzbar zu machen – hierbei können Datenräume eine zentrale Rolle spielen. Wir setzen uns mit der MISSION KI also an verschiedenen Stellen dafür ein, den deutschen KI-Standort zu stärken.

 

Bildnachweis: © MISSION KI / Laschitzki
Vertrauenswürdige KI als Standortvorteil
Simon Boffen, stellvertretender Projektleiter von MISSION KI