14.04.2015

eco fordert grundsätzliche Debatte über Privatheit und Öffentlichkeit im Informationszeitalter

  • eco-Umfrage: Rund die Hälfte der Befragten sieht Entscheidung über Löschanträge bei öffentlicher Behörde (36%) oder Gericht (11%)
  • Richterrolle für Suchmaschinenbetreiber ist problematisch
  • eco veröffentlicht sieben zentrale Diskussionspunkte zum Recht auf Vergessenwerden

Fast ein Jahr nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum sogenannten „Recht auf Vergessen“ hält die Mehrheit der Internetnutzer das Urteil für richtig. Das EuGH-Urteil vom 13. Mai 2014 verpflichtet Suchmaschinenbetreiber dazu Links und Verweise auf personenbezogene Inhalte auf Wunsch der betroffenen Person aus dem Suchindex zu entfernen. Rund 20 Prozent sehen allerdings auch die Gefahr möglicher negativer Auswirkungen auf die Informations- und Meinungsfreiheit im Internet, so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. durchgeführt hat. Nicht einverstanden sind demnach die meisten Nutzer mit der Rolle, die der EuGH den Suchmaschinenbetreibern zugeteilt hat. Rund 50 Prozent der Befragten denken, dass besser eine öffentliche Behörde (36%) oder ein Gericht (11%) die Abwägung zwischen dem Recht auf Privatheit und dem Interesse der Öffentlichkeit an umfassender Information und damit letztlich die Entscheidung über die Löschung eines Links treffen sollte.

Richterrolle für Suchmaschinenbetreiber ist problematisch

 „Der EuGH hat mit seinem Urteil zum Recht auf Vergessenwerden die Suchmaschinenbetreiber in eine Art Richterrolle bei Auseinandersetzungen über Inhalte  im Netz gedrängt“, kritisiert Oliver Süme, eco Vorstand Politik & Recht. „Dies wirft nicht nur grundsätzliche Fragen hinsichtlich der Rechtsdurchsetzung im Netz auf, sondern widerspricht auch den grundlegenden Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie.“ Besonders bemerkenswert an dieser Entscheidung sei, dass der Inhalt, auf den die Suchmaschine nicht mehr verlinken darf, ein „rechtmäßiger“ Inhalt ist, das heißt die Information selbst bleibe weiterhin im Netz. „Diese Trennung der Rechtmäßigkeit einer Äußerung von der Rechtmäßigkeit des Zugänglichmachens dieser Äußerung ist gerade aufgrund der besonderen Rolle von Suchmaschinen bei der Informationsbeschaffung im Internet problematisch“, so Süme. Das Urteil und seine Bedeutung für das Internet und die digitale Wissensgesellschaft sei so fundamental, dass es eine grundsätzliche Debatte über das Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit im Informationszeitalter sowie die Verantwortung von Informationsvermittlern erforderlich mache.

Aus Sicht der Internetwirtschaft gibt es noch viele offene Fragen zur Ausgestaltung des Urteils und zur Rolle von Intermediären wie zum Beispiel Suchmaschinenbetreiber. Auch die noch schwer absehbaren Folgen für die Informations- und Meinungsfreiheit im Internet müssen weiter diskutiert werden.

Die sieben zentralen Diskussionspunkte der Internetwirtschaft zum Recht auf Vergessenwerden finden Sie hier.

Die wichtigsten Hintergründe und aktuellen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessenwerden finden Sie im neuen eco Hintergrundpapier.

Umfragediagramme zum Download: https://www.eco.de/wp-content/blogs.dir/umfrage-zur-bewertung_eugh_urteil.pdf

Infografik „Vom Löschantrag zur Verweislöschung“ zum Download: https://www.eco.de/wp-content/blogs.dir/infografik_vom-loeschantrag-zur-verweisloeschung.pdf