2020 feiert eco sein 25-jähriges Jubiläum. Seit der Gründung des Verbands hat eco einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung des Internets in Deutschland geleistet, den Aufbau digitaler Infrastrukturen gefördert und dabei auch die Ausgestaltung gesetzlicher sowie regulativer Rahmenbedingungen vorangetrieben. Wir werfen einen Blick zurück auf die 25 wichtigsten netzpolitischen Debatten in den vergangenen 25 Jahren.
#1: Zensursula
Mehr als 130.000 Unterstützer hatten am 16. Juni 2009 eine E-Petition gegen das sogenannte Zugangserschwerungsgesetz unterzeichnet. Doch zu diesem Zeitpunkt war die Diskussion über die staatliche Sperrung von Internetseiten längst auf ihrem Höhepunkt. Die Geschichte nahm nämlich bereits im Januar 2009 ihren Lauf als die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen ankündigte, Webseiten mit Verbindungen zu kindepornografischen Inhalten fortan über das Bundeskriminalamt (BKA) filtern lassen zu wollen. Ein Plan, der sich schließlich im Zugangserschwerungsgesetz manifestierte, das im Juni des selben Jahres von der großen Koalition auf den Weg gebracht wurde – und fortan „Zensursula” hieß.
Der Beschluss sah vor, dass die Internetprovider regelmäßig geheime Sperrlisten vom Bundeskriminalamt erhalten, mit denen betroffene Internetseiten unzugänglich gemacht werden sollten. Betrachter sollten beim Abrufen der URL nur noch einen Warnhinweis der Polizei erhalten.
Neben zahlreichen Kritikern aus der Internetwirtschaft, allen voran der eco Verband, wurde das Gesetz auch medial stark kritisiert: „Je deutlicher der Protest wurde, je mehr die vermeintlichen rechtlichen und technischen Unzulänglichkeiten des Gesetzes in der Öffentlichkeit thematisiert wurden, desto heftiger verteidigte sie den Aufbau einer Sperr-Infrastruktur”, schrieb der Spiegel im Jahr 2010 über Ursula von der Leyen und ihre Pläne. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete das Vorhaben als „Schnellschuss von Technik-Laien” und die Zeit unterstellte der Familienministerin ebenfalls Zensur: „Die Bilder bleiben im Netz, die Server bleiben erreichbar. Lediglich ein bisschen Tünche verdeckt sie, und selbst technische Laien können diese leicht abkratzen.”
Union und FDP einigten sich im Oktober 2010 darauf, die Sperren zunächst auszusetzen und es mit dem Löschen der Seiten zu versuchen. Das Gesetz wurde dementsprechend bis zu seiner Aufhebung durch die FDP im Jahre 2011 kein einziges Mal angewendet.
Internetprovider, Bürgerrechtler und Vertreter von Missbrauchsopfern reagierten erleichtert auf den Beschluss, das lang umkämpfte Zugangserschwerungsgesetz der Vorgängerregierung zu kippen und kinderpornografische Inhalte im Internet künftig ausschließlich löschen zu wollen. Die Erfolge des Verbands der deutschen Internetwirtschaft und die Ergebnisse des Bundeskriminalamts (BKA) in diesem Bereich hatten deutlich gemacht, dass der von FDP und CDU/CSU bereits in der Koalitionsvereinbarung umrissene Ansatz „Löschen statt Sperren“ in der Praxis funktioniere, erklärte der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur). Es sei erfreulich, dass sich diese durch eigene Untersuchungen gestützte Position nun bei allen Fraktionen des Bundestags durchgesetzt habe.
Von „Zensursula“ zur EU Kommissionspräsidentin – wie sieht die Zukunft für die EU-Netzpolitik aus mit Ursula von der Leyen an der Spitze? Die stark umstrittenen und ineffektiven Netzsperren bleiben jedenfalls weiterhin Thema bei Regulierungsvorhaben sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. So zuletzt beim Urheberrecht, dem 4. Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes oder beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz.
eco bleibt seinem Credo im Kampf gegen Netzsperren seit 25 Jahren treu: Einzig das Prinzip „Löschen statt Sperren“ hat sich in der Vergangenheit sehr erfolgreich als geeignetes Mittel mit Nachhaltigkeit gegen illegale Internetinhalte erwiesen, wir glauben nicht an das Verstecken illegaler Inhalte durch etwaige Sperren im Netz.