19.11.2020

Brüsselblick

Das Wichtigste im Überblick

STANDARDVERTRAGSKLAUSELN: Die EU-Kommission hat vergangenen Donnerstag den Durchsetzungsrechtsakt für die Implementierung der Standardvertragsklauseln veröffentlicht sowie eine Konsultation bis 10. Dezember gestartet.

Die Standardvertragsklauseln sehen neue Pflichten für Unternehmen vor, die Daten in Drittstaaten speichern und verarbeiten. Von zentraler Bedeutung sind dabei insbesondere der Schutz von Grundrechten auch im Falle entgegenstehender Gesetzgebung im Drittstaat sowie Sicherheitsauflagen für die Speicherung und Verarbeitung der Daten.

In der Zwischenzeit haben auch die europäischen Datenschutzbehörden, unter dem Dach des Europäischen Datenschutzausschusses, ihre Empfehlungen an Unternehmen präsentiert, um anhand von sechs Punkten sicherzustellen, dass deren internationale Datentransfers gesetzeskonform sind. Die Konsultation läuft bis 30. November. Zusammengefasst lässt sich sagen, es liegt an den Unternehmen, sicherzustellen, dass die Vorschriften eingehalten werden:

  1. die Erfassung aller internationalen Datentransfers,
  2. die Überprüfung der für die Übermittlungen verwendeten technischen Instrumente,
  3. die Beurteilung lokaler Gesetze, die den Schutz der übertragenen Daten verletzen könnten,
  4. die Verabschiedung zusätzlich notwendiger Maßnahmen, um das Schutzniveau der übertragenen Daten auf den EU-Standard der wesentlichen Äquivalenz zu bringen,
  5. die Einleitung formaler Verfahrensschritte zur rechtlichen Umsetzung der zusätzlichen Maßnahmen und
  6. die regelmäßige Neubewertung des Schutzniveaus, das den in Drittländer übertragenen Daten gewährt wird.

SEKTORUNTERSUCHUNG ZU MESSENGER-DIENSTEN: Das deutsche Bundeskartellamt hat letzte Woche die Einleitung einer verbraucherrechtlichen Sektoruntersuchung zu Messenger-Diensten bekanntgegeben. Die Untersuchung soll „in den kommenden Monaten“ durchgeführt werden und wird sich mit der Verwendung persönlicher Daten sowie der Interoperabilität beschäftigen. Die Befugnis, aufgedeckte Rechtsverstöße auch per behördlicher Verfügung abzustellen, ist mit einer Sektoruntersuchung jedoch nicht verbunden.

E-PRIVACY: Vergangenen Mittwoch widmete sich die TELE Arbeitsgruppe dem letzten Entwurf der deutschen Ratspräsidentschaft zu E-Privacy. Berichten zufolge wurde der vorgeschlagene Text vom 4. November von den Attachés abgelehnt und würden Mitgliedstaaten einen neuen Text, basierend auf dem finnischen Entwurf, begrüßen. Das Treffen für den 18. November wurde abgesagt und es bleibt abzuwarten, ob am 23., 26. oder 30. November ein neuer Text zur Diskussion gestellt wird.

CSAM/E-PRIVACY: Der Europäische Datenschutzbeauftragte, W. Wiewiorówski, hat seine Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag betreffend die Derogation von der E-Privacy Richtlinie zur Bekämpfung von Kindesmissbrauchsinhalten veröffentlicht.

Er hält dabei u.a. fest, dass die Verordnung klare und präzise Regeln für den Geltungsbereich und die Anwendung der betreffenden Maßnahmen festlegen und Mindestgarantien auferlegen muss, so dass die Personen, deren persönliche Daten betroffen sind, ausreichende Garantien haben, dass ihre Daten wirksam gegen die Gefahr des Missbrauchs geschützt werden. Zudem sollte die Ausnahmeregelung auf höchstens zwei Jahre angelegt sein.

Der Bericht von MdEP B. Sippel zur entsprechenden Verordnung steht am Montagabend auf der Tagesordnung des LIBE Ausschusses.

DIGITAL MARKETS ACT: Wie Politico (Paywall) berichtet, wünscht sich Frankreich, dass der DMA gemeinsam mit dem Digital Services Act am 2. Dezember präsentiert wird und hofft darauf, dass der Vorschlag fünf Kriterien erfüllt, um die Untersuchungen zu beschleunigen und mit dem Tempo der Veränderungen im Technologiesektor Schritt zu halten. Dazu gehören Regeln, die ein „frühes Eingreifen“ bei möglichem Fehlverhalten und eine „ständige Feldüberwachung“ der so genannten digitalen Gatekeeper ermöglichen.

Für den DSA sieht die französische Regierung die Notwendigkeit für Garantien betreffend die Transparenz von Algorithmen sowie zur Geschwindigkeit und der Effizienz von Untersuchungen.

TERRORISMUSBEKÄMPFUNG: Die Europäischen Innenminister/innen haben sich vergangenen Freitag getroffen und eine gemeinsame Erklärung zu den kürzlich verübten Anschlägen veröffentlicht.

DATENSTRATEGIE: Kommenden Montag wird im JURI der Entwurf der Stellungnahme von A. Voss zur Datenstrategie (Regel 57; federführend ITRE) diskutiert.

In seiner Stellungnahme empfiehlt Voss Subventionen und Steuererleichterungen, um die Unternehmen zur freiwilligen gemeinsamen Nutzung von Daten zu ermutigen, sowie industriegeführte Standards für die gemeinsame Nutzung von Daten. Er fordert die Kommission zudem auf, zu prüfen, „inwieweit die Anwendung der Gesetzgebung ausländischer Rechtsordnungen, wie z.B. des US CLOUD Act, zu Rechtsunsicherheit und Nachteilen“ für europäische Unternehmen und Bürger führen könnte.

URHEBERRECHT – EUGH: Vergangene Woche fand vor dem EuGH die Anhörung im Verfahren Polens zur Annullierung der Art. 17(4)(b) und (4)(c) DSM-RL (C-401/19) statt. Generalanwalt Øe nahm an der Anhörung teil und wird seine Schlussanträge voraussichtlich am 22. April 2021, etwa sechs Wochen vor Ablauf der Umsetzungsfrist der DSM-RL am 7. Juni 2021, vorlegen. Unterdessen wird das endgültige Urteil des EuGH für den Sommer 2021 erwartet und kommt damit wohl erst nach Ablauf der Frist der EU-Kommission für die Veröffentlichung ihrer Leitlinien nach Artikel 17 und nach Ablauf der Implementierungsfrist der Mitgliedsstaaten.

URHEBERRECHT – KOMMISSION: EU-Kommissar T. Breton hat in seiner Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von MdEP A. Vondra (EKR) zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger (Artikel 15 DSM-RL) klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten nicht erlaubt ist, Artikel 15 DSM-RL durch einen Mechanismus der obligatorischen kollektiven Rechtewahrnehmung umzusetzen. Dies würde den Verlegern das nach Artikel 15 DSM-RL gewährte ausschließliche Recht entziehen, indem „die Entscheidung der Verleger, die Nutzung ihrer Veröffentlichung zu genehmigen oder zu verbieten, ausgeschlossen wird“.

VERBRAUCHERAGENDA: Vergangenen Freitag hat die EU Kommission ihre neuen Pläne zur Stärkung des Verbraucherschutzes und der Resilienz veröffentlicht. „Konkret werden in der Agenda Prioritäten und Schwerpunktmaßnahmen genannt, die in den nächsten fünf Jahren zusammen mit den Mitgliedstaaten auf europäischer und nationaler Ebene zu ergreifen sind. Dazu gehören unter anderem ein neuer Legislativvorschlag, der darauf abzielt, den Verbraucherinnen und Verbrauchern bessere Informationen über Nachhaltigkeit zur Verfügung zu stellen, die Anpassung der bestehenden Rechtsvorschriften an den digitalen Wandel sowie ein Aktionsplan zur Produktsicherheit mit China.“, heißt es dazu in der PA.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ: Vergangenen Montag war T. Jarzombek in seiner Funktion als Beauftragter des BMWi für die Digitale Wirtschaft und Start-ups zu Gast (Video). Er rief dazu auf, dass der Regulierungsansatz der EU die Entwicklung der KI so gestalten solle, dass sie die EU-Wirtschaft unterstützt und zur menschlichen Entwicklung beiträgt. Jarzombek betonte, wie wichtig es für Investoren sei, Klarheit zu haben, und warnte vor dem Risiko, dass die Entwicklung der AI außerhalb der EU stattfindet. „Wir müssen schnell, agil und klar sein, damit das System nicht nur für große, sondern auch für kleine Akteure funktioniert“, sagte er. Er hob auch die Bedeutung des Zugangs zu Daten hervor und sprach sich für einen gemeinsamen Datenraum in Europa aus, wobei er das Beispiel der GAIA-X-Initiative nannte.

Apropos, am Mittwoch und Donnerstag findet der GAIA-X Summit statt. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

HASSREDE – ÖSTERREICH (GLAWISCHNIG): Der Oberste Gerichtshof (OGH, Österr.) hat im Sicherungsverfahren der früheren Vorsitzenden der Grünen in Österreich gegen Facebook eine neue einstweilige Verfügung erlassen und Facebook aufgetragen, word- und sinngleiche Postings weltweit zu löschen. Zuvor hatte der EuGH im Oktober 2019 entschieden, dass EU-Recht einer weltweiten Löschverpflichtung nicht entgegensteht (vgl. Der Standard).

HASSREDE – BELGIEN: Der belgische Justizminister will härter gegen Hassrede im Internet vorgehen und über eine Verfassungsänderung erreichen, dass Hasskriminalität strafrechtlich stärker verfolgt wird (vgl. BRF).

VERORDNUNG ZUR EUROPÄISCHEN DATENVERWALTUNG: Die Präsentation der Verordnung zu Data Governance wurde auf kommende Woche verschoben. Zwischenzeitig wurde jedoch ein Entwurf bekannt, den u.a. Politico und Euractiv kommentiert haben: „Bei der Einrichtung gemeinsamer Datenräume der EU als Teil der bevorstehenden Datenstrategie müssen Anbieter neuer Datenaustauschdienste innerhalb der EU etabliert werden und sollten diese ‚Interessenkonflikte‘ beim Sammeln neuer Datenbestände vermeiden.“

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

Ausgewähltes der kommenden Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier bzw. die Liste der Schwerpunkte der kommenden 14 Tage hier sowie die Übersicht für November hier (Rev. 9).

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie in der Vorschau bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Den Gerichtskalender des EuGH finden Sie hier.

LIBE Ausschuss (EP)

  • Montag, 30. November 2020, 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
  • Dienstag, 1. Dezember 2020, 13.45-15.45 Uhr und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (EP)

  • Donnerstag, 3. Dezember 2020, 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)

ITRE Ausschuss (EP)

·        Dienstag, 1. Dezember 2020 (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (EP)

  • offen

(Kalender)

CULT Ausschuss (EP)

  • Mittwoch, 2. und Donnerstag, 3. Dezember 2020 (Brüssel)

AIDA Ausschuss (EP) – Sonderausschuss zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter

  • Dienstag, 2. Dezember 2020, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)

Weiterer Parlamentskalender

KW 48 / Montag, 23. bis Donnerstag, 26. November: Plenarsitzungen (tbd);

KW 49 / Montag, 30. November bis Donnerstag, 3. Dezember: Ausschusssitzungen (Brüssel);

KW 50 / Montag, 7. bis Donnerstag, 10. Dezember: Fraktions- und Ausschusssitzungen (Brüssel);

 

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