Das Wichtigste im Überblick
E-EVIDENCE: Der LIBE Ausschuss hat vergangene Woche, mit überschaubarer Mehrheit, den Bericht zur E-Evidence Verordnung beschlossen (35+/22-/5o). Trilogverhandlungen können, nach der Bestätigung durch das Plenum, damit Anfang 2021 beginnen (PM).
Die Europäische Herausgabe- oder Sicherungsanordnung wird von Richtern und Staatsanwälten verwendet, um bei grenzüberschreitenden strafrechtlichen Ermittlungen bei der Suche nach Teilnehmerdaten, IP-Adressen, Verkehrs- und Inhaltsdaten elektronische Informationen von Dienstanbietern zu erhalten.
Nach dem Gesetzesentwurf könnten Aufträge zur Herausgabe von Teilnehmerdaten und IP-Adressen zum alleinigen Zweck der Identifizierung der Person bei jeder Straftat erteilt werden. Diese sollten direkt an den Dienstanbieter und gleichzeitig an die Vollstreckungsbehörde gerichtet und innerhalb von 10 Tagen oder in Notfällen innerhalb von 16 Stunden ausgeführt werden.
Anordnungen für den Zugang zu Verkehrs- und Inhaltsdaten sollten jedoch strengeren Anforderungen unterliegen und nur für Straftaten erlassen werden, die im Ausstellungsstaat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geahndet werden. Diese strengeren Anforderungen würden nicht für Straftaten gelten, die ausschließlich online begangen werden, insbesondere nicht für Cyberkriminalität, terrorismusbezogene Straftaten oder sexuellen Kindesmissbrauch im Internet.
CSAM/E-PRIVACY DEROGATION: Rascher als erwartet wurde vergangene Woche auch der Bericht zur E-Privacy Derogation im LIBE Ausschuss verabschiedet – mit großer Mehrheit. Damit ist auch hier der Weg frei für den Trilog Anfang 2021, nach einer Bestätigung im Plenum kommende Woche. In der Folge sollen Voice-over-IP-, Messaging- und webbasierte E-Mail-Dienste weiterhin Inhalte und Verkehrsdaten im Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch erkennen können. Für die von Berichterstatterin B. Sippel gewünschte Streichung der Regelungen zum Grooming, fand sie keine Mehrheit (PM).
TERRORISTISCHE ONLINEINHALTE: Im Trilog zur TCO/TERREG erzielten die Verhandler von Ratsvorsitz und Europäischem Parlament vergangene Woche eine vorläufige Einigung. Der endgültige Text liegt derzeit noch nicht vor.
Eckpunkte des Kompromisses sind (laut der PM der Kommission):
- Die Ein-Stunden-Regel verpflichtet Online-Plattformen, die Verbreitung terroristischer Inhalte so früh wie möglich, aber höchstens binnen einer Stunde zu stoppen.
- Grenzüberschreitend geltende Entfernungsanordnungen in der EU können von jedem Mitgliedstaat an jede in der EU niedergelassene Online-Plattform gerichtet werden.
- Definition terroristischer Inhalte im Einklang mit der geltenden Anti-Terror-Richtlinie. Ausgenommen sind Inhalte, die zu Bildungszwecken, zu journalistischen oder künstlerischen Zwecken oder zu Forschungszwecken verbreitet werden.
- Beschwerdemechanismen, damit irrtümlich entfernte Inhalte möglichst schnell wiederhergestellt werden können.
- Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und Europol, damit Entfernungsanordnungen besser nachverfolgt werden können.
- Verpflichtungen für Diensteanbieter, proaktiv gegen den Missbrauch ihrer Dienste für die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte vorzugehen.
- Transparenz und Rechenschaftspflicht durch jährliche Transparenzberichte.
- Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten, Verstöße zu ahnden und das Strafmaß festzulegen.
Die Verordnung muss nun noch vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich bestätigt bzw. erlassen werden.
Passend dazu hat der LIBE Ausschuss einen Entschließungsantrag beschlossen, welcher kommende Woche im Plenum verabschiedet werden soll. Darin betonen die Abgeordneten, dass der Terrorismus, unabhängig von seiner Art, darauf abziele, die demokratischen Gesellschaften in Europa zu bedrohen und die europäischen Werte ins Visier zu nehmen. Sie bedauern die vielen Opfer und betonen die wichtige Arbeit der Strafverfolgungsbehörden, denen es gelungen ist, viele Anschläge zu vereiteln. Sie fordern die Kommission nachdrücklich auf, die vollständige und rasche Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung von 2017 in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen.
HORIZONT EUROPA UND NEXT GENERATION EU: Vergangene Woche erzielten Rat und Parlament eine Einigung über die zukünftige Finanzierung des Bereichs Forschung und Innovation. Für den Zeitraum 2021-2027 werden rund 95,5 Mrd. EUR zur Verfügung stehen. Dazu gehören 5,4 Mrd. EUR aus NextGenerationEU, welcher die wirtschaftliche Erholung ankurbeln und die EU für die Zukunft widerstandsfähiger machen soll, sowie eine zusätzliche Aufstockung um 4,5 Mrd. EUR (PM).
RATS-SCHLUSSFOLGERUNGEN: Wie aus den Schlussfolgerungen hervorgeht, haben sich die Staats- und Regierungschefs, neben dem Budget und dem Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, auch beim Thema Klimawandel über die Ziele bis 2030 (minus 55 % im Vergleich zu 1990) und 2050 (Klimaneutralität) geeinigt. Man ist sich einig, dass die Anstrengungen zur Bekämpfung von COVID-19 fortgesetzt werden müssen und begrüßt die Koordinierungen auf EU-Ebene.
Auch die jüngsten Terroranschläge waren ein Thema. „Der Europäische Rat verurteilt jede Form von Angriffen auf die Meinungsfreiheit und die Religions- und Weltanschauungsfreiheit, einschließlich Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, und betont, wie wichtig die Bekämpfung von Aufstachelung zu Hass und Gewalt sowie von Intoleranz ist.“ Dazu wird gefordert, „die Bekämpfung illegaler Online-Inhalte zu intensivieren“. Nicht zuletzt hebt der Europäische Rat „hervor, dass die Arbeiten zur Vorratsspeicherung von Daten, die für die Bekämpfung von schwerer Kriminalität erforderlich sind, vorangebracht werden müssen“.
Zuletzt wurden die Außenbeziehungen in verschiedenen Regionen der Welt thematisiert.
BERICHT ÜBER DIE SICHERHEITSUNION: Bericht erstattet hat die Kommission vergangene Woche über die Fortschritte bei der im Juli vorgestellten EU Strategie für die Sicherheitsunion 2020-2025 (PM).
Der Bericht (PDF) deckt den Zeitraum von Oktober 2019 bis Dezember 2020 ab und beschreibt die erheblichen Fortschritte, die bei vorrangigen legislativen und anderen Initiativen im Rahmen der vier strategischen Prioritäten erzielt wurden. Zudem werden darin Bereiche genannt, in denen Verbesserungen erforderlich sind. U.a. deckt er die Themenbereiche kritische Infrastruktur (S. 1), Cybersicherheit (S. 4), Cyberkriminalität (S. 8) und moderne Strafverfolgung (S. 11) ab.
BERICHT ZU DESINFORMATION: Zum vierten Mal wurden die Berichte der Plattformen Facebook, Google, Microsoft, TikTok und Twitter zur Bekämpfung von Desinformation online veröffentlicht. Dabei spielt das Thema Covid-19 eine starke Rolle.
EUROPOL MANDAT: Die EU Kommission möchte das Mandat von Europol erweitern und hat hierzu einen entsprechenden Vorschlag (PDF) sowie eine zugehörige Folgenabschätzung (PDF) präsentiert.
Ziel des Vorschlags ist die Stärkung des Mandats von Europol durch:
- Befähigung der Agentur zur „effektiven“ Zusammenarbeit mit privaten Parteien, um der kriminellen Nutzung grenzüberschreitender Dienste wie Kommunikation, Bankwesen oder Transport entgegenzuwirken;
- Befähigung von Europol, die Ermittlungen der Mitgliedstaaten durch die Analyse großer und komplexer Datensätze für die Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen.
- Stärkung der Zusammenarbeit mit Drittstaaten auf Einzelfallbasis;
- Ermächtigung von Europol, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten um die Einleitung, Durchführung oder Koordinierung von Ermittlungen zu ersuchen, wenn dies ein „gemeinsames Interesse im Rahmen einer Politik der Union“ berührt;
- Verbesserung des Datenschutzrahmens und der parlamentarischen Kontrolle der Agentur;
- Stärkung der Rolle von Europol im Bereich Forschung und Innovation;
- Stärkung der Zusammenarbeit von Europol mit der Europäischen Staatsanwaltschaft.
LEITLINIEN ZU ALGORITHMENTRANSPARENZ: Die EU-Kommission hat Leitlinien veröffentlicht, mit denen sie die Transparenz der Rankings von Online-Plattformen verbessern will. Die Richtlinien ergänzen die Transparenzanforderungen der Rangliste gemäß der EU-Verordnung über die Unternehmensplattform (Platform-to-Business Regulation, P2B).
„Transparenz ist der europäische Weg, den wir gehen müssen“, sagte Exekutiv-Vizepräsidentin M. Vestager. Die größten Plattformen müssen den in der Online-Suche gerankten Unternehmen demnach mehr Informationen über die Funktionsweise ihrer Algorithmen bereitstellen (PM).
MOBILITÄTSSTRATEGIE: Die Kommission hat am Mittwoch ihre Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität (PDF) vorgestellt (PM).
In einem Arbeitsdokument für die Kommissionsdienststellen (PDF) wird die Bedeutung der „Beseitigung der Rechtsunsicherheit“ im Zusammenhang mit sogenannter Ride-Hailing-Plattformen aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten angesprochen.
Anerkannt werden „einschränkende und veraltete Regeln“, wie z.B. die Verpflichtung zur Rückgabe an die Garagen, die Taxis zwingt, in bestimmte Gebiete zurückzukehren, um Fahrgäste abzuholen, was zu Leerfahrten führt.
„Die Tatsache, dass es im Allgemeinen weder gemeinsame Anforderungen an die beruflichen Kompetenzen noch harmonisierte Regeln für Lenk- und Ruhezeiten gibt, könnte ein Risiko für die Sicherheit der Nutzer und die Verkehrssicherheit darstellen.
ENISA AKTUALISIERT LEITLINIEN: Die EU-Agentur für Cybersicherheit hat am Donnerstag einen neuen „unverbindlichen technischen Leitfaden für Telekom-Sicherheitsbehörden zur Sicherheitsaufsicht“ entsprechend Art. 40 und 41 EECC veröffentlicht. Der Anhang zu 5G konzentriert sich, nach ENISA, auf die Cybersicherheit von 5G-Netzwerken auf der politischen Ebene, welche sich aus dem 5G-Werkzeugkasten der EU ergibt.
CYBERSICHERHEIT KOMPETENZZENTRUM: Die Entscheidung um den Standort ist gefallen. Die EU wird bald ein neues Kompetenzzentrum für Cybersicherheit in Bukarest haben, um die Koordination von Forschung und Innovation im Bereich der Cybersicherheit in der EU zu verbessern. Darauf haben sich Rat und Parlament vergangene Woche geeinigt (PM).
EUROPÄISCHER CYBERSICHERHEITS-ATLAS: Ebenfalls zum Thema Cybersicherheit hat die Kommission eine Plattform zur Organisation und zum Austausch von Wissen sowie zur Zusammenarbeit ins Leben gerufen.
URHEBERRECHT AUSKUNFTSANSPRUCH: Im Streit um den Umfang des urheberrechtlichen Auskunftsanspruchs der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr im Sinne des Vorlageverfahrens beim EuGH geurteilt. Danach müssen Betreiber einer Videoplattform keine E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder IP-Adressen ihrer Nutzer herausgeben, die urheberrechtlich geschützte Inhalte widerrechtlich auf die Plattform hochgeladen haben (PM).
KLARNAMENPFLICHT AUF SOZIALEN MEDIEN: Das Oberlandesgericht München hat in zwei Urteilen vom 8. Dezember entschieden, dass die Klarnamenpflicht im sozialen Netzwerk Facebook rechtmäßig ist. Geklagt hatten zwei Nutzer, deren Konten gesperrt wurden, da sie Fantasienamen bei der Anmeldung angegeben hatten. Laut der Meldung von LTO habe Facebook „angesichts eines mittlerweile weit verbreiteten sozialschädlichen Verhaltens im Internet“ ein berechtigtes Interesse, so bereits präventiv auf seine Nutzer einzuwirken.
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ: US Präsident Trump hat Anfang Dezember eine Verfügung (Executive Order) zur Förderung des Einsatzes vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz in der US Regierung unterzeichnet. Die Verfügung legt neun Grundsätze fest, die den Behörden (mit Ausnahme des Verteidigungsministeriums und der Geheimdienstgemeinschaft) bei der Entwicklung, Beschaffung und Nutzung dieser Technologien als Richtschnur dienen sollen (vgl. Access Partnership).
Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:
- Regulating digital gatekeepers: Background on the future digital markets act
- Key issues in the European Council: State of play in December 2020
- Data subjects, digital surveillance, AI and the future of work
- EU financing for 2021-2027: Political agreement on the 2021-2027 Multiannual Financial Framework (MFF), the Next Generation EU (NGEU) recovery instrument and new own resources
LIBE Ausschuss (EP)
- Montag, 11. Januar 2021, 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
JURI Ausschuss (EP)
- Montag, 11. Januar 2021 (zu bestätigen)
ITRE Ausschuss (EP)
- Donnerstag, 14. Januar 2021, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
IMCO Ausschuss (EP)
- Montag, 11. Januar 2021, 13.45-15.45 und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
CULT Ausschuss (EP)
- Montag, 11. Januar 2021 (Brüssel)
AIDA Ausschuss (EP) – Sonderausschuss zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter
- Montag, 21. Januar 2021, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)
Weiterer Parlamentskalender
KW 52-53 / Montag, 21. bis Donnerstag, 31. Dezember: Sitzungsfrei;
KW 1 / Montag, 4. bis Donnerstag, 7. Januar: Ausschusssitzungen (Brüssel);
KW 2 / Montag, 11. bis Donnerstag, 14. Januar: Fraktions- und Ausschusssitzungen (Brüssel);