03.05.2021

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

 

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­Das Wichtigste im Überblick

TERRORISTISCHE ONLINEINHALTE: Vergangene Woche wurden die Verordnung über neue Regeln zur Eindämmung terroristischer Inhalte im Internet verabschiedet. Online-Plattformen haben in Zukunft maximal eine Stunde Zeit, um von Behörden gemeldete Inhalte zu entfernen.

Wenn die zuständigen nationalen Behörden feststellen, dass ein Anbieter von Hosting-Diensten terroristischen Inhalten ausgesetzt ist, muss das Unternehmen spezielle Maßnahmen ergreifen, um deren Verbreitung zu verhindern. Die Auswahl der spezifischen Maßnahmen liegt im Ermessen des Dienstanbieters. Die Serviceprovider sollen jährliche Transparenzberichte darüber veröffentlichen, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um die Verbreitung terroristischer Inhalte zu unterbinden.

Nach der Bestätigung der Verordnung im LIBE Ausschuss vergangene Woche, gab es im Plenum dazu keine neuerliche Abstimmung, da dies von keiner Fraktion beantragt wurde (EP Pressemitteilung). Die Verordnung wird am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten und gilt 12 Monate nach ihrem Inkrafttreten.

EU INDUSTRIESTRATEGIE: Für vergangene Woche war die Präsentation der aktualisierten Industriestrategie seitens der EU Kommission vorgesehen. Aufgrund interner Querelen bzw. Probleme bei der Ressortabstimmung, musste die Präsentation jedoch verschoben werden – vorläufig um eine Woche (vgl. FAZ). Unterstützung bekam der zuständige Kommissar T. Breton vom deutschen Wirtschaftsminister P. Altmaier, der die Aktualisierung als sehr wichtig beschrieb (Pressekonferenz).

Politico Pro (Paywall) berichtete am Freitag aus aktuellen Dokumenten: Die Strategie umfasse „eine Mitteilung, eine eingehende Analyse der ‚strategischen Abhängigkeiten‘ Europas, die erste Ausgabe des jährlichen Binnenmarktberichts, der die wichtigsten Leistungsindikatoren enthält, die die Kommission zur Überwachung der Wettbewerbsfähigkeit der EU verwenden wird, sowie eine sektorale Analyse dessen, was erforderlich ist, um den grünen und den digitalen Wandel voranzutreiben, und ein Arbeitsdokument über Stahl.“

DIGITALSTEUER I: Wenige Monate vor den von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwarteten Entscheidungen zu Änderungen im internationalen Steuersystem, haben die Europaabgeordneten in einer Entschließung zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft ihre Standpunkte klar gemacht:

  • Internationale Steuerregeln aus dem frühen 20. Jahrhundert sind ungeeignet für die digitale Wirtschaft;
  • Ein Mindeststeuersatz für Unternehmen auf internationaler Ebene ist dringend erforderlich;
  • Steuern sollten dort gezahlt werden, wo die Wertschöpfung wirklich erfolgt;
  • Ohne Fortschritte auf internationaler Ebene sollte die EU einen Alleingang wagen;

Die Entschließung hat keine bindende Wirkung, dient aber als Indikator für die Stimmung im EP.

DIGITALSTEUER II: Unterdessen finden kommende Woche in den USA die Anhörungen zu den Besteuerungsplänen von US-Unternehmen seitens Österreich, Italien, Spanien, Großbritannien, Indien und der Türkei statt, welche ihrerseits Modelle einer Digitalsteuer eingeführt haben.

DATA GOVERNANCE ACT: Die über 600 Änderungsanträge zum Data Governance Act Bericht von A. Niebler wurden zwischenzeitig veröffentlicht (Teil 1, Teil 2, Teil 3).

Die markanteste Ergänzung scheint von der Schattenberichterstatterin M. Kumpula-Natri (S&D, Finnland) zu kommen, die in einem eigenen Kapitel Schlüsselprinzipien für europäische gemeinsame Datenräume definiert.

CSAM/E-PRIVACY: Kommissarin Y. Johansson twitterte am Donnerstagabend über die erfolgreiche Einigung zwischen EU Parlament und Rat bei den Verhandlungen über die Derogation von der E-Privacy Richtlinie für die Suche nach Kindesmissbrauchsinhalten (CSAM). Ebenso wurde das sogenannte Vier-Spalten-Dokument geleakt, das den bis dahin erreichten Kompromiss wiedergibt. Dementsprechend würden künftig auch Texte durchsuchbar (EP Pressemitteilung).

DIGITAL SERVICES ACT PAKET: Die Konferenz der Präsidenten hat die viermonatige Zuständigkeitsdebatte nunmehr beendet und die von A. Tajani vorgeschlagene Lösung angenommen. Beim Digital Services Act muss sich die Berichterstatterin aus dem Binnenmarktausschuss (IMCO) – C. Schaldemose (S&D) – mit den Berichterstattern aus den Ausschüssen für Industrie (ITRE), bürgerliche Freiheiten (LIBE) und Rechtsfragen (JURI) abstimmen. Beim Digital Markets Act muss sich der Berichterstatter des IMCO – Andreas Schwab (EVP) – mit den Berichterstattern aus dem Ausschuss für Wirtschaft (ECON) und Industrie abstimmen.

DIGITAL SERVICES ACT / URHEBERRECHT: Der DSA ist eine horizontale und generelle Regelung und sollte insofern eigentlich nicht allzu viel mit dem Urheberrecht zu tun haben. Sollte.

„Der DSA ist kein Durchsetzungswerkzeug für Geistiges Eigentum … aber er inkludiert eine volle Werkzeugkiste, welche für die Durchsetzung Geistigem Eigentum sehr nützlich sein können.“ schreibt die Kommission in einer Präsentation, welche sie in der Ratsarbeitsgruppe für Geistiges Eigentum gehalten hat und welche dem Journalisten S. Stolton zugespielt wurde (siehe auf Twitter).

GAIA-X: Wie aus am Montag veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, hat Europas Cloud-Initiative Gaia-X Richtlinien vorgeschlagen, nach denen Kunden verlangen können, dass ihre Daten ausschließlich in der EU verarbeitet und gespeichert werden. Sie sollen zudem wählen können, den Gesetzen welchen europäischen Landes sie ihre Datenspeicherverträge unterwerfen möchten. Cloud-Anbieter würden zudem verpflichtet offenzulegen, welchen ausländischen Gesetzen sie unterliegen sowie an welchen Standort sich ihre Server befinden. Zu den Vorschlägen läuft eine Konsultation bis 10. Juni.

DATENSCHUTZ/-TRANSFER: Die portugiesische Datenschutzbehörde CNPD hat der Statistikbehörde INE untersagt, Volkszählungsdaten in Nicht-EU-Länder zu übermitteln. Die Aufsichtsbehörde stellte konkret fest, dass die Nutzung des US-amerikanischen IT-Unternehmens Cloudflare durch INE bedeutet, dass die Daten portugiesischer Bürger, die aus Europa heraus übertragen wurden, nicht dem EU-Schutz unterlagen und von ausländischen Geheimdiensten eingesehen werden konnten, was einen Verstoß gegen das Schrems-II-Urteil aus dem Jahr 2020 darstellte.

„Die Standardvertragsklauseln, unter denen personenbezogene Daten von [INE] an Cloudflare in den USA übertragen werden, werden im Zielland nicht eingehalten, da diese die Behörden des Landes nicht binden. Da sie also nicht die von der DSGVO geforderten angemessenen Garantien bieten, ist die CNPD verpflichtet, solche Datentransfers in Übereinstimmung mit den Anforderungen des [Schrems II-Urteils] zu verbieten“, heißt es in der Entscheidung [PT] (Pressemitteilung [PT], Data Guidance [EN]).

HORIZONT EUROPA UND DIGITALES EUROPA: Das EU Forschungsprogramm „Horizont Europa“ wird zwar bereits seit Anfang 2021 vorläufig umgesetzt, aber am Dienstag bestätigte das Plenum des Europäischen Parlaments das 95,5 Mrd. Euro Paket nunmehr auch offiziell (EP Pressemitteilung).

Ebenso bestätigt wurde das mit 7,6 Mrd. Euro dotierte Programm „Digitales Europa“ von den Abgeordneten bestätigt (EP Pressemitteilung).

TRANSPARENZBERICHTE ZU DESINFORMATION: Die EU Kommission hat die März-Berichte von Twitter, TikTok, Google, Facebook und Microsoft und deren Maßnahmen gegen die Falschinformationen zu Coronavirus und -impfungen veröffentlicht.

EU TRANSPARENZREGISTER: Das EU Parlament, der Rat und die Kommission haben sich auf gemeinsame Transparenzregeln für bestimmte Lobbytätigkeiten geeinigt und führen ergänzende Transparenzmaßnahmen ein, um die Registrierung zu fördern.

Seit 2011 betreiben das Parlament und die Kommission gemeinsam ein öffentliches Register für Interessenvertreter. Nunmehr soll auch der Rat das Register verwenden (EP Pressemitteilung).

BREXIT: Das Europäische Parlament hat vergangene Woche das Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien bestätigt. Die neuen Regeln sollen bereits ab 1. Mai gelten.

HASSREDE – DEUTSCHLAND: Die deutsche Grünenpolitikerin R. Künast hat vor dem Landgericht in Frankfurt/Main Klage gegen Facebook eingereicht. Die Bundestagsabgeordnete will erreichen, dass die Plattform auch identische und sinngleiche Inhalte entfernt. Der Rechtsstreit nahm seinen Ursprung in 2015. Seither wird ein Photo von ihr mit einem erfundenen Zitat verbreitet (vgl. Der Spiegel).

HASSREDE – ÖSTERREICH: Facebook hat in Österreich Beschwerde gegen das Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G) vor dem Bundesverwaltungsgericht eingebracht, berichtet Der Standard. Das Unternehmen ist, anders als die Regulierungsbehörde KommAustria, der Meinung, es falle nicht in den Anwendungsbereich des KoPl-G.

Das Gesetz sieht vor, dass Plattform-Anbieter rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden entfernen müssten. Die EU-Kommission hatte der österreichischen Regierung bereits vergangenes Jahr mitgeteilt, dass das Gesetz EU-rechtswidrig sei, da es gegen das Ursprungslandprinzip der E-Commerce Richtlinie verstoße.

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

 

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Kommenden Sonntag wird der Europatag begangen. Am 9. Mai 1950 hielt der damalige französische Außenminister Robert Schuman in Paris eine Rede, in der er seine Vorstellung von einer neuen Form der politischen Zusammenarbeit in Europa erläuterte. Er schlug vor, eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) zu schaffen. Die EGKS (Gründungsmitglieder: Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Belgien und Luxemburg) war die erste einer Reihe europäischer Institutionen, die schließlich zur heutigen Europäischen Union werden sollten.

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments.

Infolge der sitzungsfreien „Grünen Woche“ gestaltet sich der Kalender eher übersichtlich.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier bzw. die Liste der Schwerpunkte der kommenden 14 Tage hier sowie eine Übersicht für den portugiesischen Ratsvorsitz hier.

Darunter finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Vorbereitungsgremien:

  • Gruppe Telekommunikation und Informationsgesellschaft (u.a. Roaming Verordnung, ITU Wahlen und KI Verordnung, E-Privacy/CSAM Derogation), Dienstag, 4. Mai und Donnerstag, 6. Mai;
  • Hochrangige Gruppe Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum (inkl. Aktualisierung der EU Industriestrategie und Europäische Souveränität), Donnerstag, 6. Mai;
  • Gruppe Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum (Binnenmarkt), Freitag, 7. Mai;
  • Gruppe Zusammenarbeit in Strafsachen (COPEN), Freitag, 7. Mai;

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie in der Vorschau bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Die Industriestrategie wurde vergangene Woche kurzfristig verschoben und dürfte wohl weiterhin mit einem Fragezeichen versehen sein.

Für kommende Woche sind folgende Punkte vorgesehen:

  • Aktualisierung der neuen Industriestrategie für Europa
  • Vorschlag für eine Verordnung über wettbewerbsverzerrende ausländische Subventionen
  • EU-Strategie für COVID-19-Therapeutika
  • Vorschlag für eine Verordnung über die Notfallzulassung von Humanarzneimitteln

Den Gerichtskalender des EuGH finden Sie hier.

LIBE Ausschuss (EP)

  • Montag, 10. Mai 2021, 16.45-19.00 Uhr (Brüssel)
  • Mittwoch, 26. Mai 2021, 9.00-12.00 Uhr und 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 27. Mai 2021, 9.00-12.00 Uhr und 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (EP)

(Kalender)

ITRE Ausschuss (EP)

  • Montag, 10. Mai 2021, 16.00-18.00 Uhr (Brüssel)
  • Mittwoch, 26. Mai 2021, 9.00-12.00 Uhr, 13.45-15.45 Uhr und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag, 27. Mai 2021, 9.00-11.00 Uhr (mit ENIV und AGRI, Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (EP)

  • Mittwoch, 26. Mai 2021, 13.45-15.45 Uhr und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
  • Donnerstag 27. Mai 2021, 9.30.-12.30 (Brüssel)

(Kalender)

CULT Ausschuss (EP)

  • Montag, 10. Mai 2021 (Brüssel)
  • Donnerstag, 27. Mai 2021 (Brüssel)

(Kalender)

AIDA Ausschuss (EP) – Sonderausschuss zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter

(Kalender)

Übersicht der Hearings

Weiterer Parlamentskalender

KW 19 / Montag, 10. bis Mittwoch, 12. Mai: Fraktions- und Ausschusssitzungen (Brüssel);

KW 20 / Montag, 17. bis Donnerstag, 20. Mai: Plenarsitzungswoche (Ort zu bestätigen);

KW 21 / Dienstag, 25. bis Donnerstag, 27. Mai: Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

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