Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.
Das Wichtigste im Überblick
EUROPEAN CHIPS ACT – EU-KOMMISSION PRÄSENTIERT PAKET: Die Europäische Kommission hat vergangenen Dienstag ihren Vorschlag für ein Chip-Gesetz vorgelegt, mit der sie einen weiteren Schritt in Richtung der „digitalen Souveränität“ machen will. Das Paket enthält eine Mischung aus legislativen und nicht-legislativen Initiativen, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen, die Regeln für staatliche Beihilfen zu lockern, in die Forschung zu investieren und internationale Partnerschaften anzukurbeln. (vgl. Pressemitteilung KOM)
Das Chips-Gesetz führt das Konzept der „First-of-a-kind“-Einrichtungen ein. Dabei handelt es sich um Fabrikationsanlagen, welche das Technologieniveau erheblich voranbringen und die europäische Halbleiterlieferkette unterstützen sollen. Im Krisenfall könnte die Kommission die entsprechenden Fabriken oder andere Chiphersteller für einen bestimmten Produkttyp anfordern. In der Zwischenzeit hat die EU-Exekutive eine Toolbox zur Bewältigung der derzeitigen weltweiten Knappheit vorgelegt.
Der Vorschlag umfasst auch Pilotreihen, die die Einführung neuer Technologien erleichtern sollen, sowie eine virtuelle Plattform, die Unternehmen und Forscher bei der Entwicklung fortschrittlicher Mikrochips unterstützt. Bei der Finanzierung handelt es sich jedoch um eine Umbenennung bestehender Fonds sowie wünschenswerte Investitionen Privater. (vgl. Euractiv, EN)
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ I – NEUER RATS-VORSCHLAG: Der Teilkompromisstext (PDF) der französischen Präsidentschaft zu den Artikeln 16-29 des KI-Gesetzes wurde diese Woche im EU-Rat verteilt. Die Änderungen beinhalten umfangreichere Verpflichtungen für Anbieter von KI-Systemen mit hohem Risiko, insbesondere in Bezug auf Transparenz, Rückverfolgung, Dokumentation und Zusammenarbeit mit den Nutzern. Gleichzeitig wurde die Ausnahmeregelung für Kreditinstitute abgeschwächt.
Die neuen Maßnahmen klären auch die Pflichten von Drittanbietern und wie die Haftung über die gesamte Wertschöpfungskette zugewiesen wird. Außerdem wurde eine zusätzliche Verantwortung für die bevollmächtigten Vertreter von Nicht-EU-Anbietern eingeführt, so dass sie für mangelhafte Systeme gemeinsam haften. Der Kompromisstext präzisiert auch die Pflichten der Importeure und Händler und fügt eine Verpflichtung zur qualifizierten menschlichen Aufsicht für die Nutzer hinzu.
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ II – BERICHT DES EP-SONDERAUSSCHUSSES: Geht es nach dem französischen Staatssekretär für Digitales, Cedric O, könnte die Gesichtserkennung die KI-Verordnung zum Scheitern bringen. Er sagte, dass es im Bereich der Nachrichtendienste oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Elemente gebe, die unter die Souveränität der Staaten fielen. Seiner Meinung nach behindere „der Begriff Gesichtserkennung die Debatte darüber, welche Protokolle wirklich riskant sind und welche keine Probleme bereiten“. Allgemeiner rief der französische Vertreter dazu auf, in der zukünftigen Regulierung die Gratwanderung zwischen Innovation und Regulierung zu finden.
Unterdessen arbeiten die Berichterstatter an Kompromissen für den Bericht des KI-Sonderausschusses. Die Artikel 1 bis 8 und die meisten der Artikel von 9 bis 26 des Berichtsentwurfs von A. Voss (EVP) seien fertiggestellt. Die Abstimmung ist für den 22. März vorgesehen.
PEGASUS SPIONAGESOFTWARE – EUROPÄISCHES PARLAMENT INITIIERT UNTERSUCHUNG: Das Europäische Parlament wird eine Untersuchung des Pegasus-Spionageskandals einleiten, nachdem im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass Regierungen die Technologie des israelischen Unternehmens NSO Group eingesetzt hatten, um die Telefone von Politikern, Aktivisten und Journalisten in der ganzen Welt zu überwachen. Auf Vorschlag der liberalen Renew Fraktion wird nun ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die Vorwürfe der Überwachung von Regierungskritikern untersuchen soll. (vgl. The Guardian, EN)
Bereits am Dienstag findet eine Aussprache im Plenum dazu statt.
DIGITAL MARKETS ACT I – FORTSCHRITTE BEI DEN VERHANDLUNGEN: Die Verhandlungsführer zum DMA machen im Vorfeld des dritten Trilogs, der für den 1. März angesetzt ist, langsame aber stetige Fortschritte, berichtet Politico Pro (Paywall, EN). Während die technischen Sitzungen diese Woche am Dienstag und Freitag fortgesetzt werden, zeigt das jüngste Vier-Spalten-Dokument (PDF), dass sich Rat und Parlament zumindest in Randthemen geeinigt haben.
So wurden die Compliance-Verpflichtungen für Gatekeeper (Artikel 7) aktualisiert sowie eine Klarstellung der Informationspflicht über Zusammenschlüsse gemäß Artikel 12 hinzugefügt, die nun zu einer relevanten Kennzahl wird.
Die Verhandlungsführer haben in Artikel 18 (Einleitung von Verfahren) eine Ermächtigung der Kommission eingefügt, „ihre Ermittlungsbefugnisse auszuüben, bevor sie ein Verfahren gegen Verstöße einleitet“. Deren Befugnisse wurden auch in Artikel 19 (Ersuchen um Informationen als Teil der Ermittlungs- und Überwachungsmöglichkeiten) gestärkt.
Der EP-Berichterstatter Schwab berichtete unterdessen im Ausschuss, dass man einen großen Teil „von unproblematischen Punkten los bekommen“ habe, aber auch dass, das was die Ratspräsidentschaft bisher angeboten hat, bei weitem nicht dem entspricht, was wir uns erwarten.“ zum Gesetz über digitale Märkte entspricht nicht den Erwartungen des Parlaments.“ Das Parlament solle nicht zu optimistisch sein, es liege noch viel Arbeit vor den Verhandlungsteams. (Video der IMCO-Sitzung)
DIGITAL MARKETS ACT II – WEITERE FORDERUNGEN AUS DEN USA: Wie Financial Times berichtet (Paywall, EN) erreichte den Berichterstatter des EU Parlaments, A. Schwab, ein Brief aus dem Biden Kabinett. „Der Brief ist von Arun Venkataraman, Berater von Gina Raimondo, der US-Handelsministerin, unterzeichnet“, schreibt FT.
Er habe „Bedenken hinsichtlich der Umsetzungsfrist für diese komplexe Verordnung“ und man ersuche die EU Anwendungskriterien zu finden, welche nicht US-Amerikanische Unternehmen diskriminierten.
FREQUENZSPEKTRUM – EU KOMMISSION GENEHMIG AUSWEITUNG DES 5G-BANDES: Wie die Kommission bekannt gab, sollen die für 5G verfügbaren Frequenzbänder erweitert werden. Der Prozess hat in einigen EU-Ländern bereits begonnen; die Entscheidung wird daher eine Harmonisierung in der gesamten Union sicherstellen.
Die beiden möglichen Optionen sind jedoch nicht unumstritten. Die Freigabe der bereits zugewiesenen Bandbreite würde einen Ausstieg aus den 2G- und 3G-Netzen erfordern, was jedoch abgelehnt wird, da es immer noch bestehende Anwendungen wie intelligente Zähler, eCalls und Naturkatastrophenwarnungen gibt. Das 6-GHz-Band könnte ebenfalls zugewiesen werden, aber das würde verhindern, dass es für Wi-Fi-Netze genutzt wird, die in den am dichtesten besiedelten Gebieten bereits in Verwendung stehen. (vgl. Euractiv)
EINHEITLICHE LADEGERÄTE – EP FÜR AUSWEITUNG DES ANWENDUNGSBEREICHS: Mit seinen Forderungen nach einem breiteren Anwendungsbereich für die Pläne der EU, einheitliche Ladegeräte einzuführen, sowie dem Bestreben, die Kommission zu einer ähnlichen Harmonisierung für drahtlose Geräte bis 2025 zu bewegen, findet der Berichterstatter, A. Agius Saliba, offensichtlich die Unterstützung der Schattenberichterstatter. (Video der IMCO-Sitzung)
Während Salibas Text einen erweiterten Anwendungsbereich von Geräten vorschlägt, der E-Reader, Laptops mit geringer Leistung, Tastaturen, Mäuse, Ohrhörer, Smartwatches und elektronisches Spielzeug einschließt, wollen einige Teile des Europäischen Parlaments aber noch weiter gehen. R. Thun (Renew) sagte, dass das Parlament „darauf abzielen sollte, dass alle kleinen und mittleren elektronischen Geräte erfasst werden, es sei denn, es gibt einige Auswirkungen auf die Sicherheit.“
Während das Parlament noch immer über die Überarbeitung seines eigenen Textes nachdenkt, hat der Rat vor kurzem seinen Standpunkt angenommen und dabei den ursprünglich von der Kommission festgelegten Anwendungsbereich beibehalten.
Die Änderungsanträge für den Saliba-Bericht müssen bis zum 15. Februar eingereicht werden, eine Abstimmung im Ausschuss ist für den 20. April vorgesehen. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)
HASS IM NETZ – FRANKREICH’S VORSCHLAG ZUM EUROPÄISCHEN STRAFTATBESTAND: Nachdem sich die EU-Justizminister bei ihrem Treffen zuletzt positiv dazu geäußert hatten, Hassverbrechen und Hassreden in die Liste der „Eurocrimes“ aufzunehmen, hat Frankreich nun einen geänderten Textvorschlag vorgelegt, welcher in der Arbeitsgruppe Grundrechte, Bürgerrechte und Freizügigkeit diskutiert werden soll. Das Dokument wurde von Contexte (Paywall, FR) geleakt (hier das PDF).
GEMEINSAME DATENNUTZUNG – EU-KOMMISSION WILL VORSCHLAG FÜR KFZ DATEN VORLEGEN: Die Europäische Kommission will wieder einen Vorschlag für eine sektorspezifische Rechtsvorschrift für den Zugang zu KFZ-Daten vorlegen. Laut einem am späten Mittwoch veröffentlichten Dokument (PDF) will sie die Regeln bis zum Jahresende präsentieren.
Zuvor soll noch vor Ende März eine öffentliche Konsultation zu der Verordnung starten, berichtet Politico Pro (Paywall, EN) aus dem von GD GROW kürzlich präsentierten Arbeitsprogramm. Die neuen Vorschriften würden auch „die Möglichkeit, Daten an das Fahrzeug zu senden (Armaturenbrett und Routinen), Software-/Cybersicherheitsmanagement, einschließlich für Ersatzteile, neue Kategorien autonomer Fahrzeuge [und] Ersatzbatterien“ umfassen, hieße es in dem Dokument.
FRANKREICH – DSGVO-VERSTOSS DURCH GOOGLE ANALYTICS NUTZUNG: Nach Österreich hat auch Frankreich seine Entscheidung zum transatlantischen Datenaustausch. Die französische Datenschutzbehörde CNIL hat entschieden, dass die Nutzung von US-Amerikanischen Webseiten-Analyse-Diensten (wie zB Google Analytics) gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoße, da Daten in die USA übermittelt würden. Die CNIL forderte den Websitebetreiber nun auf, „diese Verarbeitungen mit der DSGVO in Einklang zu bringen, falls nötig, indem er die Google-Analytics-Funktionalität (unter den derzeitigen Bedingungen) nicht mehr nutzt“.
GROSSBRITANNIEN – ALTERSVERIFIKATION ONLINE: Die britische Regierung hat angekündigt, dass kommerzielle Pornoanbieter künftig gezwungen sein werden, den Zugang von Kindern zu ihren Websites mit Hilfe von Technologien wie der Altersüberprüfung zu verhindern. Die neuen Schutzmaßnahmen sind Teil eines verschärften Gesetzes zur Online-Sicherheit, das hohe Geldstrafen für Tech-Unternehmen vorsieht, wenn sie ihre Nutzer nicht vor Schaden bewahren.
Ein früherer Entwurf des Gesetzes sah nur eine Sorgfaltspflicht für Inhalte von Nutzern zu Nutzern auf sozialen Medienplattformen wie Twitter und Facebook vor, und Aktivisten haben die Minister seit langem gedrängt, den Anwendungsbereich der Gesetzgebung zu erweitern.
Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:
- Digital Markets Act (Briefing)
- A common charger for electronic devices: Revision of the Radio Equipment Directive; EU Legislation in Progress (Briefing)
- Common chargers – Revision of the Radio Equipment Directive; Initial Appraisal of a European Commission Impact Assessment (Briefing)
- Improving the working conditions of platform workers (Briefing)
Ausgewähltes der aktuellen Woche
Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie die Übersicht der Plenarsitzungswoche. Am Dienstagmorgen findet eine Aussprache zur Überwachung unter Rückgriff auf Cyberüberwachungssoftware stat. Den vorläufigen Sitzungskalender für 2022 finden Sie hier (PDF).
Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier, die Schwerpunkte der Sitzungen der nächsten 14 Tage hier und den vorläufigen Tagungskalender der französischen Ratspräsidentschaft hier (PDF, EN).
Darunter finden sich u.a.:
Gipfel- und Ministertreffen:
- Gipfeltreffen Europäische Union – Afrikanische Union, Donnerstag, 17. und Freitag, 18. Februar;
Vorbereitungsgremien:
- Gruppe Verbraucherschutz und -information (u.a. Produktsicherheitsrichtlinie), Mittwoch, 16. Februar;
Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Hervorzuheben sind u.a. der Data Act (23. Februar), der Legislativvorschlag gegen Kindesmissbrauch (neuerlich verschoben auf 30. März) oder der Media Freedom Act (29. Juni).
Für die kommende Woche stehen folgende Punkte auf der Agenda:
- Verteidigungspaket
- Mitteilung über die Beiträge der Kommission zu Europas Sicherheit und Verteidigung
- Fahrplan für kritische Technologien für Sicherheit und Verteidigung
- Weltraum-Paket
- EU-Strategie für das Weltraumverkehrsmanagement
- Aufbau eines weltraumgestützten globalen sicheren Kommunikationssystems der EU
Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier. Von 14. bis 20. Februar finden aufgrund der Gerichtsferien grundsätzlich keine Sitzungen statt.
Ausschüsse im Europäischen Parlament
LIBE Ausschuss (EP)
- Mittwoch, 16. März 2022, 9.00-12.00 Uhr und 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)
- Donnerstag, 17. März 2022, 9.00-12.00 Uhr und 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
JURI Ausschuss (EP)
- Montag, 28. Februar 2022, 13.45-15.45 Uhr (Brüssel)
- Montag, 14. März 2022 (Brüssel)
ITRE Ausschuss (EP)
- Donnerstag, 3. März 2022, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
IMCO Ausschuss (EP)
- Montag, 28. Februar 2022, 13.45-16.15 Uhr und 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
CULT Ausschuss (EP)
- Montag, 14. und Dienstag, 15. März 2022 (Brüssel)
(Kalender)
AIDA Ausschuss (EP) – Sonderausschuss zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter
- Dienstag, 22. März 2022, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)
(Kalender)
INGE (EP) – Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation
- offen
(Kalender)
Weiterer Parlamentskalender
KW 8 / Montag, 21. bis Donnerstag, 24. Februar: Grüne Woche (Sitzungsfrei);
KW 9 / Montag, 28. Februar bis Donnerstag, 3. März: Fraktions- und Ausschusssitzungswoche (Brüssel);
KW 10 / Montag, 7. bis Donnerstag, 10. März: Plenarsitzungswoche (Straßburg);