16.05.2022

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

­

­Das Wichtigste im Überblick

SCHUTZ VON KINDERN I – KOMMISSION PRÄSENTIERT CSAM-VORSCHLAG: Nach mehrfachen Verschiebungen hat die EU-Kommission vergangene Woche den Vorschlag für eine Verordnung zur Verhinderung und zur Bekämpfung von Kindesmissbrauchsinhalten präsentiert. (vgl. Pressemitteilung KOM)

Der Vorschlag beinhaltet Such- und Meldepflichten sowie einen sehr breiten Anwendungsbereich. So soll die Verordnung für Hosting-Anbieter, interpersonelle Kommunikationsdienste, App-Stores und Internetzugangsdienste gelten.

Sperranordnungen werden von den Koordinierungsstellen bei den Justiz- oder Verwaltungsbehörden beantragt und müssen von den Anbietern innerhalb von höchstens 24 Stunden umgesetzt werden. Sperrungsverfügungen auf URL-Basis gelten für Internetdiensteanbieter. Meldungen, Löschungen und Sperrungen erlauben Rechtsmitteln von Nutzern und Anbietern. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Information der betroffenen Nutzer.

Zudem soll ein EU-Zentrum eingerichtet werden, das Anbieter dabei unterstützen soll, die neuen Verpflichtungen zur Durchführung von Risikobewertungen sowie zur Aufdeckung, Meldung, Entfernung und Sperrung von Kindesmissbrauchsinhalten zu erfüllen, indem es Indikatoren für die Aufdeckung von sexuellem Kindesmissbrauch bereitstellt und die Meldungen der Anbieter entgegennimmt;

Der Strafrahmen von bis zu 6 Prozent der Jahreseinnahmen geht neuerlich über die DSGVO hinaus. Die Sanktionen für die Erteilung unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Auskünfte, die Nichtbeantwortung oder Nichtberichtigung unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Auskünfte oder die Nichtvornahme einer Prüfung vor Ort dürfen 1 Prozent der Jahreseinnahmen oder des Gesamtumsatzes des Dienstleistungserbringers im vorangegangenen Geschäftsjahr nicht übersteigen.

Die Konsultation läuft bis zum 10. Juli. In einer ersten Reaktion hat eco den Vorschlag scharf kritisiert.

SCHUTZ VON KINDERN II – KOMMISSION AKTUALISIERT BIK-STRATEGIE: Ebenso präsentiert hat die Kommission die neue europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder (BIK+). Diese stützt sich auf drei Säulen (vgl. Pressemitteilung KOM):

  • Sichere digitale Erfahrungen zum Schutz der Kinder vor schädlichen und illegalen Online-Inhalten, Verhaltensweisen und Risiken und zur Verbesserung ihres Wohlergehens durch ein sicheres, altersgerechtes digitales Umfeld.
  • Stärkung der digitalen Kompetenz, damit Kinder die Fähigkeiten und Kompetenzen erwerben, die sie brauchen, um fundierte Entscheidungen zu treffen und sich im Online-Umfeld sicher und verantwortungsbewusst auszudrücken.
  • Aktive Teilhabe und Achtung der Kinder, indem ihnen Äußerungsmöglichkeiten im digitalen Umfeld eingeräumt werden – mit mehr kindgeführten Aktivitäten zur Förderung innovativer und kreativer sicherer digitaler Erfahrungen.

CYBERSICHERHEIT – TRILOGEINIGUNG ZU NIS2: Die EU-Institutionen haben sich vergangene Woche auf strengere Cybersicherheitsvorschriften geeinigt. Die neue Richtlinie verpflichtet Firmen aus „essenziellen Sektoren“ wie Energie, Verkehr, Banken, Finanzmarktinfrastruktur, Gesundheit dazu, Mindeststandards beim Schutz ihrer IT-Systeme zu beachten und die zuständigen Behörden über erfolgte Cyberangriffe zu informieren.

Ebenfalls unter die neuen Regeln fallen werden alle mittleren und großen Unternehmen aus sogenannten „wichtige Sektoren“ wie Post- und Kurierdienste, Abfallwirtschaft, Chemie oder Lebensmittelherstellung. Die Pflichten gelten grundsätzlich auch für nationale Behörden und können auf die regionale und lokale Verwaltung ausgeweitet werden.

Die Unternehmen werden durch die Richtlinie verpflichtet, ihr Cybersicherheitsrisiko zu bewerten und technische und organisatorische Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Bei Nichteinhaltung drohen Geldstrafen von bis zu 2 Prozent des weltweiten Umsatzes.

Ein European Cyber Crises Liaison Organisation Network (EU-CyCLONe) soll künftig im Falle von großangelegten Vorfällen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erleichtern.

Der im Trilog erzielte Kompromiss muss noch von Europaparlament und Rat bestätigt werden. Nach dem Inkrafttreten haben die Mitgliedstaaten 21 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. (vgl. Table Europe, Pressemitteilung Rat)

G7-TREFFEN ZU DIGITALTHEMEN: Am 10. und 11. Mai trafen sich die für Digitales zuständigen G7-Minister in Düsseldorf, um über Digitalisierung und Nachhaltigkeit, den freien Datenverkehr, eSafety, Wettbewerb, Standardisierung und die Digitalisierung von Handelsdokumenten zu diskutieren. Der ukrainische Vizepremierminister Mykhailo Fedorov nahm online an dem Treffen teil und gab Einblicke in die Cyberabwehr des Landes. Unter anderem wurde ein besserer Austausch zu der Cyber-Resilienz der digitalen Infrastruktur vereinbart.

Auch die kommende tschechische Ratspräsidentschaft will während ihrer sechsmonatigen Amtszeit einen besonderen Schwerpunkt auf hybride Bedrohungen legen. (vgl. Euractiv)

EU-US – ZWEITER HANDELS- UND TECHNOLOGIERAT: Der zweite EU-US-Handels- und Technologierat wurde am Sonntag in Paris in Anwesenheit einiger großer Namen der US- und EU-Politik eröffnet. Das eigentliche Tagesgeschäft fand am Sonntagabend bei einem Abendessen im Château de la Celle in der Nähe von Versailles statt.

Politico Pro (Paywall) veröffentlichte eine endgültige Fassung der gemeinsamen Erklärung (PDF). Der wichtigste Diskussionspunkt war Russlands Krieg gegen die Ukraine und wie die EU mit den USA zusammenarbeitet, um Moskau zu schaden und die globalen Lieferketten zu sichern. Auf einer Pressekonferenz am Montagnachmittag wird auch erläutert, was die 10 Arbeitsgruppen des TTC seit dem ersten Gipfel in Pittsburgh im vergangenen September erreicht haben.

E-EVIDENCE – BUDAPESTER ABKOMMEN ZUR UNTERZEICHNUNG FREIGEGEBEN: Das zweite Zusatzprotokoll des Europarats zum Budapester Übereinkommen über Computerkriminalität wurde vergangene Woche zur Unterzeichnung freigegeben, um den ursprünglichen Rahmen zu modernisieren.

Der Text bedarf nun der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Organisationen der Zivilgesellschaft und einige MdEP fordern jedoch ein Gutachten des Europäischen Gerichtshofs über die Vereinbarkeit des Protokolls mit den EU-Verträgen, da sie befürchten, dass es das europäische Recht, insbesondere den Schutz der Privatsphäre, gefährden könnte. (vgl. Euractiv)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – WEITERE VERZÖGERUNGEN: Der Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments wurde vergangene Woche in einer gemeinsamen Sitzung von IMCO-und LIBE-Ausschuss präsentiert (Video). Indessen wurde der Zeitplan des Europäischen Parlaments für das Gesetz über künstliche Intelligenz erneut nach hinten verschoben: Die Frist für Änderungsanträge wurde vom 18. Mai zunächst auf den 1. Juni verschoben (laut Ankündigung im Ausschuss). Wie Politico Pro (Paywall) berichtet soll es mittlerweile aber der 10. Juni sein. Luca Bertuzzi (Euractiv) merkte zudem an, die Abstimmung im Plenum über das Dossier sogar auf 2023 verschoben werden könnte.

EINHEITLICHE LADEGERÄTE – ERSTER TRILOG: Der erste politische Trilog über den EU-Legislativvorschlag für einheitliche Ladegeräte fand vergangene Woche statt. Die Hauptunterschiede zwischen den Standpunkten des Rates und des Parlaments, die bei dem Treffen deutlich wurden, betreffen den insbesondere den Anwendungsbereich des Vorschlags, den Zeitpunkt seines Inkrafttretens, die Entflechtung und das drahtlose Laden. Ein weiterer Trilog soll noch vor dem Ende der französischen Ratspräsidentschaft Ende Juni stattfinden.

WEG IN DIE DIGITALE DEKADE – ERSTES KRÄFTEMESSEN: Im Standpunkt des Rates zum Weg in das digitale Jahrzehnt, der am Mittwoch vom AStV angenommen wurde, gelang es der französischen Ratspräsidentschaft, sowohl im Erwägungsgrund als auch im Artikel einen starken Verweis auf den Netzbeitrag einzufügen, nämlich dass „alle Marktakteure, die von der digitalen Transformation profitieren, ihre soziale Verantwortung übernehmen und einen fairen und angemessenen Beitrag zu den Kosten der öffentlichen Güter, Dienstleistungen und Infrastrukturen leisten“.

Eine ähnliche Formulierung wurde im Europäischen Parlament von den EVP-MdEP F.-X. Bellamy und A. Jarubas vorgeschlagen, was von den anderen Fraktionen durchwegs abgelehnt wird. Medienberichten zufolge haben sich der S&D- und der Renew-Schattenberichterstatter im Wesentlichen gegen den Rest ihrer Fraktionen gestellt, welche ähnliche Formulierungen vorgeschlagen hatten.

Der Industrieausschuss soll den Standpunkt des Parlaments am 17. Mai annehmen, wonach die Trilog-Verhandlungen ein Test für das Kräfteverhältnis bei diesem Thema sein könnten.

EU-US PRIVACYSHIELD – KOMMISSION BEANTWORTET EP-ANFRAGE: Wie weit der Weg bis zu einer Einigung nach der grundsätzlichen Einigung zwischen den USA und der Europäischen Union noch ist, zeigt die Beantwortung einer Anfrage aus dem EP durch Kommissar Reynders. Darin heißt es (eigene Übersetzung):

Auch wenn die grundsätzliche Einigung einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer neuen Regelung darstellt, müssen die Einzelheiten noch ausgearbeitet und in Rechtstexte umgesetzt werden. Zunächst müssen die US-Verpflichtungen in einer neuen, vom US-Präsidenten zu erlassenden Exekutivverordnung und in Durchführungsverordnungen umgesetzt werden.

Auf dieser Grundlage kann die Kommission einen Entwurf für eine Angemessenheitsfeststellung vorlegen und das entsprechende Annahmeverfahren einleiten. Dazu müssen eine Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses und ein positives Votum der Mitgliedstaaten im Komitologieverfahren eingeholt werden

Das Europäische Parlament hat ein Kontrollrecht bei Angemessenheitsentscheidungen. Sobald dieses Verfahren abgeschlossen ist, kann die Kommission einen neuen Angemessenheitsbeschluss fassen.

Die Kommission setzt unterdessen weiterhin auf Standardvertragsklauseln als eine von mehreren Alternativen.

USA – FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG STATT BEKÄMPFUNG VON HASSREDE: On­line-Platt­for­men in den USA könn­ten es künf­tig schwe­rer haben, Hass­re­de und Be­lei­di­gun­gen zu be­kämp­fen. Ein Be­ru­fungs­ge­richt hob am Mitt­woch die einst­wei­li­ge Ver­fü­gung gegen ein hef­tig um­strit­te­nes te­xa­ni­sches Ge­setz auf. Es ver­bie­tet On­line-Diens­ten mit mehr als 50 Mil­lio­nen Nut­zern, gegen jeg­li­che Mei­nungs­äu­ße­run­gen von Nut­zern vor­zu­ge­hen. (vgl. Heise)

DIGITAL MARKETS ACT – ASTV GIBT GRÜNES LICHT: Vergangene Woche haben die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten das Verhandlungsergebnis zum DMA bestätigt. Damit fehlt auf Ratsseite noch die Bestätigung auf Ministerebene.

DIGITAL SERVICES ACT – SCHRIFTLICHES VERFAHREN (FAST) FERTIG: Die DSA-Schattenberichterstatter hätten vergangene Woche das überarbeitete 4-Spalten-Dokument erhalten sollen. Also das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Berichterstatter, Kommission und französischer Ratspräsidentschaft. Laut Medienberichten kam es dazu allerdings nicht.

INGE 2.0 – FORTSETZUNG DES SONDERAUSSCHUSSES IM EUROPÄISCHEN PARLAMENT: Der zweite Sonderausschuss des Parlaments zur ausländischen Einmischung in demokratische Prozesse in der EU hat vergangene Woche seine Arbeit aufgenommen und den Abgeordneten R. Glucksmann (S&D, FR) zu seinem Vorsitzenden wiedergewählt. Der erste Ausschuss (INGE) schloss seine Arbeit im März dieses Jahres mit einem Bericht ab, der unter anderem strengere Regeln für soziale Medienplattformen und die Finanzierung politischer Parteien forderte. Die INGE 2.0 soll auf dieser Arbeit aufbauen und bereits diese Woche zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen, die sich mit russischer Desinformation und Propaganda befassen wird. Als stellvertretende Vorsitzende wurden J. Zarzalejos (EVP), M. Løkkegaard (Renew), D. Melbārd (EKR) und W. Cimoszewicz (S&D) gewählt. (vgl. Pressemitteilung EP)

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments sowie ein Überblick der Plenarsitzung. Der Sitzungskalender für 2022 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.
Am Montag stehen DSA und DMA auf der IMCO-Agenda.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier, die Schwerpunkte der Sitzungen der nächsten 14 Tage hier.

Darunter finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung. Hervorzuheben ist u.a. der Media Freedom Act (29. Juni).
Kommende Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda:

  • RePowerEU-Plan
  • Nothilfe und Wiederaufbau der Ukraine
  • Analyse der Investitionslücken im Verteidigungsbereich
  • Internationale Partnerschaften und Energiepaket
    • Neue Strategie für internationales Engagement im Energiebereich
    • Gemeinsame Mitteilung über eine Partnerschaft mit der Golfregion
  • Frühjahrspaket des Europäischen Semesters

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE Ausschuss (EP)

  • Montag, 30. Mai 2022, 16.45-18.45 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (EP)

  • Montag, 2. Juni 2022 (Brüssel)

(Kalender)

ITRE Ausschuss (EP)

  • Montag, 2. Juni 2022, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

IMCO Ausschuss (EP)

  • offen

(Kalender)

CULT Ausschuss (EP)

  • Mittwoch, 15. / Donnerstag, 16. Juni 2022 (Brüssel)

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 21 / Montag, 23. bis Freitag, 27. Mai: Grüne Woche (sitzungsfrei);

KW 22 / Montag, 30. Mai bis Donnerstag, 2. Juni: Fraktions- und Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 23 / Montag, 6. bis Donnerstag, 9. Juni: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

Brüsselblick