10.10.2022

Brüsselblick

Mit dem „Brüsselblick“ berichtet eco über aktuelle Entwicklungen und Sitzungen innerhalb der EU und gibt damit einen informativen Einblick in die Europa-Politik sowie in unser Engagement vor Ort.

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Das Wichtigste im Überblick

TADPF – USA LEGEN GRUNDSTEIN FÜR NEUES PRIVACY SHIELD: Sechs Monate nach der Ankündigung durch Kommissionspräsidentin von der Leyen und nach mehrfacher Verschiebung hat US-Präsident Biden am Freitag die entsprechende Durchführungsverordnung (DFVO) unterschrieben. Damit kann die EU nunmehr weitere Schritte setzen. Bis ein neues Abkommen jedoch endgültig fixiert ist, können jedoch weitere sechs Monate vergehen.

Mit der Verordnung wird ein unabhängiger und verbindlicher Mechanismus geschaffen, der es Einzelpersonen in bestimmten Staaten und Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration ermöglicht, Rechtsmittel einzulegen, wenn sie der Meinung sind, dass ihre personenbezogenen Daten durch US-Nachrichtendienste in einer Weise erhoben wurden, die gegen geltendes US-Recht verstößt.

Innerhalb des US-Justizministeriums wird eine neue Stelle eingerichtet, die überwachen soll, wie die nationalen Sicherheitsbehörden der USA auf Informationen von EU- und US-Bürgern zugreifen und diese nutzen können.

Die DFVO wird auch neue Befugnisse an den für den Schutz der bürgerlichen Freiheiten zuständigen Beamten innerhalb des US-Büros des Direktors der nationalen Nachrichtendienste (CLPO) übertragen.

Darüber hinaus wird der Erlass die Möglichkeiten der nationalen Sicherheitsbehörden der USA einschränken, auf personenbezogene Daten zuzugreifen, indem nachrichtendienstliche Tätigkeiten nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn sie definierten nationalen Sicherheitszielen dienen oder wenn sie notwendig sind, um eine bestätigte nachrichtendienstliche Priorität auf verhältnismäßige Weise voranzubringen. In allen Fällen müssen die Behörden die Privatsphäre und die bürgerlichen Freiheiten aller Menschen unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Wohnsitzland berücksichtigen.

Die DFVO legt auch bestimmte Anforderungen an den Umgang mit personenbezogenen Daten fest, die im Rahmen von nachrichtendienstlichen Tätigkeiten erhoben werden, und erweitert die Zuständigkeiten der für Recht, Aufsicht und Einhaltung der Vorschriften zuständigen Beamten.

Schließlich wird das Aufsichtsgremium für den Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten aufgefordert, die Strategien und Verfahren der Gemeinschaft zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie mit dem Text übereinstimmen, und jährliche Überprüfungen des Rechtsbehelfsverfahrens durchzuführen. (vgl. Informationsblatt des Weißen Hauses)

MOBILFUNK – EUROPA STECKT WEITERE 250 MIO. EUR IN DIE 6G-FORSCHUNG: Das Gemeinsame Unternehmen für intelligente Netze und Dienste (SNS JU) hat sein erstes Portfolio von 35 Forschungs-, Innovations- und Erprobungsprojekten ausgewählt, um die Entwicklung von 5G-Ökosystemen zu ermöglichen und die 6G-Forschung in Europa zu fördern. Mit einer Gesamtfinanzierung dieses neuen Portfolios in Höhe von rund 250 Mio. EUR im Rahmen von Horizont Europa soll eine erstklassige europäische Lieferkette für fortgeschrittene 5G-Systeme aufgebaut und die europäischen Kapazitäten für 6G-Technologien erweitert werden. (vgl. EU Kommission)

URHEBERRECHT – PIRATERIE BEI SPORT-LIVESTREAMING: Vergangene Woche haben sich zuerst über 100 Organisationen an die Europäische Kommission gewandt mit der Forderung nach einem Gesetz, das die sofortige Sperrung und Entfernung von illegalen Livestreams ermöglichen soll. Zu den Unterzeichnern gehören die UEFA, die Six Nations Championship im Rugby und die French Open im Tennis, die Fernsehsender beIN Sports und Sky sowie die nationalen Verbände der Live-Künstler. (vgl. Euractiv)

Unterstützung fanden sie bereits bei über 100 Europaabgeordneten, hauptsächlich aus der EVP, aber auch der S&D und weiteren Fraktionen. Diese forderten von der Kommission ebenfalls einen Legislativvorschlag – im Kommissionsprogramm für 2023, das in der Woche des 17. Oktober vorgestellt werden soll. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

INTERNETINFRASTRUKTURABGABE – DEUTLICHE KRITIK VON EXPERTEN: Sollte die Europäische Kommission ihre Pläne weiterverfolgen, die großen Technologieunternehmen zur Beteiligung an den Kosten der Telekommunikationsinfrastruktur zu leisten, könnten die Grundsätze der Netzneutralität verletzt werden. Dies geht aus einem neuen Schreiben hervor (PDF), das von einer Reihe von Internetexperten, Wissenschaftlern und Vertretern der Zivilgesellschaft verfasst wurde.

Das von Konstantinos Komaitis, einem Experten für Internetpolitik und Mitglied des Data-Governance-Teams der New York Times, verfasste schreiben, werden die Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager, und Kommissar Thierry Breton aufgefordert, ihre Versuche zu überdenken, eine „Infrastrukturgebühr“ einzuführen.

„Die Ideen, die hinter diesem Vorschlag stehen, stellen ein grundlegendes Missverständnis der Struktur des Internets dar“, heißt es in dem Schreiben, das Morning Tech vorliegt. „Wir fordern die Kommission auf, nicht mit einem Vorschlag voranzuschreiten, der die Netzneutralität in Europa und der Welt drastisch untergräbt.“ (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

TTC – CYBER UND DATENSCHUTZ: Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union arbeiten an den Einzelheiten ihres bevorstehenden Treffens des Handels- und Technologierates (TTC), das im Dezember in den USA stattfinden soll. Ein gemeinsames Regelwerk zur Identifizierung ausländischer Manipulationen und Einmischungen steht auf der To-Do-Liste.

Für ihr Treffen im Dezember haben die EU und die USA Folgendes geplant:

Sie werden einen Workshop über Technologien zum Schutz der Privatsphäre mit Experten abhalten, um den Reifegrad der Technologie, ihre Risiken und ihr Potenzial sowie Forschungsfragen zu diskutieren. Die Ratsmitglieder werden außerdem bis zur nächsten TTC-Ministertagung ein Pilotprojekt festlegen.

Eine Taskforce untersucht mögliche Synergien zwischen EU- und US-Investitionen in digitale Infrastrukturprojekte in Ländern außerhalb der EU. Die Taskforce befasst sich mit der öffentlichen Finanzierung für sichere Konnektivität und Lieferketten bei IKT-Systemen in Drittländern. Derartige Synergien würden sich zunächst auf Lateinamerika und Afrika konzentrieren, wobei vertrauenswürdige Anbieter eine wichtige Voraussetzung sind und internationale Unterseekabelprojekte in Betracht gezogen werden. Ziel der Taskforce ist es, bis zur nächsten Ministertagung mindestens ein Entwicklungsprojekt zu definieren. (vgl. Politico Pro, Paywall, EN)

CSAM – DNS4EU NICHT ADRESSAT VON INTERNETSPERREN: Entsprechend einer Antwort der EU-Kommission (PDF) auf eine Anfrage des MdEP Moritz Körner, richten sich die in der CSAM-Verordnung vorgesehenen Internetsperren nur an Internetzugangsanbieter innerhalb der jeweiligen nationalen Zuständigkeit der entscheidenden Behörde und Sperranordnungen hätten keinen EU-weiten Effekt. Da es sich beim geplanten DNS4EU jedoch nicht um einen Internetzugangsdiensteanbieter handle, wäre DNS4EU kein Adressat für Sperranordnungen auf Basis der CSAM-Verordnung.

DIGITAL SERVICES ACT – RAT MACHT WEG FÜR VERÖFFENTLICHUNG FREI: Der EU-Rat hat vergangene Woche das Gesetz über digitale Dienste (DSA) förmlich angenommen. Er soll am 19. Oktober von den Präsidenten des EU-Rats und des Parlaments unterzeichnet werden, wonach er im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Das Inkrafttreten wird im Januar 2024 erwartet.

Indessen wird die Veröffentlichung des Digital Markets Act im EU-Amtsblatt für 12. Oktober erwartet. (vgl. Andreas Schwab via Twitter)

Medienberichten zufolge hat die Kommission zudem die einflussreichen Beamten Rita Wezenbeek und Filomena Chirico abgestellt, um neben Prabhat Agarwal die Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) und des Gesetzes über digitale Märkte (DMA) zu leiten. (vgl. Contexte, Paywall, FR)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ I – EU-KOMMISSION VERHANDELT FÜR EU IM EUROPARAT: Die Europäische Kommission wird im Europarat im Namen der EU über die Konvention über Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verhandeln. Sie kann dies tun, da sie bereits einen entsprechenden Vorschlag, das AI-Gesetz, vorgelegt hat. In Erwartung eines Mandats hat sie eine Verschiebung der nächsten Plenartagung von November auf Januar erreicht. Und auf der Grundlage des Prinzips der loyalen Zusammenarbeit hat sie die anderen EU-Länder verpflichtet, sich in den Schweigemodus zu begeben. Dennoch ist es unklar, ob die Kommission in der Lage sein wird, sinnvolle Verhandlungen zu führen, da die KI-Verordnung immer noch ein bewegliches Ziel ist, und es gibt bereits Gespräche über eine Verlängerung des Zeitplans des mit der Ausarbeitung des KI-Abkommens betrauten Ausschusses. (vgl. Euractiv)

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ II – ANNÄHERUNG ZWISCHEN EU UND USA: Langsam, aber sicher nähern sich Brüssel und Washington in der Frage der Regulierung künstlicher Intelligenz einander an. Vergangene Woche veröffentlichte das Weiße Haus seinen lang erwarteten (und unverbindlichen) Entwurf für eine KI-Rechtsvorschrift.

Der Entwurf enthält alle wichtigen Punkte: mehr Transparenz bei der Erstellung von Algorithmen, mehr Rechenschaftspflicht bei KI-gestützten Entscheidungen und die Möglichkeit für die Bürger, sich zu beschweren, wenn etwas schief läuft. Kurz gesagt: ein Leitfaden, der den Einsatz dieser Technologie in der freien Wildbahn in ein helles Licht rückt.

Die USA und die EU verfolgen unterschiedliche Ziele bei der Regulierung von KI. Beide sind jedoch bestrebt, diese transatlantische Beziehung auf der nächsten Sitzung des EU-US-Handels- und Technologierates Anfang Dezember zu formalisieren. Erwartet wird die Veröffentlichung eines gemeinsamen Fahrplans für KI-Bewertungs- und Messinstrumente für [vertrauenswürdige] KI und Risikomanagement“.

Wenn die Menschen nachvollziehen können, wie diese automatisierten Entscheidungen getroffen werden, so die Theorie, dann ist die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Fehlverhaltens geringer – oder zumindest der Anreiz für die Menschen, nach Problemen zu suchen.

Im Moment sind die USA, nicht die EU, besser in der Lage, einen solchen Ansatz durchzusetzen. Bundesbehörden und US-Bundesstaaten haben sich bereits mit solchen KI-bezogenen Unklarheiten befasst, und seit langem bestehende Gesetze wie das Gesetz zum Schutz biometrischer Daten in Illinois sind der Goldstandard, wenn es darum geht, Bürgern die Möglichkeit zu geben, zu klagen, wenn sie glauben, dass ihre Daten in diesem Bereich missbraucht wurden. (vgl. Politico Digital Bridge, EN)

Einzelne Veröffentlichungen, u.a. des EP Think Tanks:

 

Ausgewähltes der aktuellen Woche

Hier finden Sie eine Auflistung der kommenden Termine des Europäischen Parlaments. Der Sitzungskalender für 2022 steht Ihnen hier (PDF) zur Verfügung.
Am Montagnachmittag präsentiert Kommissarin Johansson die CSAM Verordnung im LIBE Ausschuss.

Eine Übersicht über die wichtigsten Termine der Woche des Rats finden Sie hier bzw. den Sitzungskalender hier. Den offiziellen Kalender des tschechischen Ratsvorsitzes können Sie hier erreichen (PDF).

Darunter finden sich u.a.:

Gipfel- und Ministertreffen:

Vorbereitungsgremien:

Informationen zur wöchentlichen Kommissionssitzung finden Sie auf der Webseite der Kommission in der Vorschau (PDF) bzw. (kurzfristig) in der aktuellen Tagesordnung.
Für diese Woche finden sich folgende Themen auf der Agenda:

  • Mitteilung über die Anwendung des EU-Rechts
  • Erweiterungspaket
  • 2023 Europäisches Jahr der Aus- und Weiterbildung

Den Gerichtskalender des EuG(H) finden Sie hier.

 

Ausschüsse im Europäischen Parlament

LIBE Ausschuss (Bürgerliche Freiheiten)

  • Dienstag, 25. Oktober 2022, 14.30-18.30 Uhr (Brüssel)

(Kalender)

JURI Ausschuss (Recht)

  • Mittwoch, 26. Oktober 2022
  • Donnerstag, 27. Oktober 2022

(Kalender)

ITRE Ausschuss (Industrie)

  • offen

(Kalender)

IMCO Ausschuss (Binnenmarkt)

  • offen

(Kalender)

CULT Ausschuss (Kultur)

  • Montag, 24. Oktober 2022 (Brüssel)
  • Dienstag, 25. Oktober 2022 (Brüssel)

(Kalender)

PEGA Ausschuss (Pegasus Untersuchungsausschuss)

  • Donnerstag, 20. Oktober, 9.00-12.00 Uhr (Brüssel)

INGE2 Ausschuss (Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland)

  • Donnerstag, 27. Oktober 2022 (Brüssel)

(Kalender)

Weiterer Parlamentskalender

KW 42 / Montag, 17. bis Donnerstag, 20. Oktober: Plenarsitzungswoche (Straßburg);

KW 43 / Montag, 24. bis Donnerstag, 27. Oktober: Ausschusssitzungswoche (Brüssel);

KW 44 / Montag, 31. Oktober bis Freitag, 4. November: Grüne Woche (sitzungsfrei);

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