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24.05.2024

DIGISUSTAIN 2024 zeigt Nachhaltigkeitspotenziale der Internetwirtschaft

Nur gemeinsam können wir eine grüne Digitalisierung und Zukunft gestalten – das war der Tenor auf der diesjährigen DIGISUSTAIN im KAP Europa. Am 29. April betreute eco die Bühne „Digitale und Nachhaltige Transformation“ und begrüßte zahlreiche Akteure aus Wirtschaft und Politik, welche die nachhaltige digitale Transformation vorantreiben. 

Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus eröffnete nach einer Willkommensrede des eco Geschäftsführers Alexander Rabe die Bühne mit einer Keynote und betonte darin die Nachhaltigkeitspotenziale der Digitalisierung und die signifikante Rolle digitaler Technologien für die Erreichung der Klimaziele 2030. In dem Zusammenhang unterstrich sie die Notwendigkeit einer geopolitisch resilienten Digitalisierung und starker digitaler Infrastrukturen. 

DIGISUSTAIN 2024 zeigt Nachhaltigkeitspotenziale der Internetwirtschaft
DIGISUSTAIN 2024 zeigt Nachhaltigkeitspotenziale der Internetwirtschaft 1

Digitale Technologien und Infrastrukturen ermöglichen mehr Nachhaltigkeit  

Die positiven Effekte der Digitalisierung bestätigte auch Lars Riegel von Arthur D. Little, welcher die Ergebnisse der in Kooperation mit eco und der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen entstandene Studie „Digitale Transformation für mehr Nachhaltigkeit“ vorstellte. Diese belegt, dass durch den konsequenten Einsatz von Digitalisierungshebeln in der Industrie, auf dem Land und im urbanen Raum bis 2050 Emissionseinsparungen in Höhe von 163 Megatonnen CO2 erzielt werden können, was rund 20 Prozent der für Deutschland prognostizierten Gesamtemissionen entspricht. Die Digitalisierung ist somit Teil der Lösung für mehr Nachhaltigkeit.   

Grundlage für eine erfolgreiche grüne digitale Transformation ist ein effizientes Ökosystem digitaler Infrastrukturen. Mitglieder der unter dem Dach von eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen, Béla Waldhauser, Günter Eggers und Volker Ludwig, diskutierten in den von Sidonie Krug moderierten Panels mit Prof. Dr. Sinemus und GI (Gesellschaft für Informatik e.V.) Präsidentin Christine Regitz über die notwendigen Voraussetzungen für einen starken Digitalstandort Deutschland. Dieser benötigt effiziente und resiliente digitale Infrastrukturen, deren Grundlage Rechenzentren sind. Letztere sind intrinsisch zu maximaler Energieeffizienz und Nachhaltigkeit motiviert und streben nach stetiger Optimierung. Derzeit hemmen allerdings uneinheitliche Vorgaben auf EU- und nationaler Ebene, enorme Dokumentationspflichten sowie nur schwer umsetzbare Regulierungen die Arbeit dieser.  

Da Deutschland im internationalen Vergleich mit Abstand die strengsten Energieeffizienz-Auflagen hat, entstünden zwar Leuchtturmprojekte und innovative Lösungen, unter anderem für die Nutzung von Abwärme, welche auch im Ausland Anerkennung finden. Gleichzeitig seien Rechenzentrumsbetreiber mit Überregulierung, uneinheitlichen Dokumentationspflichten und dadurch entstehenden Rechtsunsicherheiten konfrontiert. Die Bundesregierung müsse hier mehr Klarheit und Umsetzbarkeit schaffen.  

Panel 2_DIGISUSTAIN 2024_Fotograf Stefan Höning
Panel 3_DIGISUSTAIN 2024_Fotograf Stefan Höning

GAIA-X – auf dem Weg zu einer nachhaltigen europäischen Dateninfrastruktur 

Rund um das Thema Datenökonomie ging es in einer Keynote von eco Geschäftsführer Andreas Weiss und einem anschließenden Panel moderiert von Emma Wehrwein. Sie sprach mit Andreas Weiss, Rainer Sträter (IONOS) und Linda Rülicke (Fraunhofer IEE) über die Rolle von digitalen IFS und Services zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, welche ebenfalls signifikante Bausteine für mehr Klimaschutz sind.  

Digitalisierung kann demnach dabei helfen, mehr Gestaltungsfähigkeit in Deutschland zu erlangen und durch die Nutzung digitaler Technologien die Energieerzeugung, -verteilung und -nutzung effizienter zu gestalten. Praxisnahe Anwendungsfälle, welche auf kollaborativen Datenökosystemen basieren und Nachhaltigkeitsziele verfolgen, gibt es bereits heute, wie unter anderem Marispace-X oder Catena-X. Der nächste Schritt könnten eine Skalierung solcher Ökosysteme sowie produktionsfertige Lösungen sein, welche eigenständig von der Wirtschaft getragen werden und nicht auf Förderungen angewiesen sind. Schwerpunkte der Debatte waren auch digitale Identitäten und Datensouveränität, welche zunehmend relevanter werden, um Daten kollaborativ zu nutzen. Durch eine konsequente sowie sichere Nutzung und Einführung schaffen diese nicht nur einen Mehrwert für die Natur, sondern letztendlich auch für den Menschen.  

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EU-Projekte FAME und TANGO als Leuchtturmprojekte föderierter Marktplätze 

Einen weiteren Beitrag für mehr Nachhaltigkeit können föderierte Marktplätze bilden, welche bereits von der EU auf den Weg gebracht wurden. Das dazu von Lauresha Memeti moderierte Panel mit Antonio Sottosanti (GFT Italia S.r.l.), John Soldatos (INNOV-ACTS LTD), Geert Machtelinckx (SSI Fujitsu), Claudia Mertinger (SSI Fujitsu) und Ville Ollikainen (VTT Technical Research Center of Finland) diskutierte die für solche Plattformen notwendigen Maßnahmen zum Aufbau von Vertrauen der Nutzenden, nachhaltige Datenpraktiken und einzigartigen Merkmalen besagter Plattformen gegenüber traditionellen Marktplätzen.  

Das Projekt TANGO ermöglicht eine vertrauensvolle Datenverwaltung und gemeinsame Nutzung von Daten, wobei die Datensouveränität und Sicherheit gewährleistetet wird, da das Projekt die Einhaltung von Vorschriften und den Datenschutz insbesondere auf die GDPR-Anforderungen als Schwerpunkt hat. Hingegen bietet FAME, welches auf den Finanzsektor zugeschnitten ist, unterschiedliche Datenbestände an und obliegt einem föderierten Governance-Modell. Das Panel stellte die einzigartigen Merkmale der Projekte heraus und unterstrich  die Potenziale föderierter Marktplätze, um Innovationen und Wirtschaftswachstum zu fördern und gleichzeitig die Einhaltung von Vorschriften auf EU-Ebene zu gewährleisten.  

Föderierte Datenmanagementsysteme und Marktplätze müssen strenge Maßnahmen ergreifen, damit sie rechtskonform und vertrauenswürdig sind. Dazu gehört unter anderem die Datenminimierung auf lediglich notwendige Daten, Anonymisierung der Daten sowie das Zustimmungsmanagement. Um solche föderierte Marktplätze letztendlich erfolgreich zu etablieren und somit zu mehr Klimaschutz beizutragen, benötige es eine transparente Kommunikation, Rechenschaftspflicht, gemeinsame Werte, konsistente politische Rahmenbedingungen, Transparenz bei der Entscheidungsfindung und Sicherheitsmaßnahmen, so Claudia Mertinger.   

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Bessere Luft mit Cloud Sustainability 

Michael Hase sprach im Panel mit Bernd Wagner (Google Cloud Germany), Dr. Markus Noga (IONOS), Elisabeth Goos (IBM) und Thorsten Raquet (PCG) darüber, wie Cloud-Technologien zu mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft und im öffentlichen Sektor beitragen können. So versuchen Rechenzentren, zunehmend Energie aus regenerativen Quellen zu beziehen und die Auslastung ihrer Anlagen permanent zu optimieren. Insgesamt kann die Nutzung von Cloudservices aufgrund ihrer Skalierbarkeit den Nutzenden dabei helfen, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. In der Industrie lassen sich etwa Emissionsdaten entlang der Wertschöpfungskette erfassen, zusammenführen und durch intelligente Services auswerten, um daraus Maßnahmen für einen effizienteren Einsatz von Ressourcen abzuleiten.  

Die Cloud sei ein hervorragender Enabler für Nachhaltigkeit, resümierte Elisabeth Goos. „Allerdings wird die Cloud allein das Klima nicht retten“, schränkte die Expertin ein. Dazu sei bei Unternehmen ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. So müsste Nachhaltigkeit an sich als strategisches Ziel definiert und über alle Bereiche hinweg in die Operations eingebunden werden, was sich sogar positiv auf die finanzielle Performance auswirken kann. Wenn es um Klimarettung und einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen geht, sei aber auch die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen wichtig, betonte Bernd Wagner. Anwenderunternehmen, Cloud- und Lösungsanbieter ebenso wie Dienstleister müssten dabei zusammenwirken. „Nachhaltige Lösungen entstehen im Ökosystem“, so Wagner. 

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Green Coding – jeder Snippet zählt 

Im abschließenden Panel sprachen Marc Schröter (GlobalDatanet), Sebastian Ullrich (Protos), Yelle Lieder (Adesso), Christine Regitz (GI, SAP) und Peter Ahnert (Nagaro) über den Zusammenhang von Software-Engineering und Nachhaltigkeit. Auch wenn sie aus nichts anderem als Code besteht, hat Software signifikante Auswirkungen darauf, wie nachhaltig Unternehmen ihre IT betreiben. In dieser Hinsicht spielen nicht nur Aspekte wie die Laufzeiteffizienz von Anwendungen und ihr Ressourcenbedarf eine Rolle. Mindestens genauso relevant für die CO2-Bilanz sind nach Einschätzung der Diskussionsteilnehmer auch Entscheidungen über die Architektur von Anwendungen und über die Infrastruktur, auf der sie laufen. 

Dabei ist die Cloud „nicht automatisch nachhaltiger“, wie Yelle Lieder, Green IT Lead bei Adesso, deutlich machte: „Es kommt immer auf den Anwendungsfall an: Man muss es richtig machen und mit den richtigen Partnern zusammenarbeiten.“ So können Cloud-native Anwendungen, deren Architektur modular aufgebaut ist, häufig effizienter sein, weil sich die Zuweisung von Ressourcen granular steuern und skalieren lässt. Bei Anwendungen mit einer stetig gleichbleibenden Auslastung kann aber auch ein monolithischer Aufbau sinnvoll sein. Denn Cloud-native Software benötigt stets eine Netzwerk-Infrastruktur, über die die Microservices miteinander kommunizieren können. 

In der Praxis fehlt es Entwickler:innen und DevOps-Ingenieur:innen heute noch an Metriken und Tools, mit denen sie den tatsächlichen Energieverbrauch ihrer Anwendungen in der Cloud messen können. Aber die GI arbeitet daran, wie Christine Regitz, mitteilte. Zudem ist der Expertin zufolge die Kompetenz zur nachhaltigen Entwicklung von Software unter Informatiker:innen noch zu wenig verbreitet. Grundsätzlich müsse dafür noch mehr Bewusstsein geschaffen werden. Dazu könnten auch die Universitäten in der Ausbildung einen größeren Beitrag leisten. 

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Beim anschließenden Networking konnten die Teilnehmenden in den Austausch treten und sich über die Impressionen der 17 Bühnen unterhalten. Denn letztendlich braucht es viele engagierte Akteure aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, um eine grüne digitale Zukunft zu gestalten. Zahlreiche Ansätze dafür gibt es bereits – das hat die diesjährige DIGISUSTAIN gezeigt. 

Fotos von Stefan Höning. Alle Fotos hier.

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