Ein weiteres Corona-Jahr neigt sich dem Ende zu – Gelegenheit die digitalpolitischen Highlights dieses Jahres Revue passieren zu lassen!
Die beste Nachricht des Jahres vorweg: Auch in diesem Corona-Jahr haben die digitalen Infrastrukturen, digitale Technologien und -anwendungen den Laden am Laufen gehalten und so ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie durch Verlagerung der physischen Kontakte in das Virtuelle geleistet.
Und ganz nebenbei hat die Internetwirtschaft hierbei auch noch zum Erreichen der Klimaziele beigetragen, denn: Nur ein Tag Homeoffice in der Woche könne, laut Greenpeace, beispielsweise 1,6 Millionen Tonnen CO2 im Jahr in Deutschland einsparen – Dank digitaler Technologien. Die Ökobilanz der Digitalisierung in Deutschland bleibt positiv.
Das in seiner zu erwartenden Gesamtwirkung auf die deutsche Digitalpolitik wahrscheinlich aber bedeutsamste Momentum dürfte die noch nicht all zulange zurückliegende Bildung unserer neuen Bundesregierung gewesen sein, die vor wenigen Wochen ihren Koalitionsvertrag vorgelegt hat.
Die hier querschnittlich in jedem Kapitel enthaltenen digitalen Ansätze sind sogar wirklich gut und umfassend, die richtigen Themen und Handlungsnotwendigkeiten sind erkannt. Der Wille der künftigen Bundesregierung zu einem digitalen Aufbruch ist klar herauszulesen.
Positiv hervorzuheben sind hier insbesondere die klaren Akzente beim Thema Vertrauen und Sicherheit in digitale Technologien, insbesondere durch ein einzuführendes Schwachstellenmanagement. Auch der klare Wille für Innovation und einen starken Technologiestandort, beispielsweise durch den entschlossenen Ausbau digitaler Infrastrukturen, die Förderung von Reallaboren sowie die forcierte Digitalisierung von Staat und Verwaltung ist zu begrüßen. Beim Schwerpunkt „Digitale Bildung“ liegt der Teufel bekanntlich weiterhin im föderalen System. Eine große Baustelle, die es in den kommenden Jahren definitiv zu lösen gilt!
Der Themenkomplex Digitalisierung und Nachhaltigkeit wird ebenfalls im Koalitionsvertrag adressiert. Wir weisen schon lange unter anderem im Rahmen der unter dem Dach von eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen darauf hin, dass diese beiden Themen zusammengedacht werden müssen, denn: Digitale Infrastrukturen sowie digitale Technologien und Dienste bieten – in den richtigen Domänen konsequent eingesetzt – immense Potenziale für die Bewältigung des Klimawandels und weitere Nachhaltigkeitsziele. Vergleiche hierzu auch unsere veröffentliche Studie zu Smart City und dem dortigen Extrakapitel „Smart City & Nachhaltigkeit“.
Die im Koalitionsvertrag adressierten Ansätze sind also gut und umfassend, die richtigen Themen und Handlungsnotwendigkeiten erkannt, jetzt wird es darum gehen, wie es der neuen Bundesregierung ohne ein zentral-koordinierendes Digitalministerium gelingt, hier ressortübergreifend eine konsistente und gleichzeitig ambitionierte digitale Politik umzusetzen. Hierfür braucht es aus meiner Sicht eine digitale Gesamtstrategie, die einen klaren Fahrplan für die digitale Transformation in Deutschland liefert und von allen Ministerien gleichsam verstanden und mitgetragen wird.
Auch in puncto Sicherheit und Vertrauen im Netz hat sich in 2021 Einiges getan:
So dürften die im November gehörten Schlussanträgen des EUGH Generalanwalts im Verfahren Spacenet AG gegen die Bundesrepublik Deutschland das Ende der ohnehin umstrittenen deutschen Regelung zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung bedeuten. Ein unrühmliches Kapitel in der deutschen Digitalpolitik, dass nun hoffentlich endlich aus der Geschichte deutscher Digitalgesetzgebung für immer herausgestrichen wird.
Ein Urteil des EuGH könnte ab Februar 2022 zu erwarten sein.
Unabhängig vom EuGH könnte die nächste Bundesregierung ein Zeichen setzen, indem sie die Initiative ergreift und die Aufhebung der Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland anstößt.
Auch der Bundesrat hat sich in der vergangenen Woche gegen ein Zuviel an staatlicher Überwachung im Netz entschieden und der geplanten Mithilfepflicht für Telekommunikationsanbieter bei der WhatsApp-Überwachung eine Absage erteilt.
Auch auf europäischer Ebene gab es dieses Jahr ebenfalls einige wegweisende digitalpolitische Entscheidungen und Entwicklungen, die das Internet und die digitalen Märkte für die nächsten Jahre prägen werden.
So haben sich die Mitgliedstaaten mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) auf zwei große Rahmengesetzgebungen für digitale Plattformen und digitale Dienste in Europa geeinigt. In der Ausgestaltung des DSA wird es nun darauf ankommen, eine klare Linie beizubehalten und das Instrument nicht durch Spezialregelungen zu überfrachten. Es ist wichtig, dass die dort festgeschriebenen Verpflichtungen auch und insbesondere für kleine und Kleinstunternehmen umsetzbar bleiben, oder diese davon ausgenommen werden. Definitionen müssen nachvollziehbar und konkret sein. Das Haftungsregime und die Prinzipien der E-Commerce Richtlinie müssen weiterhin Bestand haben.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten:
Ein digitalpolitisch bewegtes Jahr, das uns auch einmal mehr gezeigt hat, dass Digitalisierung und digitalpolitische Themen immer stärker auch von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert werden.
Über 60 Prozent der von uns gemeinsam mit Civey vor der Bundestagswahl befragten Bürger:innen schätzten den Einfluss digitaler Technologien und Dienste auf ihren privaten und beruflichen Alltag bereits heute als groß bzw. sogar sehr groß ein.
Mich bestärkt dies in der Überzeugung, dass wir uns mehr denn je für ein Internet und eine digitale Transformation einsetzen müssen, die allen Menschen gleichermaßen zugute kommt, die uns das Leben erleichtert, und dabei hilft die großen Herausforderungen der Menschheit zu meistern. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Wir werden uns daher mit dem eco auch in 2022 wieder „für das Gute im Netz“ stark machen, so wie es unsere eco Beschwerdestelle, deren 25-jähriges Jubiläum wir in diesem Jahr gefeiert haben, es seit ihrer Gründung so erfolgreich im Schulterschluss mit den Providern und staatlichen Strafverfolgungsbehörden tut und ihre Erfolgsquote sogar in diesem Jubiläumsjahr nochmal leicht steigern konnte.
Ich freue mich auf ein abwechslungsreiches und spannendes neues Jahr 2022 und ganz besonders auf den digitalpolitischen Austausch mit unserem neuen Digitalminister Volker Wissing sowie der gesamten neuen Bundesregierung und Netzpolitiker:innen im Europaparlament, im Bundestag und in den Landesparlamenten.