16.04.2021

eco Verband: Federführendes Digitalministerium muss schon vor der Bundestagswahl auf die Tagesordnung!

Ein Standpunkt von Oliver Süme, eco Vorstandsvorsitzender

Die aktuelle Corona-Krise führt uns einmal mehr vor Augen wie enorm wichtig die konsequente Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung sowohl für das Wohlergehen aller Bürger:innen, als auch für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland ist. Die strategische Relevanz einer modernen und zukunftsgerichteten Internet- und Digitalpolitik geht über die bloße Bereitstellung von Zugang zum Internet und den Breitbandausbau hinaus und darf nicht darauf reduziert werden. Neben zahlreichen Detailregelungen, die in den entsprechenden Fachressorts behandelt werden, gibt es übergeordnete zentrale Fragestellungen zum Umgang mit Daten, Diensten und Netzen, die einer klaren, effizienten und stringenten Regulierung bedürfen. Besonders sichtbar wird dies zum Beispiel auch beim aktuellen Umgang mit Datacentern und Initiativen wie GAIA-X. Auch hier zeigt sich, dass es einer konsistenten und agilen Netz- und Digitalpolitik aus einem Guss bedarf, es darf in diesem Bereich kein Stückwerk geben.

 

Paradigmenwechsel: Neuorganisation auf Regierungsebene ist überfällig

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es einfach ein zentrales Digital-Ressort braucht, welches die Fäden zusammenführt und die großen Linien der digitalen Agenda im Blick behält. Nur so lässt sich das Kompetenzgerangel und die Inkonsistenz der letzten Jahre im Bereich Digitalpolitik verhindern.

Für ein solches Digitalministerium sind drei Aspekte zentral:

  • Für maßgebliche Bereiche der Digitalpolitik (Kommunikationsnetze, Dienste) und wichtige querschnittliche Bereiche der Digitalpolitik (Technologiepolitik, IT-Sicherheit) erhält das Ministerium eine federführende Rolle und übernimmt die Aufgaben der bisher zuständigen Fachressorts.
  • Für weitere, klar umrissene Fachvorhaben (beispielsweise Einrichtung und Betrieb zentraler Behördengateways und Zugänge zu digitalen Verwaltungsdienstleistungen, Betrieb der Telematikinfrastruktur, Einsatz von Künstlicher Intelligenz in verschiedenen Kontexten) sollte das Bundesministerium eine Co-Federführung erhalten, um deren harmonische Integration in die gesamte Digitalpolitik sicherzustellen.
  • Die organisatorische Ausgestaltung nachgelagerter Behörden, die sich bisher im Zuständigkeitsbereich einzelner Bundesministerien befinden, müsste dann entsprechend neu zugeordnet und ganz oder in Teilen zukünftig dem Digitalministerium angegliedert und untergeordnet werden. Insbesondere das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und die Bundesnetzagentur sind hier zu nennen. Darüber hinaus wären auch das Bundesverwaltungsamt und das Bundeskartellamt oder bestimmte dort wahrgenommene Aufgaben zu diskutieren.

Bundestag braucht federführenden Digitalausschuss

Die Neu-Organisation auf Regierungsebene muss idealerweise auch die Etablierung eines entsprechenden federführenden Ausschusses im Deutschen Bundestag nach sich ziehen. Alle relevanten netzpolitischen Themen werden damit in einem Fachgremium gebündelt. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass zentrale Debatten der Netz- und Digitalpolitik in Deutschland zwischen den verschiedenen Ressorts diskutiert und häufig durch unterschiedliche Auffassungen verzögert sowie teilweise auch blockiert wurden. Eine durch Ressortstreitigkeiten überschattete, inkonsistente Digitalpolitik, wie sie in Deutschland in den vergangenen Jahren häufig bei zentralen Debatten zu beobachten war, darf nicht fortgeführt werden. Es ist offensichtlich, dass es eines Paradigmenwechsels bedarf.

Nicht der Name zählt, sondern die Ausstattung und der Zuschnitt

Ob dieses Ressort dann Z-Ministerium oder D-Ministerium heißt, ist letztlich zweitrangig. Entscheidend ist vielmehr, dass es mit dem nötigen Budget und den nötigen Kompetenzen ausgestattet wird, um eben zentrale digitalpolitische Aufgaben agil und zeitnah umsetzen zu können. Um dies zu gewährleisten ist gegebenenfalls auch eine Anpassung der Prozesse und Geschäftsordnung innerhalb der Bundesregierung nötig. Ich plädiere daher nochmal dafür, bereits in dieser Legislaturperiode die entsprechende Weichen für die Einrichtung eines solchen Hauses und seines Verwaltungsstabs zu stellen, damit die oder der neue Digitalminister:in dann in der nächsten Legislaturperiode möglichst rasch ihre/seine Arbeit aufnehmen kann. Das Thema gehört jetzt auf die Tagesordnung in Kabinett und Bundestag, nicht erst nach der Bundestagswahl!“

RA Oliver J. Süme

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