03.03.2023

eco Verband zum Quad9-Urteil: Netzsperren durch die Hintertür

Sony hat vor dem Landgericht Leipzig am 1. März in dem viel beachteten Verfahren gegen die Schweizer Quad9 Stiftung einen Sieg errungen (Az: 05 O 807/22). Das Gericht urteilte, dass die Regelungen des Telemediengesetzes und die damit verbundene Haftungsprivilegierung keine Anwendung finden, da es sich bei einem DNS-Resolver nicht um einen Diensteanbieter handele. Auch eine Störerhaftung, die im einstweiligen Verfügungsverfahren angenommen wurde, hat das Gericht nicht erkannt, sondern Quad9 als Täterin verurteilt. 

eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. unterstützt Quad9 in seinem Rechtsstreit gegen Sony. Aus Sicht des Verbands steht das Urteil im Widerspruch zum Willen des Europäischen Gesetzgebers, der im Gesetz über digitale Dienste wörtlich daran erinnert, dass auch DNS-Dienste haftungsprivilegiert sein sollen. Weiter befürchtet eco Konsequenzen für die gesamte Branche, insbesondere für kleine Anbieter.   

 Dazu sagt Klaus Landefeld, eco Vorstand für Infrastruktur und Netze: 

 “Hier zeichnet sich eine besorgniserregende Entwicklung zur Ausweitung der Haftung von Vermittlungsdiensten wie Quad9 in den Entscheidungen der Gerichte ab. Das vorliegende Problem von Quad9 betrifft die gesamte Branche. Internet-Dienste werden hier für Dinge haftbar gemacht, die überhaupt nichts mit der strittigen Leistung zu tun haben – Quad9 hostet nicht die Inhalte, gibt keine Zugänge und hat auch sonst keine Geschäftsbeziehung mit der strittigen Webseite. Das Einzige was sie tun ist, den Aufruf eines Domain-Namens in eine maschinenlesbare IP-Adresse zu übersetzen. Daraus abzuleiten, Quad9 wäre elementar an der Zurverfügungstellung illegaler Inhalte beteiligt, ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Als neutrale Internet-Infrastruktur müssen DNS-Dienste ebenfalls wie Internetzugangsanbieter behandelt werden, die von der Haftung befreit sind.” 

 Zum Hintergrund: Quad9 betreibt einen unabhängigen rekursiven DNS-Resolver und wurde bereits 2021 per einstweiliger Verfügung dazu verpflichtet es zu unterlassen, bestimmte Domain Namen in IP-Adressen aufzulösen. Daraufhin hat Quad9 das Auflösen der beanstandeten Domain Namen für Nutzer:innen in Deutschland mittels geoIP an seinen Standorten in Deutschland unterbunden. In Leipzig erging nun das erstinstanzliche Urteil im Hauptsacheverfahren. Zuvor hatte auch das Landgericht Köln eine täterschaftliche Haftung von Infrastrukturanbietern angenommen. 

 Quad9 hat nun angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. eco unterstützt Quad9 bei diesem Verfahren. Spenden an die gemeinnützige Stiftung sind hier möglich: https://quad9.net/donate. 

 

Klaus Landefeld