16.04.2015

eco zweifelt Tragfähigkeit des Kompromisses zur Vorratsdatenspeicherung an

  • Leitlinien versuchen schwierigen Spagat zwischen Freiheit und Sicherheit
  • zentrale technische und rechtliche Fragen bleiben unbeantwortet
  • Unsicherheit zu Lasten der Unternehmen geht in die nächste Runde

Die höchst umstrittene Vorratsdatenspeicherung soll kommen: Bundesjustizministerium und Bundesinnenministerium haben sich auf einen entsprechenden Vorschlag geeinigt. Unter neuer Nomenklatur „Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfristen für Verkehrsdaten“ wird der schwierige Spagat zwischen Freiheit und Sicherheit versucht. eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. lehnt den Vorschlag aus mehreren Gründen ab. Oliver Süme, Vorstand Politik & Recht: „Die Leitlinien sind ein fauler Kompromiss. Trotz reduzierten Daten, Speicherfristen und Richtervorbehalt bleibt die Vorratsdatenspeicherung eine anlasslose Überwachung der Kommunikation der Bürger in der digitalen Welt. Sowohl technische als auch rechtliche Fragen bleiben unbeantwortet und die Unsicherheit der Unternehmen geht in die nächste Runde.“

Freiheit versus Sicherheit

Die vorgelegten Leitlinien, ein zwischen Bundesjustizministerium und Bundesinnenministerium ausgehandelter Kompromiss, versuchen den schwierigen Spagat zwischen Freiheitsrechten und Sicherheitsbedürfnis. „Mit der anlasslosen Speicherung gelingt dieser Versuch nicht. Der Eingriff in die Grundrechte der Bürger und die damit verbundenen Kosten stehen in keinem Verhältnis zu dem bisher nicht belegten Effektivitätsgewinn bei der Strafverfolgung. Daran ändern auch kürzere Speicherfristen sowie der Ausschluss von Kommunikationsinhalten und E-Mails nichts,“ erklärt Süme. Zudem bleibe fraglich, ob der Kompromiss zwischen den Ministerien so auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufrecht erhalten werden kann.

Offene Fragen

Zusätzlich eröffnen die Leitlinien einen Katalog neuer Fragen, zu den zentralen technischen und rechtlichen Parametern, mit denen die zur Umsetzung verpflichteten Unternehmen alleine gelassen werden. So ist beispielsweise der Umgang mit Berufsgeheimnisträgern nebulös geregelt: Die Verkehrsdaten von zeugnisverweigerungsberechtigten Personen sollen zwar gespeichert werden, unterliegen aber einem Verwertungsverbot. Wesentliche Rahmenparameter wie etwa Verschlüsslung, Speicherung, Zugangsschutz oder revisionssichere Protokollierung sind nicht ausreichend definiert. Es wird eine dem „Stand der Technik höchstmögliche Sicherheit“ gefordert. Damit bleibt zweifelhaft ob die Leitlinien den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben von EuGH und Bundesverfassungsgericht genügen. „Bei der Umsetzung der Sicherheitsanforderungen ist der technische und finanzielle Aufwand sowie die Realisierbarkeit der Implementierung derzeit noch nicht absehbar.  Hier werden die Unternehmen alleine gelassen. Insbesondere für die kleinen und mittleren Anbieter von TK-Dienstleistungen kann dies einen erheblichen Aufwand bedeuten ,“ kritisiert Süme. „Sollte die Ausgestaltung eines Gesetzes kommen, ist hier eine deutlich schärfere Klarheit gefordert.“

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