08.12.2020

„Eine Ressource, ohne die wir unsere Probleme kaum in den Griff kriegen werden“

Der Digital Gipfel 2020 stand unter dem Motto „Digital nachhaltiger Leben“. Einen großen Block nahm dabei das Thema GAIA-X ein. Harald A. Summa im Interview über die Aussichten des Projekts und dazu, ob digitale Infrastrukturen zu einem nachhaltigeren Leben und Wirtschaften beitragen können.

Herr Summa, auf dem Digital Gipfel vor einem Jahr wurde GAIA-X als europäisches Projekt für digitale Infrastrukturen und digitale Souveränität vorgestellt. Was ist seither passiert?

Für mich persönlich war GAIA-X in den letzten Monaten das dominierende Thema, es ist jeden Tag präsent und ich glaube auch nicht, dass das so schnell wieder aufhört. Das ist manchmal anstrengend, zeigt aber vor allem, dass wir mit dem Projekt zur richtigen Zeit am richtigen Punkt arbeiten.

Die Unterstützung und das Momentum sind enorm und GAIA-X wird beflügelt durch sehr unterschiedliche Stakeholder. Das führt zu einer entsprechend komplexen Dynamik, die wir selten erleben dürfen: Wir sind zugleich agil und dynamisch wie ein Startup im Hinterhof – und gravitätisch wie ein multinationales Amtsprojekt.

In Zeiten der Klimakrise verschärft sich das Bewusstsein für die Verantwortung der Wirtschaft, insbesondere der digitalen Wirtschaft. Wie passt GAIA-X in diese Zeit?

Die digitale Wirtschaft und die digitale Infrastruktur haben einen Impact. Wer hierauf Einfluss nehmen will, muss ein gewisses Gewicht mitbringen. In den vergangenen Monaten hat GAIA-X beträchtlich zugenommen. Um die 22 Founding Members, zu denen auch DE-CIX gehört, haben sich inzwischen 164 Unternehmen und Verbände unter anderem eco, aus 16 Ländern gesellt. Die großen Hyperscaler sind genauso dabei wie viele Startups und Mittelständler.

Der virtuelle GAIA-X Summit hatte 5.400 Teilnehmer aus aller Welt. Nach allem, was ich in den letzten 25 Jahren in der digitalen Wirtschaft gelernt habe, ist dieses große und vielschichtige Interesse ein ziemlich guter Indikator dafür, dass GAIA-X auf eine steile Wachstumskurve eingeschwenkt ist. GAIA-X hat das Zeug dazu, einen Impact zu hinterlassen. Bei Green IT und Nachhaltigkeit kommt es wie immer darauf an, was wir daraus machen. Ich sehe direkte und indirekte Potenziale.

Was sind die direkten?

Digitale Infrastruktur zu betreiben, kostet Strom. Da gibt es wenig zu diskutieren. Wo wir jedoch Spielraum haben, ist die Stellschraube Effizienz. Bei der Effizienz gibt es einen klaren Trend. Je größer die digitale Infrastruktur, desto effizienter kann sie betrieben werden und desto größer ist der Nettonutzen bei prozentualen Einsparungen.

Bei DE-CIX haben wir etliche Jahre praktische Erfahrung damit. Die bringen wir zu GAIA-X mit. Unternehmen, die sich GAIA-X anschließen oder Services nutzen, die auf GAIA-X aufsetzen, können an verschiedenen Stellen effizienter werden, ihr Stromverbrauch gehört sicherlich dazu.

Und die indirekten Potenziale?

Dabei geht es nicht mehr so sehr um die Frage, auf welcher Basis die Unternehmen arbeiten, sondern was sie mit dieser Basis anfangen. Die digitale Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren viele Innovationen selbst hervorgebracht, ist aber auch Enabler für andere Branchen. Jüngstes Beispiel sind die Erfolge beim Kampf gegen die Corona-Pandemie, ich denke da beispielsweise an die historisch sensationelle Entwicklung von Impfstoffen. Müssten wir das Virus mit der IT von vor 20 Jahren bekämpfen, sähe die Lage sicherlich noch dramatischer aus.

Ähnlich sehe ich das mit der Klimakrise. Ja, unsere digitale Infrastruktur kostet Ressourcen. Aber sie ist auch eine Ressource, ohne die wir unsere Probleme nicht in den Griff bekommen werden. Von GAIA-X und der sicheren, transparenten und agilen Vernetzung, die es bietet, erwarte ich, dass diese wichtige Ressource unsere momentanen Möglichkeiten noch einmal deutlich erweitert.

eco Award 2018 13