Am 20. Juni hat das EU-Parlament im Rechtsausschuss über die geplante Urheberrechtsreform abgestimmt und ist damit dem Ministerrat gefolgt, der bereits im Mai einen gemeinsamen Vorschlag der EU-Mitgliedstaaten als Verhandlungsbasis für die Reform vorgestellt hatte.
Der Verband der Internetwirtschaft kritisiert den Ausgang der Abstimmung: Nach dieser Entscheidung würden Plattformbetreiber dazu verpflichtet, vermeintliche Urheberrechtsverletzungen noch vor Veröffentlichung zu unterbinden. Uploadfilter sollen dann Inhalte schon beim Hochladen überprüfen und bei Verdacht auf einen Urheberrechtsverstoß direkt blockieren. Damit greift die EU massiv in die technische Grundstruktur des Internet ein und provoziert einen grundlegenden Wertewandel in der Internetregulierung. Dies würde einen Paradigmenwechsel in der Haftung der Provider bedeuten – weg vom Prinzip „Notice And Action“, hin zu einer verbindlichen Vorabkontrolle und Zensurinfrastruktur.
Im Kern greifen die Artikel 11 und 13 des Gesetzesvorschlags gleich mehrere jahrzehntelang – auch in der EU – gelebte Internet-Fundamente an. Bisher gilt das sogenannte Provider-Privileg der E-Commerce Richtlinie: Dabei handelt es sich jedoch nicht – wie öfter fälschlich argumentiert wird – um einen Haftungsfreibrief, wenn Betreiber erst gegen illegale Inhalte vorgehen müssen, nachdem sie davon Kenntnis erlangt haben. Vielmehr verhindert es, dass Plattformen zur Privatjustiz gemacht werden. Die Aushöhlung des Providerprivilegs ist in seiner Konsequenz ein direkter Angriff auf die Meinungsfreiheit aller, mahnt der Verband der Internetwirtschaft.
Es führt zu einer erheblichen Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien, wenn zukünftig Unternehmen und nicht Gerichte darüber entscheiden, was wir im Internet sehen, hören und lesen dürfen. Zudem wird ein europäisches Leistungsschutzrecht die Digitalisierung der Verlags- und Nachrichten-Branche erschweren, Innovation behindern und zum Wettbewerbsnachteil für den Investitionsstandort Europa werden. Daraus resultiert die langfristige Rechtsunsicherheit aller Akteure. Mit dem reformierten Urheberrecht wird die technikneutrale Struktur des Internet für immer fundamental verändert.
Der Abstimmung im Rechtsausschuss kann nun der offizielle Trilog folgen. Eine letzte Hoffnung für Kritiker des JURI-Berichts liegt in der Möglichkeit, dass sich kommende Woche eine Mehrheit im Plenum des Europäischen Parlaments findet, welche gegen vorzeitige Verhandlungen mit dem Rat und für eine erste Lesung im Plenum votieren.