10.04.2019

Gesetzentwurf in Österreich: Weniger Anonymität für Internetnutzer

Mit dem „Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz“, das die rechtskonservative österreichische Regierung am Mittwoch, dem 10. April als Entwurf vorgelegt hat, soll die Anonymität im Internet drastisch eingeschränkt werden. Nutzer von Nachrichtenseiten, Foren und sozialen Medien sollen künftig ihre Adresse und ihren Klarnamen beim jeweiligen Anbieter hinterlegen. Postings können dann zwar weiterhin unter Fantasienamen geschrieben werden – die Behörden sollen bei Bedarf aber auf die Identität der Nutzer zugreifen können. Unternehmen, die sich nicht an das „digitale Vermummungsverbot“ halten, drohen Geldstrafen bis zu 500.000 Euro.

Das Gesetz wird jetzt an das Parlament geschickt und könnte schon ab September 2020 gelten.

eco hat die wichtigsten Eckpunkte des Entwurfs analysiert:

  • Anwendungsbereich: Vom Gesetzesentwurf sollen Anbieter erfasst werden, die als Bestandteil ihres Dienstes selbst ein Forum einrichten und betreiben, das auf Nutzer in Österreich ausgerichtet ist, oder im Rahmen ihres Dienstes die Einrichtung eines Forums durch die Nutzer ermöglicht.
  • Weitere Kriterien: Die betroffenen Anbieter müssen zudem im Inland mehr als 100.000 registrierte Nutzer haben und im vorangegangenen Jahr in Österreich einen Umsatz von über 500.000 Euro erzielt haben. Sollte es sich dabei um Medieninhaber handeln, müssen diese im vorangegangenen oder aktuellen Kalenderjahr Fördermittel nach dem Presseförderungsgesetz von mehr als 50.000 Euro erhalten haben.
  • Der Anbieter ist zudem verpflichtet, einen verantwortlichen Beauftragten zu benennen, der dann für Auskunftsanfragen rund um die Uhr verfügbar ist.
  • Dem Gesetz unterliegende Anbieter haben für die Feststellung und Überprüfung der Identität des Posters Sorge zu tragen. Wie dies bewerkstelligt wird, bleibt dem Anbieter überlassen. Als mögliche Lösung könnte ein zweistufiger Verifizierungsprozess herangezogen werden. Die Verpflichtung des Anbieters wäre beispielsweise dann erfüllt, wenn die für die Rechtsverfolgung notwendigen Daten mittels 2-Faktor-Authentifizierung mit Mobiltelefonnummer bestätigt werden oder der Diensteanbieter sichergestellt hat, dass er – gegebenenfalls in Kooperation mit dem Betreiber des Telefondienstes – bei begründeten Anfragen, die für die Rechtsverfolgung notwendigen Daten in Erfahrung bringen kann.
    Somit hat der Anbieter zuerst die Identität zu authentisieren und bei begründetem Verdacht, dass die Registrierungsangaben unrichtig sind oder wurden (z.B. weil das Registrierungsprofil nicht mehr eindeutig zuordenbar ist) zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben aufzufordern (zu authentifizieren). Nach durchgeführter Überprüfung sind die für die Überprüfung verwendeten Dokumente und Informationen unverzüglich zu löschen.
  • Aufzeichnungspflicht: Bei begründeten Hinweisen ist der Anbieter verpflichtet von dem betreffenden Posting eine Aufzeichnung herzustellen, die eine vollständige und originalgetreue Wiedergabe ermöglicht. Über ein Verlangen vom Behörden oder Drittpersonen hat er auch diese näher bezeichnete Aufzeichnung zur Verfügung zu stellen. Beim Diensteanbieter darf allerdings keine Verknüpfung zwischen der Identität eines Posters und dem Inhalt eines Postings vorgenommen werden. Diese Anforderung könnte dazu führen, dass eine dritte unabhängige (Clearing) Stelle für die Speicherung jener Daten, die letztlich die Identifizierung des Posters sicherstellen werden. Für dieses Modell haben sich bereits Vertreter der Zeitungsbrache in den Medien stark gemacht, die aber eine Reihe von Problemen (z.B. Ausnahmen für Träger von Verschwiegenheits- und Geschäftsgeheimnissen wie Ärzte, Anwälte, Journlisten; vgl. Rechtsprechung zur Vorratsdatenspeicherung) nach sich zieht und enormes Missbrauchspotential birgt.
    Alternativ kann darin auch die versteckte Vorgabe gesehen werden die „Mobile Connect“ Technologie zu nutzen, wie sie derzeit von einigen Anbietern in Vorbereitung ist.
  • Auskunftspflicht: Der Anbieter hat Vorname, Nachname sowie die Adresse des Posters einer dritten Person auf deren begründetes schriftliches Verlangen zu beauskunften. Ein begründetes Verlangen liegt dann vor, wenn die dritte Person unter Nachweis ihrer Identität glaubhaft macht, dass die Feststellung der Identität des Posters eine unabdingbare Voraussetzung bildet, um gegen diesen Poster mittels Privatanklage wegen übler Nachrede (§ 111 Abs. 2 StGB) oder wegen Beleidigung (§ 115 StGB) strafgerichtlich oder wegen Verletzungen an der Ehre (§ 1330 ABGB) zivilgerichtlich vorzugehen.
  • Der Entwurf sieht außerdem Sanktionen von bis zu einer halben Million Euro für die Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und bei einer wiederholten Verletzung der Verpflichtungen bis zu 1 Mio. Euro vor. Bei der Beurteilung der Höhe der Sanktionen müssen mildernde Umstände wie die finanzielle Leistungsfähigkeit des Anbieters oder die Anzahl früherer Verstöße berücksichtigt werden.
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