22.05.2018

Im Zeitalter der Sensorik

Dr. Bettina Horster ist Direktorin Internet of Things bei eco und Vorstand der VIVAI Software AG. Sie leitet die eco Kompetenzgruppe IoT und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Entwicklung des Internets. Im Interview erklärt sie unter anderem, welche Änderungen mit dem IoT Einzug halten und ob Sicherheit und Datenschutz ein Hemmnis für neue Geschäftsmodelle bedeuten können.

Frau Dr. Horster, warum wird unser Leben durch das Internet der Dinge ganz anders sein?

Nach dem Zeitalter des Internets befinden wir uns nun im Zeitalter der Sensorik. Noch stecken die Sensoriken in den Kinderschuhen, aber bald werden sie unser Leben in allen Bereichen erleichtern und den Menschen im Bestfall unterstützen. Herausforderung ist, uns gedanklich darauf einzulassen, dass wir autonom denkende Systeme haben werden, bei denen wir nicht erst eine Eingabetaste drücken müssen. Die Systeme werden selbstständig entscheiden.

Denken wir in Richtung neuronaler Netze, wissen wir heute noch nicht einmal, wie sie genau zu einer Entscheidung kommen werden. Das ähnelt einer Blackbox und bringt auch Kontrollverlust mit sich. Das Verhältnis Mensch/Maschine muss grundlegend überdacht werden und ethische Überlegungen, ob ein autonom fahrendes Auto im Ernstfall in eine Gruppe Rentner oder Kinder fährt, sind da erst der Anfang.

Inwieweit sind aus Ihrer Sicht Sicherheit und Datenschutz ein Hemmnis für IoT-Geschäftsmodelle?

Sicherheit und Datenschutz sind sehr wichtig, zumal es sich oft um sensible personenbezogene Daten handelt, und da kann der Schutz nicht groß genug sein. Die Datenschutz-Grundverordnung zwingt die Menschen jetzt dazu, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Die Menschen müssen sich selbst stärker darum kümmern, nachdenken, was sie mit ihren Daten tun. Das kann der Staat nicht alles leisten. Im betrieblichen Sektor hingegen werden manche Regulierungen übertrieben.

Softwarelösungen rund um personenbezogene Daten könnten ein Verkaufsschlager für Deutschland werden – „Made in Germany” als Qualitätssiegel für Software mit überzeugendem transparenten Sicherheitskonzept.

Bei IoT-Geschäftsmodellen kann ich nur empfehlen, eine Datennutzungskontrolle zu integrieren, das heißt, dass Anbieter mit den Anwendern genau aushandeln, wer welche personenbezogenen Daten unter welchen Umständen nutzen darf. Profitiert der Anbieter von der Datenweitergabe, sollte er dem Anwender einen fairen Anteil abgeben. Die Partizipation könnte Anreiz für Datenfreigaben schaffen und für höhere Nutzerakzeptanz sorgen.

Entscheidet sich der Anwender dennoch, dass seine Daten in keinem Fall ins System übertragen und dort gespeichert werden dürfen, ist für ihn die Nutzung eigentlich nicht sinnvoll. IoT lebt ja von der Vernetzung. Diesen Extremfall muss man aber akzeptieren. Das Problem ist jedoch, dass viele IoT-Anbieter keinen persönlichen Kontaktpunkt haben, um Datennutzungskonzepte zu klären. Deshalb müssen sie eine herausragende Bildschirmoberfläche schaffen, die solche Verhandlungen ermöglicht.

Was erwartet die Teilnehmer der „IoT Business Trends“ in diesem Jahr?

Sie erfahren unheimlich spannende Use Cases, direkt aus der Praxis, in Bereichen, die noch nicht so oft im Fokus standen. Wir zeigen, wie breit das Thema IoT aufgespannt ist: vom Facility Management über Mobilität bis hin zu Smart City. Dabei präsentieren unsere Referenten keine Hochglanzprospekte, sondern schildern konkrete Projekte, was funktioniert hat – und was nicht. Zudem erwartet die Teilnehmer eine Keynote von Rechtsanwalt Christian Solmecke, der ihnen auf gewohnt humorvolle, kritische Art näherbringt, was sie aus rechtlicher Sicht unbedingt bedenken sollten.

In Ihrem Rückblick und Ausblick sprechen Sie über Tops, Flops und lahme Enten. Verraten Sie uns ein Exemplar vorab?

Ein Superflop ist aus meiner Sicht, dass ich meine Social-Media-Daten angeben muss, bevor ich in die USA einreise. Das zeigt, dass die Nutzung von Twitter, Facebook & Co. längst kein Spaß mehr ist, sondern unter Umständen unangenehme Konsequenzen mit sich bringen kann.

Die IoT Business Trends 2018 finden am 5. Juli im Wirtschaftsclub Düsseldorf statt.

Bettina Horster