Seit Dezember 2024 ist Dr. Judith Puttkammer Beirätin der eco Kompetenzgruppe Mobility. Im Interview spricht die Expertin für Datenräume für Mobilitätsdaten über die Bedeutung souveräner Datenräume, regulatorische Prioritäten und die Rolle innovativer Technologien. Zudem gibt sie Einblicke, wie sie mit ihrer Erfahrung als stellvertretende Leiterin Mobility Data Space bei acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften zur Arbeit der Kompetenzgruppe beitragen möchte und welche Impulse sie sich für die Mobilitätspolitik der Zukunft erhofft.
Welche Aspekte der digitalen Transformation im Mobilitätssektor halten Sie für besonders vielversprechend und warum?
Dr. Judith Puttkammer: Der Erfolg der digitalen Transformation im Mobilitätssektor hängt vor allem davon ab, ob wir es schaffen, eine Vielzahl an Daten unternehmens- und organisationsübergreifend miteinander zu vernetzen. Mithilfe von souveränen Datenräumen lassen sich Daten über eine dezentrale Infrastruktur von Unternehmen zu Unternehmen teilen, während Datengebende die vollständige Kontrolle über seine Daten behalten. Durch die Vernetzung von Daten aus verschiedenen Quellen werden neue, innovative Mobilitätslösungen ermöglicht – was ein enormes Potenzial für die Wertschöpfung in Deutschland und Europa bietet.
Wie möchten Sie als Beiratsmitglied die Arbeit der Kompetenzgruppe Mobility bereichern?
Dr. Judith Puttkammer: Wie schaffen wir es, dass der Mobilitätssektor möglichst schnell und nachhaltig von der sich rasant entwickelnden Datenökonomie profitiert? Als Expertin im Bereich Mobility Data Ecosystems möchte ich die Arbeit der KG Mobility insbesondere mit neuen Impulsen rund um diese Frage bereichern.
Welche Rolle sehen Sie für innovative Technologien wie KI und Big Data in der zukünftigen Entwicklung des Mobilitätssektors?
Dr. Judith Puttkammer: Vom autonomen Fahren, über intelligente Verkehrssteuerung, bis hin zu Mobility-as-a-Service-Angeboten – die Mobilität von morgen wird ohne KI und Big Data nicht auskommen. Diese Technologien sind wesentliche Treiber, wenn es darum geht, unsere Mobilität klimafreundlicher, verkehrssicherer und nutzerfreundlicher zu gestalten.
Nicht vergessen sollten wir aber: Die Grundlage für den erfolgreichen Einsatz von KI wie auch Big Data hängt zunächst davon ab, auf eine Vielzahl von Daten aus verschiedenen Quellen zuzugreifen und diese miteinander zu verknüpfen. Diese Ausgangslage für innovative Technologien “made in Germany/ EU” muss erst noch geschaffen werden.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für nachhaltige Mobilität, und wie kann die eco Kompetenzgruppe dabei unterstützen?
Dr. Judith Puttkammer: Hier sind wir wieder beim Thema Datenräume: Für nachhaltige Mobilitätslösungen liegen die Herausforderungen insbesondere darin, eine Kultur des Datenteilens zu schaffen, von der Unternehmen, Forschung sowie Bürger:innen profitieren. Dazu müssen wir insbesondere rechtliche und organisatorische Unsicherheiten rund um den Datenhandel abbauen. Die KG Mobility kann dabei unterstützen, indem sie transparent macht, a) welche Problemstellungen den Sektor umtreiben, b) welche Guidelines bereits Lösungen aufzeigen und c) welche Hilfestellungen darüber hinaus nötig sind.
Welche Erfahrungen oder Projekte aus Ihrer beruflichen Laufbahn können einen Mehrwert für die Aktivitäten der Kompetenzgruppe bieten?
Dr. Judith Puttkammer: Als stellvertretende Projektleitung des Mobility Data Space habe ich in den letzten drei Jahren umfangreiche Erfahrungen beim Aufbau und Betrieb eines der ersten operierenden Datenräume in der EU gesammelt. Durch meine vorherigen beruflichen Tätigkeiten in der Bundesgeschäftsstelle der CDU sowie als Büroleiterin im Deutschen Bundestag verstehe ich es vor allem, die praxisorientierten Learnings rund um Mobilitätsdatenökosysteme in politische Handlungsempfehlungen zu übersetzen.
Welche Prioritäten sollten Ihrer Meinung nach im Bereich Regulierung und Recht für den Mobilitätssektor gesetzt werden?
Dr. Judith Puttkammer: Die Regulierung insbesondere im Politikfeld Mobilitätsdaten muss sich deutlich stärker auf die Nutzer:innen fokussieren. Ein Beispiel: Es bestehen eine Vielzahl von gesetzlichen Datenlieferpflichten für Mobilitätsakteure, die etwa den Zweck verfolgen, neue datenbasierte Innovationen zu ermöglichen. Seitens der Datengeber werden die Lieferpflichten erfüllt, doch die so bereitgestellten Daten werden vom Markt kaum genutzt. Der Grund: Das was Nutzer:innen (bspw. ein KI Start-up für Mobilitätslösungen) für neue Innovationen benötigen, entspricht nicht dem, was an Daten bereitgestellt wird, da die Kommunikation zwischen Datennutzern und Datengebern zum tatsächlichen Datenbedarf bislang nur unzureichend in gesetzliche Datenlieferpflichten einfließt. Eine stärkere Ausrichtung der Regulierung an den tatsächlichen Bedarfen des Marktes wäre daher wichtig.
Wie können wir Ihrer Ansicht nach die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Forschung und öffentlicher Hand verbessern?
Dr. Judith Puttkammer: Die Zusammenarbeit lässt sich insbesondere durch das Aufzeigen von Best Practices verbessern. Für die Erarbeitung und Umsetzung übergreifender Kooperationsprojekte zwischen Wirtschaft, Forschung und öffentlicher Hand existieren bereits passende Formate und Communities, auf denen wir aufbauen sollen – indem wir sie fördern, nutzen und sichtbarer machen.
Was motiviert Sie persönlich, sich für die eco Kompetenzgruppe Mobility zu engagieren?
Dr. Judith Puttkammer: Der Mobilitätssektor hat mich schon immer besonders interessiert, da er große Potenziale für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland bietet. Mir ist es ein zentrales Anliegen, dass Deutschland und die EU die richtigen Weichen dafür stellen, um im internationalen Wettbewerb die Zukunft der Mobilität langfristig mitgestalten zu können.
Denn egal ob Start-up, Automobilkonzern oder Forschungsinstitut: Die Nutzung von KI und Big Data auf Basis der Vernetzung einer Vielzahl von Datenquellen bietet den Akteuren in unserem Mobilitätssektor enorme Chancen. Jetzt gilt es schnellstmöglich Hürden abzubauen, sichere und vertrauenswürdige Infrastrukturen für den Datenhandel bereitzustellen und innovative Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Mein Engagement im Rahmen der KG Mobility soll auf dieses Ziel einzahlen und somit einen Beitrag leisten, Deutschland und die EU als Mobilitäts- und Innovationsstandort zu stärken.
Welche Impulse erhoffen Sie sich für den Bereich Mobilität von der neuen Regierung im Rahmen der Bundestagswahl 2025?
Dr. Judith Puttkammer: Für die neue Regierung bieten sich verschiedene Ansätze und Maßnahmen an, innovative Mobilitätslösungen und -geschäftsmodelle zu befähigen und gleichzeitig Synergien zwischen bereits exisitierenden Strukturen zu heben. Ein konkretes Beispiel ist die Umsetzung der Fusion von der Mobilithek und dem Mobility Data Space. Mit der Aufhebung der ausschließlich im deutschen Mobilitätsdatenökosystem existierenden Parallelstrukturen würde ein One-Stop-Shop für Mobilitätsdaten geschaffen, der eine einheitliche Anlaufstelle für alle Mobilitätsakteure bietet, Schnittstellen reduziert und Synergien hebt.
Vielen Dank für das Interview!
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