27.08.2014

Interview mit Oliver Elste – new gTLDs im Fokus

Folge 1 mit dem Geschäftsführer der Smart-NIC GmbH aus München

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Lars Steffen: Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge der Interviewreihe „new gTLDs im Fokus“ in der ich mit meinem heutigen Gast Oliver Este von Smart-NIC über die neuen TLDs sprechen möchte. Hallo Herr Elste!


Oliver Elste: Hallo Herr Steffen, es freut mich.

Lars Steffen: Herzlich willkommen! Ganz kurz in drei Sätzen: Was macht Smart-NIC?

Oliver Elste: Smart-NIC ist ein Registrar und Domain-Reseller aus München und wir sind jetzt seit gut vier Jahren auf dem Markt. Wir sind bei DENIC und nic.at selbst akkreditiert und beziehen sonst alle TLDs über einen Partner, der uns auch das technische System bereitstellt. Wir bieten Domains an und alles was mit Domains zu tun hat, wie zum Beispiel Security-Produkte, SSL, eine Anti-Spam-Lösung, Anti-Viren Lösungen und vieles mehr.

Lars Steffen: Was macht für Sie eine gute und erfolgreiche TLD aus?

Oliver Elste: Da gibt es verschiedene Aspekte: Zu einem muss ein attraktiver Preis gegeben sein, damit das Produkt massenfähig ist. Sollte das nicht so sein, muss zumindest das Konzept dahinter attraktiv sein. Hier könnte man einerseits eine .de-Domain anführen, die sehr günstig sowohl im Einkauf als auch im Marktpreis ist und andererseits eine .travel-Domain, die mit einer geringen Registrierungszahl durchaus kommerziell erfolgreich sein kann. Dann ist natürlich die Verwendung einer TLD immer relevant. Wenn ich also nirgendwo diese Endung sehe wie .com – die sich durchgesetzt hat im Vergleich zu einer .tk, die zwar 25 Millionen Registrierungen hat, aber nirgendwo zu sehen ist – dann würde ich da auch nicht unbedingt von einem Erfolg sprechen.

Lars Steffen: Denken Sie denn, das Kunden und Interessenten im allgemeinen schon genug über die neuen TLDs wissen?

Oliver Elste: Was die neuen TLDs angeht, haben unsere Wettbewerber oder Mitbewerber schon sehr gute Vorarbeit geleistet. Auch wir haben unsere Kunden informiert. Allerdings sind wir stärker im B2B-Bereich unterwegs. Das heißt, wir liefern sehr umfangreiches Material, das dann wiederum an die Kunden weitergetragen wird. Ich würde sagen, wer jetzt noch nicht informiert ist, will vielleicht auch gar nicht informiert werden.

Lars Steffen: Von Seiten der Smart-NIC werden also durchaus schon Maßnahmen und Aktionen durchgeführt, die auf die neuen TLDs hinweisen?

Oliver Elste: Ja, auf jeden Fall.

Lars Steffen: Werden die neuen TLDs aus der Sicht von Smart-NIC ein Erfolg? Wenn ja, welche genau und wann und warum wird das passieren?

Oliver Elste: Das ist eine sehr komplexe Fragestellung. Sicherlich werden nicht alle ein Erfolg werden. Gleichzeitig taucht auch die Frage auf, wie sich der Erfolg messen lässt. Wieder an reinen Stückzahlen? Eine momentan das Ranking anführende Domain würde ich deshalb noch nicht als Erfolg bezeichnen. Das liegt unter anderem daran, dass sehr viele Registrierungen von einem einzelnen Registranten durchgeführt wurden. Da bleibt die Frage, ob das dem Konzept hilft. Ich denke, es wird einige sehr erfolgreiche neue TLDs geben. Vor allem geoTLDs wie .berlin, .koeln oder auch .ruhr gebe ich einen Chance. Die haben da eine sehr pfiffige Marketing-Idee momentan. Das muss aber erst im Markt, bei den Nutzern und bei der Bevölkerung ankommen. Überrascht hat uns zum Beispiel auch der Erfolg einer .guru, die momentan glaube ich auf Platz 4 mit fast 100.000 registrierten Domains liegt. Wie gesagt, hier ist der Erfolg wieder auf die Stückzahlen bezogen. Nach einem Jahr wird sich zeigen, ob das alles Spaß-Registrierungen waren, wo jemand einfach eine smart-nic.guru oder eine eco.guru bestellt hat, weil er es witzig fand. Ob es wirklich nachhaltig ist – das muss man sich fragen. Da werden sich in den nächsten Monaten oder in den ersten Jahren die mit dem besten Marketing durchsetzen.

Lars Steffen: Werden aus ihrer Sicht die neuen TLDs Auswirkungen auf bestehende TLDs haben? Wie schätzen Sie aus Ihrer Sicht die Auswirkungen der neuen TLDs auf bestehende TLDs ein?

Oliver Elste: Auch das ist eine Frage, die sich schwer beantworten lässt. Momentan denke ich, dass die meisten eher abwarten. Wir beobachten die Zunahme von Co-Domains: Oft wird sich der eigene Name, der Firmenname oder Produktname noch zusätzlich gesichert. Zunächst bedeutet das aber, dass der Bestand der bestehenden TLDs wie .com erst einmal erhalten bleibt. Es wird sich zeigen, ob die neuen TLDs wirklich Alternativen anbieten. Das liefe aber darauf hinaus, dass .de und .com wirkliche Einbrüche – was das reine Wachstum angeht – einbüßen werden. Oder ob wirklich die Suchmaschinen, auf die alle setzen – allen voran Google – das Ergebnis beeinflussen werden. Wenn Google, wie sie vor kurzem angekündigt haben, jede neue TLD als reine gTLD betrachten wird, dann glaube ich, dass das einen sehr negativen Einfluss auf die tatsächlich alternativ registrierten haben wird.

Lars Steffen: Sehen Sie bei ihren Kunden ein großes Interesse für die neuen TLDs? Gibt es bestimmte Gruppen, die sich speziell für die neuen TLDs interessieren?

Oliver Elste: Zum einen gibt es natürlich die klassischen Domainer, die versuchen, vor allem generische Begriffe zu monetarisieren. Da sind einige Registrierungen beziehungsweise Registrierungsversuche in dem Bereich zu beobachten, weil das natürlich erst einmal die attraktivsten Domains sein werden. Nachdem unsere Kunden aber im B2B-Webhosting Bereich tätig sind, werden dort eigentlich hauptsächlich Domains registriert, die eine tatsächlich Verwendung haben werden. Die eine Alternative oder aber eine Ergänzung zum bestehenden Portfolio darstellen.

Lars Steffen: Es sind ja schon Beispiele genannt worden, warum die neuen TLDs für bestimmte Anwendungsbereiche registriert werden sollten. Gibt es noch einen anderen Punkt, wo sie sagen, dass es Sinn macht, eine neue TLD für bestimmte Anwendungsfelder zu registrieren?

Oliver Elste: Die gibt es natürlich, die hängen aber wieder sehr stark von dem jeweiligen String ab. Eine geoTLD, wie .hamburg oder .koeln wird sicher lokal eine gewisse Relevanz aufbauen. Wenn ich einen Schlüsseldienst bei .köln registriert habe, wird sich das bei Google allein durch die Zuverlässigkeit der Adresse lokal durchsetzen und attraktiv sein. Immer vorausgesetzt, dass hinter der Domain wirklich ein Schlüsseldienst oder eine Plattform für Schlüsseldienste steht.
Das gleiche gilt auch für Initiativen wie .gmbh. Dahinter steht die Idee, eine validierte TLD anzubieten. Das heißt eine eingetragene Gesellschaft, wie die Smart-NIC GmbH beispielsweise, muss als Voraussetzung eine Eintragung im Handelsregister vorweisen, um eine entsprechende smart-nic.gmbh registrieren zu können. Das halte ich auch durchaus für ein sinnvolles und ergänzendes Konzept.

Lars Steffen: Weisen Sie ihre Kunden grundsätzlich auf die neuen TLDs hin? Zeigt das System während des Registrierungsprozess die neuen TLDs als zusätzliche Vorschläge an?

Oliver Elste: Es gibt bei uns im Webinterface – wir bieten verschiedene Interfaces an, also auch eine SOAP- oder eine Mail-API – ein voll integriertes Vorschlagstool, über das verschiedene Alternativen zu dem gesuchten Begriff, aber auch Ergänzungen zu den jeweils angefragten TLDs, als weitere Optionen angezeigt werden. Eine eco.de würde beispielsweise als nicht mehr verfügbar angezeigt werden. Aber es werden einige Alternativen gezeigt, die allerdings nicht von uns gesteuert werden. Dahinter steckt ein Algorithmus, der verschiedene Kriterien berücksichtigt, unter anderem natürlich die Attraktivität der jeweiligen TLD. Wir können beziehungsweise wollen im Moment nicht steuern, ob bestimmte TLDs nach oben in die berühmte Shelf-Position kommen. Das können und wollen wir bei uns im Webinterface nicht. Wir haben aber die Möglichkeit, die Nachfrage der Kunden über einen Domain-Store konkret zu steuern. Gerade wie bei dem aktuellen Projekt in Köln, wo wir ganz dezidiert die .koeln- und .cologne-Domains promoten wollen.

Lars Steffen: Bietet Smart-NIC alle neuen TLDs an oder gibt es dort auch Ausnahmen?

Oliver Elste: Wir bieten so gut wie jede an. Ich möchte mich jetzt nicht darauf versteifen, das wir alle anbieten können, aber im Prinzip können wir jede TLD besorgen. Das gilt auch für jede bestehende TLD. Jetzt sind es schon fast 300 und wenn alle Initiativen online sind, werden es zwischen 1.500 bis 1.600 Stück sein. Da fallen wahrscheinlich die ganzen Brand-TLDs raus oder zumindest einige davon. Nicht alle werden promotet, aber wir können sie über unseren Lieferanten besorgen.

Lars Steffen: Werden denn alle gleich auch in der Sunrise-Phase angeboten? Oder bieten Sie auch einige TLDs erst später an, die dann ins Portfolio der Smart-NIC aufgenommen werden?

Oliver Elste: Grundsätzlich werden die TLDs auch alle in der Sunrise-Phase angeboten, allerdings unter der Vorrausetzung, dass sie auch grundsätzlich angeboten werden. Allerdings nicht in einem automatisierten Prozess. Beziehungsweise doch! Jetzt muss ich mir selber wiedersprechen. In der Sunrise-Phase ist eine Registrierung nur über Eintragung in TMCH möglich. Da bieten wir ein entsprechendes Tool an. Der Markeninhaber kann bei uns im System seine Marke registrieren und bekommt dann die entsprechende SID-File. So kann er direkt im System – auch während der Sunrise-Phase – seine Domain registrieren. Wir bieten das als Full-Service an; einzig in der Landrush-Phase ist bei uns in den meisten Fällen ein manueller Prozess notwendig.

Lars Steffen: Vielen herzlichen Dank für den Einblick in die neuen TLDs aus der Sicht von Smart-NIC. Viele Grüße nach München und bis bald!

Oliver Elste: Viele Grüße nach Köln! Dankeschön.