Im Herbst steht die Bundestagswahl 2021 bevor: Dazu sprechen wir mit Sven Ursinus, Director Government Affairs bei Huawei Deutschland im Interview. Es geht um Transformationsprozesse von Industrie und Mittelstand, die aktuelle Digitalpolitik in Deutschland sowie die digitale Agenda der zukünftigen Bundesregierung.
Herr Ursinus, Wie ist Deutschland als Digitalstandort aus Ihrer Sicht im internationalen Vergleich heute aufgestellt – wo sehen Sie Herausforderungen, wo Zukunftspotenziale?
Ursinus: Wir sind mitten im Transformationsprozess von Industrie und Mittelstand. Wenn uns dieser gut gelingt, sieht auch Deutschlands Zukunft positiv aus. Daneben halte ich aber nicht nur die Digitalisierung von bereits erfolgreichen Technologien, sondern auch die Entwicklung neuer Innovationen und Geschäftsmodelle für sehr wichtig. Nur wer zumindest in einigen bedeutenden Bereichen technologisch führend ist, kann international auf Augenhöhe mitspielen und auch Policies entsprechend mitgestalten. Wo wir noch besser werden können ist der Bereich Start-Ups: Das Gründungsklima ist gut, das Ökosystem ist sehr vital, aber wir brauchen unbedingt mehr Venture Capital, damit unsere Einhörner nicht so häufig einfach über den Atlantik davon galoppieren.
Wie bewerten Sie die digitalpolitische Bilanz der aktuellen Bundesregierung?
Ursinus: Viele Herausforderungen wurden in meinen Augen von der Bundesregierung gut erkannt. Sei es Bildung, Breitbandausbau, Verwaltungsdigitalisierung oder auch die Notwendigkeit noch stärker in der Produktion von Semikonduktoren zu werden – auch ich glaube, dass in diesen Bereichen der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft liegt. Der Ansatz, viele dieser Herausforderungen europäisch und nicht im nationalen Alleingang anzugehen, ist für mich der Richtige. Natürlich wurden nicht alle Ideen und Strategien mit der Geschwindigkeit umgesetzt, die dem Wirtschaftsstandort Deutschland angemessen ist, da können wir gerne noch schneller werden.
Welche digitalpolitischen Themen sollte sich die nächste Bundesregierung aus Ihrer Sicht ganz oben auf ihre digitale Agenda schreiben?
Ursinus: An aller erster Stelle sollten drei Themen stehen, nämlich Bildung, Bildung und Bildung: Nur wenn wir es schaffen die gerade aufwachsenden Generationen mit den entsprechenden Digitalkompetenzen auszustatten, haben wir auch noch in 30 Jahren die Chance auf einen digitalen und vitalen Wirtschaftsstandort Deutschland. Auf den folgenden Plätzen sehe ich die Digitalisierung der Verwaltung, ein Thema bei dem die breite Bevölkerung schnell von der Digitalisierung profitieren könnte. Hinzu kommen Investitionen in Technologien, die gerade erst auf dem Hype Cycle auftauchen und in denen wir noch eine echte Chance auf technologische Führerschaft haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr zum Thema Digital Bildung erfahren Sie auf dem zweiten netzpolitischen Parteiencheck von eco am 24. August 2021.