25.10.2024

Fokus statt FOMO

Künstliche Intelligenz (KI) wird oft als das „nächste große Ding“ gehandelt und viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) verspüren den Druck, diese Technologie zu implementieren. Doch KI ist kein Allheilmittel – sie nur aus Trendgründen einzusetzen, kann schnell die Ressourcen belasten. Gefragt sind also konkrete, lösungsorientierte Anwendungen, die reale Geschäftsprobleme bewältigen können.

Fokus auf Lösungen, nicht auf den Hype 

Die entscheidende Frage, die sich Unternehmen stellen sollten, lautet: „Wo kann KI wirklich helfen?“ Denn KI ist kein Wundermittel, das alle Probleme eines Unternehmens löst. Vielmehr ist sie ein Werkzeug, das sinnvoll und gezielt eingesetzt werden muss. KMUs sollten zunächst identifizieren, wo es Engpässe oder Herausforderungen gibt – etwa bei sich wiederholenden Aufgaben, im Kundenservice oder in der Produktion. Erst dann sollten sie überlegen, ob und wie KI diese spezifischen Probleme lösen kann. Es gilt dabei, sich nicht der „Fear of missing out“ auszusetzen, sondern Strategien und Business Cases zu entwickeln, die für das eigene Unternehmen sinnvoll und umsetzbar sind. 

So ist es gerade für KMU sinnvoll, klein anzufangen und sich auf einen konkreten Anwendungsbereich zu konzentrieren, in dem KI echte Wertschöpfung bietet. Ein gutes Beispiel dafür ist die Entwicklung eines KI-gestützten Chatbots durch das Unternehmen HeronOS für ITENOS. Dieser Chatbot hilft bei der Bearbeitung von Kundenanfragen und wurde entwickelt, um ein spezifisches Problem zu lösen – nicht, um einfach „KI einzuführen“.  Vielmehr geht es darum, sich klarzumachen, welche redundanten Aufgaben ausgelagert werden können und welches Wissen im Unternehmen notwendig ist, um diese Transformation zu unterstützen. 

 

Die Compliance im Blick behalten 

Neben den technologischen Überlegungen sind auch rechtliche und ethische Aspekte von großer Bedeutung. Gerade KMUs, die über keine umfassenden juristischen oder Compliance-Abteilungen verfügen, müssen sich intensiv mit den Anforderungen an den Einsatz von KI auseinandersetzen. Hierzu zählen insbesondere Datenschutz- und Urheberrechtsfragen. So weist Dr. Sascha Vander, Experte für IT-Recht, darauf hin, dass KMU sicherstellen müssen, dass sie die Rechte an den Daten besitzen, die sie in KI-Systeme einspeisen. Es ist auch wichtig zu verstehen, dass der von KI erzeugte Output – wie zum Beispiel Texte oder Bilder – nicht immer durch das Urheberrecht geschützt ist. Gesetzlichen Vorgaben, wie der EU AI Act, werden diesen Bereich noch stärker regeln, und es ist unerlässlich, dass Unternehmen entsprechende Compliance-Richtlinien einführen. 

KI-Systeme sind auf große Mengen an Daten angewiesen, um effektiv arbeiten zu können. Daher ist es entscheidend, dass die verwendeten Daten sicher und im Einklang mit den Datenschutzgesetzen, wie der DSGVO, verwaltet werden. KMU sollten interne Richtlinien entwickeln, die festlegen, wie KI genutzt werden darf, und sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden entsprechend geschult sind, um mögliche rechtliche Fallstricke zu vermeiden. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass KI nicht als Ersatz für menschliche Arbeitskraft gesehen werden sollte. Vielmehr bietet KI die Chance, Mitarbeitende zu entlasten, indem sie zeitintensive Routineaufgaben übernimmt. Dies schafft Freiräume für die Belegschaft, sich auf strategisch wichtigere und kreativere Tätigkeiten zu konzentrieren. So kann beispielsweise KI im Kundenservice oder bei administrativen Tätigkeiten eingesetzt werden, um Prozesse zu optimieren und Ressourcen effizienter zu nutzen. 

 

Initiative „KI in der Praxis“ 

Der eco Verband hat die Initiative „KI in der Praxis“ ins Leben gerufen, um seinen Mitgliedern bei der KI-Einführung von zu helfen. Die Ergebnisse früherer Projekte stehen bereits kostenfrei zur Verfügung. Derzeit konzentriert sich die Initiative auf drei Kernbereiche: Daten & Services, Infrastruktur und Rahmenbedingungen. 

KI-Anbieter, Cloud-Services und Branchenexpert:innen bewerten gemeinsam Markttrends und Entwicklungen. Ziel ist es, Unternehmen zu helfen, ihre Position am Markt besser zu bestimmen. Besonders im Hinblick auf die Anforderungen der Industrie und ihrer Wertschöpfungsketten entstehen so neue, kooperative Geschäftsmodelle. 

Für Anbieter, Entwickler und Berater, die auf KMU spezialisiert sind, bietet eco mit „KI in der Praxis“ ein umfassendes Paket zur Unterstützung bei der Planung und Implementierung von KI-Strategien. Mithilfe praktischer Hilfestellungen und Lernprogrammen können so selbst unerfahrenere Mitarbeitende ihre eigenen Anforderungen für den technischen Service definieren und die passenden KI-Tools finden, wobei der Digitalisierungsgrad durch einen „Wizard“ berücksichtigt wird (auf Deutsch verfügbar). Eine interaktive Prozesslandkarte liefert einen schnellen Überblick, welche KI-Lösungen bei typischen Herausforderungen im Arbeitsalltag helfen können. 

Damit KMU ihre Anwendungen und Prozesse auf Vertrauenswürdigkeit und Konformität prüfen können, stellt eco zudem ein Schulungsprogramm zur Verfügung, das Mitarbeitenden die Grundlagen vermittelt. Für Stakeholder mit Fokus auf Sicherheit und Compliance gibt es einen Kriterienkatalog, der die Bewertung vertrauenswürdiger Anwendungen erleichtert.  

Diese Ansätze haben bereits den Praxistest bestanden: Anwendungen aus dem Katalog wurden in der Industrie erfolgreich eingesetzt und in vorkonfigurierte KI-Services umgesetzt. Ein Beispiel hierfür zeigt die ESW Group, die durch den Einsatz von KI-Lösungen eine deutliche Effizienzsteigerung in der Produktionsplanung erzielen konnte – beginnend mit simplen Tools wie Excel und schrittweise erweitert durch KI. 

 

KI strategisch einsetzen  

Letztlich sollte KI kein Selbstzweck sein, sondern Teil eines Werkzeugkastens, das gezielt eingesetzt wird, um reale Probleme zu lösen. Unternehmen, die KI zielgerichtet implementieren, können nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch neue Geschäftsmodelle und Wachstumsmöglichkeiten erschließen. Wichtige Faktoren wie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens stehen dabei im Vordergrund. 

Indem KMUs sich auf ihre Kernaufgaben und echten Bedarf konzentrieren, können sie von KI-Lösungen profitieren, die konkret auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind – und so nachhaltig in die Zukunft investieren. 

 

Kontakt:

Christine Neubauer
Projektmanagerin Industrie 4.0 / Cloud
eco – Verband der Internetwirtschaft
christine.neubauer@eco.de

 

Fokus statt FOMO
Unternehmen sind gut beraten, KI als Teil ihrer Toolbox zu nutzen.