Diskussion um IANA und die Verwaltung des Internet bestimmen die Agenda in Singapur
Singapur, 08-12.02.2015 – Wer übernimmt ab September 2015 die oberste Aufsicht über die Internet Assigned Numbers Authority (IANA)? Diese Frage dominiert derzeit alle internationalen Diskussionen zur Internet Governance und war auch zentrales Thema beim 52. ICAAN Meeting, das vom 8.-12. Februar in Singapur stattfand. Für eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V. waren eco Vorstandsvorsitzender Prof. Michael Rotert und Oliver Süme, Vorstand für Politik & Recht sowie eco Director Names & Numbers Thomas Rickert und Lars Steffen aus dem Bereich Mitglieder Services vor Ort. eco nutzte die Plattform des Meetings vor allem, um über nationale Leitlinien und Handlungsempfehlungen zur Überleitung der Aufsicht über die IANA-Funktionen zu beraten. Ziel ist es eine gemeinsame deutsche Position in den internationalen Verhandlungsprozess einzubringen.
Der aktuelle Stand zur IANA Stewardship Transition
Die US-Regierung hat im März des vergangenen Jahres angekündigt, auf die alleinige Kontrolle von Kernfunktionen des Internet, die von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ausgeführt werden, verzichten zu wollen, sofern bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden. Bei der Ankündigung der US-Regierung geht es um die Aufsicht über die so genannten IANA-Funktionen (IANA, Internet Assigned Numbers Authority), die ICANN aufgrund eines Vertrages mit der US-Regierung ausübt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um technisch-administrative Funktionen wie das Management von IP-Adressen und der sogenannten Root-Zone sowie die Vergabe generischer Top-Level Domains wie .com oder .berlin.
Die ICANN Vertreter warnten auf dem 52. ICANN Meeting in diesem Zusammenhang davor, die Übergabe zu verzögern oder gar zu verschleppen. Im Zweifel könnte sich so die Gelegenheit zur Internationalisierung der IANA-Aufsicht im bevorstehenden US-Wahlkampf wieder in Luft auflösen. Am 30. September läuft der aktuelle IANA-Vertrag zwischen dem US-Telekomregulierer National Telecommunications and Information Administration (NTIA) und ICANN aus. Der ursprüngliche Zeitplan für die Abgabe bei der NTIA wurde angepasst, er sieht aber nach wie vor eine Abwicklung bis September vor.
4 Vorschläge stehen zur Diskussion
Das Thema rund um IANA nahm in Singapur soviel Raum ein, dass teilweise andere Sessions abgesagt oder verschoben wurden, um den Diskussion um die „Stewardship Transition“ und der „ICANN Accountability“ mehr Zeit zu geben. Sowohl das ccNSO als auch die GNSO Registry Stakeholder Group tendierten als direkte Kunden der IANA zu einer internen Lösung, um ihren Einfluss zu wahren und die zusätzlichen Kosten einer externe Aufsicht zu vermeiden. Das ICANN-Board präferiert ebenfalls eine interne Lösung. Mathieu Weill rief daher das ICANN-Board dazu auf, die Arbeit der Co-Chairs der CCWG nicht zu behindern und ihnen klaren Vorgaben zu machen, was das Board mit den Ergebnissen machen wird, anstatt ihnen neue Regeln aufzuerlegen und den engen Zeitrahmen weiter zu strapazieren.
Aktuell werden jeweils zwei interne und externe Lösungsansätze diskutiert: Die beiden externen Lösungsvorschläge sehen entweder einen externen Vertragspartner („Contract Co.“) oder einen externen Trust („External Trust Model“) als Aufsichtsgremien über ICANN vor, die jeweils die Rolle des Vertragspartners anstelle der US-Regierung übernehmen.
Die beiden interne Lösungsvorschläge bauen auf den bestehenden Strukturen von ICANN auf. Sie sehen entweder die Kontrolle durch Bylaws („ICANN Internal Bylaw Model“) vor, die für eine ausreichende „ICANN Accountability“ sorgen oder auf der Schaffung eines Trust innerhalb ICANNs („ICANN Internal Trust Model“). In der ICANN-Community gilt der interne Ansatz als einfacher umsetzbar. Jedoch basieren diese Vorschläge noch größtenteils auf Annahmen, die einer juristischen Prüfung unterzogen werden müssen.
Universal Acceptance noch immer eine Herausforderung für gTLDs
Neben den Gesprächen und Diskussionen zur IANA Transition waren für eco besonders die Diskussionen zur „Universal Acceptance“ prägend. Dabei geht es um die technischen Herausforderungen, die seit Einführung neuer Domain-Endungen z.B. im Zusammenhang mit der Browserauflösung sowie der Erkennbarkeit von E-Mail-Adressen unter den neuen Domainendungen entstanden sind. Die Umstellung auf das neue technische Format ist in vielen Fällen noch nicht abgeschlossen. Das sogenannte „UTF-8 Format“ hat eine zentrale Bedeutung als globale Zeichenkodierung im Internet und unterstützt dabei Zeichenketten bis zu einer Länge von vier Byte. Einige Software- und Browser-Hersteller verwenden jedoch noch immer veraltete Tabellen von Domain-Endungen, so dass neuere Top-Level-Domains teilweise nicht angezeigt werden können.
eco neuer Host des Deutschen Abends
Erstmalig war eco in diesem Jahr auch als Gastgeber des „Deutschen Abend“ beim ICANN Meeting aktiv. Geminsam mit der Denic eG. richtete eco am 8. Februar den schon traditionellen „Deutschen Abend“ als Auftaktveranstaltung für die deutschspachigen Teilnehmer der ICANN Konferenz aus. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft übernimmt damit die Rolle des bisherigen Gastgebers dotBerlin, welches diese Veranstaltung einst ins Leben gerufen hatte. Der große Erfolg des Abends verdeutlichte einmal mehr die Relevanz für die deutschen Teilnehmer, die vielgenutzte Möglichkeit der Vernetzung und des Austausches vor dem offiziellen Start des Meetings.
Das 53. ICANN Meeting wird dann vom 21-25 Juni in Buenos Aires stattfinden. Bis dahin muss die juristische Prüfung zeigen, welche der vorgeschlagenen Modelle auch unter kalifornischem Recht umsetzbar sind.