12.10.2015

Nachbericht: Mit Konzept erfolgreich – E-Commerce im Einzelhandel

#fitforecommerce – Wie man sich als Einzelhändler erfolgreich positioniert

Die eco Kompetenzgruppe E-Commerce traf sich am 28. September 2015 zum Fachgespräch „Mit Konzept erfolgreich – E-Commerce im Einzelhandel“ im „eco-Kubus“ in der Kölner Lichtstraße um der Frage nachzugehen, wie man sich als Einzelhändler erfolgreich im Online-Handel positioniert.

Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann, Leiter der eco Kompetenzgruppe E-Commerce, begrüßte die Teilnehmer, stellt die Agenda des Tages sowie die Referenten der Sitzung vor und wies auch auf das nächste, bereits feststehende Treffen der eco Kompetenzgruppe hin. Dieses wird am Freitag, den 23. Oktober 2015 im Rahmen der internetwoche.koeln stattfinden und sich dem Thema „Start-ups im E-Commerce“ widmen.

Wibke Ladwig, Social Web Ranger, Ideenkatalysatorin und Geschäftsführerin der Sinn und Verstand Kommunikationswerkstatt, begrüßte ebenfalls die Teilnehmer und ermunterte dazu, im Verlauf der Veranstaltung eifrig Kommentare und Fragen zu twittern.

Wibke Ladwig, Geschäftsführerin; Sinn und Verstand Kommunikationswerkstatt: „Digitale Transformation: Verknüpfung von Einzelhandel und Social Web zur Kundenbindung/-gewinnung“

Frau Ladwig hat eine Leidenschaft für Social Media. „An Twitter, Facebook, Instagram und ähnlichen Plattformen fährt,“ so Ladwig, „für einen Einzelhändler kaum ein Weg vorbei.“ Sie sehe jedoch keineswegs die stationären Läden aufgrund der Konkurrenz des Online-Handels zugrunde gehen: „Über Social Media findet der Kunde wieder zurück in den Laden.“ Der Kunde erwarte heute vielmehr, dass ein „normaler“ Laden mit Konsumartikeln auch im Social Web zu finden ist und man mit ihm in Kontakt treten kann. Darauf müssten sich zukünftig große Teile des Einzelhandels einstellen.

Social Media könne nicht nur das Gefühl von Gemeinschaft schaffen, sondern auch wichtige Erkenntnisse über den Kunden liefern. So könne nicht nur die Marke geschärft, sondern auch gleichzeitig Zeit und Geld gespart werden. „Social Media ist damit nicht nur sinnvoll für den Kunden, sondern auch für den Händler“, erklärte sie den Teilnehmern. Eine funktionierende Beziehung zu Kunden und Interessenten entstehe allerdings nicht bloß mit der reinen Erstellung einer Facebook-Seite. „Hier muss eine rege Kommunikation stattfinden,“ betonte die Social Web Rangerin. Der Kunde müsse zur Interaktion angehalten werden, die wiederum nicht ins Leere laufen darf.

Hier sei die Faustregel, in erster Linie aus der Perspektive des Kunden zu denken: Was interessiert ihn? Was macht ihm eine Freude?

Hilfreich könne es daher sein, ein Smartphone im Laden haben und auch mal einen Post aus dem Alltag zu schreiben. „Das Digitale ist allerdings nur der Spiegel des Analogen,“ erläuterte die Geschäftsführerin der Sinn und Verstand Kommunikationswerkstatt weiter, „denn das Ladengeschäft selbst muss ebenfalls ansprechend sein!“ Mit Social Media schaffe man sich die digitale Community, die an einen realen Ort eingeladen werden kann.

Aus dem Publikum wurde die Frage gestellt, ob sich wirklich jeder Kunde digital am Geschäft einbinden lassen möchte. Frau Ladwig antwortete, dass dies sicher nicht der Fall sei. Aber gerade für Nischenanbieter oder solche, die andere Werte als den „besten Preis“ haben und von der originellen Idee leben, biete Social Media die Chance, eine lebendige Community zu schaffen. So könnten auch Standardprodukte mit einer Geschichte versehen werden: „Schließlich wird auf diese Weise das Produkt durch eine eigene Identität aufgewertet.“

Dorothee Junck, Inhaberin des Buchladen Neusser Straße in Köln und Vorstandsmitglied; BUY LOCAL e.V.: „Der Einzelhandel organisiert sich – buylocal.de & andere Online-Initiativen“

Als Inhaberin eines Buchladens im Kölner Stadtteil Nippes steht Frau Junck in ständiger Konkurrenz zum Online-Buchhandel – vor allem natürlich zu Amazon. Vor einiger Zeit bedrohte zudem die Eröffnung einer Filiale der Kette der Mayerschen Buchhandlungen im gleichen Stadtviertel die wirtschaftliche Existenz ihrer inhabergeführten Buchhandlung. Neben pfiffigen Aktionen im und um den eigenen Buchladen, zu denen auch die Anmietung eines Ladengeschäftes – mit dem Namen „Nebenan“ – für Geschenkartikel, Postkarten und vieles mehr gehören, beschäftigte Frau Junck sich auf Anregung ihrer Lehrlinge vermehrt mit dem Thema Internet und Social Media.

„Daher haben wir inzwischen eine Website mit Bestellmöglichkeit,“ so Frau Junck. Hier ist es möglich, einen im Internet gefundenen Link einzufügen. Sofern das Buch im Laden verfügbar ist, kann es sofort verschickt oder abgeholt werden. Einen Vorteil gegenüber Amazon verschafft sich die gut vernetzte Buchhändlerin mit dem Angebot der „Abholung nach Ladenschluss“. Indem sie mit Gaststätten und Kiosken im Stadtviertel kooperiert, kann das Buch dort zur Abholung hinterlegt werden.

Dorothee Junck veranstaltet auch regelmäßig verschiedene Aktionen im eigenen Laden, wie beispielsweise Tauschaktionen oder Testlesungen, bei denen Kinder die Bücher vorab lesen dürfen. „Aus der Idee der nachbarschaftlichen Hilfe und der Verknüpfung von Online und Offline-Geschäft innerhalb einer Stadt entstand der Verein BUY LOCAL“, erklärte Junck weiter, die selbst im Vorstand des Vereins aktiv ist. Ziel des Vereins sei es, die Umsätze in der Region zu halten, für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu sorgen und durch die hier entstehenden Steuereinnahmen die Lebensqualität zu erhalten oder zu erhöhen, indem Kindergärten, Schulen, soziale Einrichtungen und Vereine gefördert werden.

Darija Braeuniger, Referentin E-Commerce; Handelsverband Deutschland – HDE e.V.: „HDE-Positionen zum Einzelhandel im E-Commerce“

Nach der Prognose des HDE werden in diesem Jahr ca. 42 Mrd. Euro im E-Commerce umgesetzt. Der HDE definiert E-Commerce als Kauf und Verkauf von Produkten im Internet. „Der Anteil von E-Commerce ist stark branchenabhängig,“ erklärte Frau Braenuiger. Schlusslicht sei derzeit die Lebensmittelbranche, die laut HDE mit nur ca. 1% vertreten ist. „Nach Analysen des Kaufverhaltens der Kunden lässt sich aber die Vermutung nicht bestätigen, dass sich Kunden im stationären Handel bloß informieren, um anschließend im Internet noch günstiger bestellen,“ widerlegt die Referentin eine häufig diskutierte These. „Es ist vielmehr umgekehrt,“ so Braeuniger weiter. Der größte Trend und Treiber im E-Commerce sei derzeit „mobile“ – der M-Commerce Umsatz wachse stetig. Außerdem geht der HDE davon aus, dass 18% des Gesamtvolumens im B2C-Online-Handel inzwischen mobile stattfinde. „Verantwortlich dafür,“ so Brauniger weiter, „ist die rasante Verbreitung von Smart Devices in den letzten Jahren.“ Derzeit gebe es rund 30 Mio. Smartphones in Deutschland und diese seien für viele inzwischen sowohl ständiger Begleiter und essentieller Bestandteil des Alltags.

Als weiterer Trend könne die Verschmelzung von Verkaufskanälen gesehen werden – Facebook, WhatsApp, Twitter und der stationärer Handel würden immer mehr ineinander greifen. Stark im Kommen sei zudem die Flexibilisierung der Warenzustellung mit „Click & Collect“. Hier biete sich dem Kunden die Möglichkeit, die online gekauften Waren in einem Ladengeschäft, bei Drittanbietern oder individuellen Schließfächern abholen.

„Die Digitalisierung treibt den Strukturwandel voran und ändert die Anforderungen an Mitarbeiter im Einzelhandel,“ erklärte die Vertreterin des Einzelhandelsverbands. Dies mache neue Ausbildungsinhalte erforderlich. Der HDE habe hierzu bereits ein Konzept für das neue Berufsbild mit IHK-Prüfung „Kaufmann im E-Commerce“ erarbeitet. Die Ausbildungsordnung soll zum Beginn des Ausbildungsjahres 2017/18 in Kraft treten.

Bei einer Aufteilung der Online-Käufer in Personen die nie, gelegentlich (selektiv) und möglichst immer online kaufen, entfalle laut Untersuchungen des HDE der größte Anteil zurzeit auf den selektiven Online-Käufer. Etwa 20% würden nach der IPM-Studie „Vitale Innenstadt“ aufgrund ihrer Online-Einkäufe seltener in die Innenstädte fahren.

Auf der politischen Ebene fordere der HDE vor allem dazu auf, weiter aktiv auf das Thema Digitalisierung einzugehen. Es brauche einheitliche und faire Wettbewerbsbedingungen für Europa mit gleichen Rechten und Pflichten für alle. „So muss der Breitbandausbau dringend vorangetrieben werden,“ betonte Braeuniger, „und ein fairer Wettbewerb im Netz muss mit Suchmaschinen-Neutralität gegeben sein.“

André Podeyn, Senior E-Commerce Trainer; ePages GmbH: „Aus Best Practices lernen, Fehler vermeiden: Erfahrungen aus der ePages academy“

Die Firma ePages ist ein SaaS-Anbieter für Online-Shops, die es sich zudem mit der „ePages academy“ zur Aufgabe macht, ihre End-User – und somit häufig Einzelhändler – für die ersten Schritte im Online-Handel zu schulen. Herr Podeyn stellte anhand eines Best Practice Beispiels dar, worauf es bei der Eröffnung eines Online-Shops zu achten gilt.

Grundsätzlich riet er dazu nur Produkte zu verkaufen, mit denen sich der Shop-Betreiber auch wirklich gut auskenne. „Zuerst müssen insbesondere Angebot und Nachfrage evaluiert werden,“ erklärte er weiter. Dazu empfahl er eine eingehende Recherche zur Zielgruppe und eine Definition für den Kaufanlass. „Wie im stationären Handel auch, muss man auch online die Alleinstellungsmerkmale deutlich aufzeigen,“ erklärte der Trainer das richtige Vorgehen.

Wenn es an die konkrete Planung ginge, sollten neben zentralen Fragen der genauen Produktausgestaltung, auch folgende Aspekte frühzeitig angegangen werden:

  • Die Preisgestaltung (Preis pro Stück, Mindestbestellmenge, maximale Bestellmenge in Tagen)
  • Logo und Style (Font, Logo etc.)
  • Die Gestaltung und das Packen der Pakete, geeignetes Füllmaterial, Paketbeilagen – wie etwa Flyer – und das Verschließen des Pakets beispielsweise mit Klebeband, das mit dem eigenen Firmenschriftzug versehen ist
  • Außerdem sei dafür zu sorgen, dass die Ware in einem einwandfreien Zustand und optisch ansprechend den Kunden erreicht. Dieses Qualitätsmerkmal erhöhe die Chancen auf die Gewinnung von Stammkunden beträchtlich, so der erfahrene ePages-Trainer.
  • Der passende Marketing-Mix: Hier solle nicht nur auf Google gesetzt werden. Gerade in der Anfangsphase müsse ein Online-Shop auf vielen Kanälen bekannt gemacht werden. Dies könne beispielsweise auf Flohmärkten, Märkten und Events, aber auch über Instagram, Pinterest und Facebook oder mit pressewirksamen Aktionen erreicht werden.

Hinsichtlich der Wahl der richtigen Technik sei für viele neue Online-Shops-Beginner ein standardisierter Shop-Baukasten eine gute Wahl. Hier existieren viele Vorlagen, die ohne technische Vorkenntnisse zu installiere seien. Auch entfalle viel Aufwand für Hosting und Administration. Trotzdem empfahl Herr Podeyn in gute, originelle Texte, professionelle Fotos und ein ansprechendes Design ein wenig mehr zu investieren. „Was man selbst machen kann, selbst machen und unbedingt machen lassen, was man nicht kann!“, erklärte Podeyn. So warnte er auch davor, auch Rechtstexte selbst formulieren zu wollen. Hierzu sollt en unbedingt professionelle Quellen genutzt werden. Zu empfehlen sei es auch, in die Erlangung des Gütesiegels „trusted shops“ zu investieren.

Hinsichtlich der Bezahlmethoden sollten zumindest Bankkonto, Kreditkarte, Vorkasse und Paypal angeboten werden. Eine hohe Transparenz sei beim Versand notwendig. Hier empfiehlt Podeyn entweder einen Fixkostenansatz oder Versandkostenfreiheit.

Abschließend warnte der Trainer von ePages, sich nach dem Start des eigenen Online-Shops zurückzulehnen: „Ein Shop ist nie endgültig fertig!“ Vielmehr müsse der Erfolg regelmäßig gemessen, Fehler analysiert und der Shop laufend optimiert werden. Hier solle auch ruhig Neues ausprobiert und sich etwas getraut werden!

Der geplante Vortrag von Thomas R. Lenz, Geschäftsführer, Trend-Over-IP Consulting; 1. Vorsitzender, Kölner Internet Union e.V. mit dem Titel „Online-Präsenz mit Identität – Wie man die richtige Webadresse wählt“ musste leider entfallen. Frau Ladwig stellte stattdessen Best Practice Beispiele vor, bei denen der Mix aus unterschiedlichen Vertriebskanäle gut gelöst wurde.

Tim Lagerpusch, Gründer und Geschäftsführer; SugarTrends GmbH: „Gemeinsam gegen die Giganten! Lokale Händler – weltweite Kunden“

Herr Lagerpusch stellte in seinem Vortrag die SugarTrends Community vor, auf der inhabergeführte kleine Läden weltweit in einem Netzwerk zusammengeführt werden. Auf diese Plattform gelangen kleine Läden durch Empfehlung von Kunden oder durch Trend-Hunting. Alle Inhalte werden in Deutsch und Englisch gepflegt. Gesucht werden kann auf der SugarTrends-Homepage über die Landkarte, aber auch über Inhalte, Namen der Shops oder Vorschlagskategorien. Die SugarTrends GmbH sieht sich selbst als Mischung aus IT- und Marketingdienstleister und Einkaufsclub. Die angeschlossenen Läden profitieren von der großen Anzahl der Kunden, die wie auf einem Marktplatz zusammenkommen. Stationäre Läden können sich auf diesem Weg einen online Markt erschließen und sich benötigte Kapazitäten mit anderen Geschäften teilen.

Zum Abschluss der Veranstaltung gab Frau Ladwig bekannt, dass es eine rege Diskussion auf Twitter zu der laufenden Veranstaltung und den Vorträgen gab – das Hashtag der Veranstaltung #fitforecommerce war Top 5 der deutschen Twitter Trends.

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