09.11.2015

Nachbericht: Start-ups im E-Commerce

Im Rahmen der Reihe „Start-ups & Technology„ der Internetwoche Köln

Die Kompetenzgruppe E-Commerce traf sich am 23. Oktober 2015 im Rahmen der Internetwoche Köln zum Fachgespräch im Kölner „Gürzenich“. Dieses Fachgespräch fand im Rahmen der Konferenz „startupcon“ statt. Aus diesem Grund drehte sich alles um das Thema „Start-up“ im E-Commerce. Internet-basierte Unternehmen sind oft vom Start weg international ausgerichtet, die Netz-Ökonomie orientiert sich selten an Staatsgrenzen. Daher ist speziell die Internationalisierung ein zentrales Thema und wurde im Rahmen dieser Veranstaltung in besonderem Maße adressiert.

Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann, Leiter der Kompetenzgruppe E-Commerce und Lars Steffen, der den Bereich Mitglieder Services beim eco e.V. betreut, begrüßten die Teilnehmer und stellt die Agenda des Tages und die Referenten der Sitzung vor.

Bastian Kneissl, CEO & Founder; MapCase Media GmbH: „Die Story von MapCase und die Award gekrönten Produkte: MAPtoSNOW – MAPtoBIKE – MAPtoHIKE – MAPtoSPORTS“

Bastian Kneissl konnte leider nicht vor Ort in Köln sein, hatte sich aber bereiterklärt, seinen Vortrag trotzdem via Skype halten. Die Firma MapCase wurde vor einigen Jahren im Rahmen eines EXIST-Stipendiums von Hochschulabsolventen gegründet. Der CEO schilderte anschaulich, wie diese Anfangszeit vom Gründerteam, das sich nach einigen Monaten aufgrund persönlicher Differenzen noch einmal änderte, gemeistert wurde – welche Hürden genommen werden mussten und wie er schließlich gemeinsam mit seinem Bruder die Geschäftsidee weiterentwickelte.

„Das erste Produkt unseres Startups war die App „MAPtoSNOW“. Hier werden die sportlichen Leistungen der User auf den Pisten großer Skigebiete in Echtzeit erfasst“, erklärte Kneissl die Kernfunktion. „Die User sammeln Pins, nimmt an Schnitzeljagden und Wettbewerben teil und wird mit Coupons und Sachpreisen für seine Leistungen in den Bergen belohnt.“ Mit MAPtoBIKE und MAPtoHIKE folgten Apps für weitere Sportarten.

Schnell erkannten die jungen Unternehmer auch den Wert, den Echtzeit-Informationen für Skigebiete bieten können. „Gäste in Skigebieten sind eine Black-Box“, so Kneissl. Es sei schwer festzustellen, wie zufrieden die Kunden eines Skigebiets sind. „Diese Daten sind zur Gewinnung von Stammgästen jedoch unbedingt nötig“, erklärt er weiter.

Die User der Apps liefern wertvolles Feedback in Echtzeit zu den verschiedenen Outdoor-Regionen. Mit MountLytics hat die MapCase Media GmbH ein Analysetool entwickelt, das dieses Informationen über ein Dashboard in Echtzeit auswertet und zur Verfügung stellt. Es können Auswertungen über die Art der Kunden gemacht und Bewegungsdaten analysiert werden – „unabhängig von persönlichen Daten“, betont Kneissl. Diese Technologie wird auch für Dritte zur Verfügung gestellt, z.B. für Retailer zur Erhöhung der Conversion-Rate.

Vom Start weg wurde ein europäischer Markt adressiert. Nach der ersten Phase soll nun auch der amerikanische Markt in den Fokus rücken. Diese Internationalisierungsstrategie wird mit Hilfe eines Mentors aus dem German Accellerator Programm verfolgt. „Der amerikanische Markt funktioniere völlig anders als der europäische“, erklärt der Unternehmensgründer. Dort seien persönliche Beziehungen und Referenzen der entscheidende Faktor.

Das Geschäftsmodell wurde mit einer Reihe von Preisen ausgezeichnet, wie dem German Silicon Valley Accelerator 2014, Best App gast 2014, Best App mdays 2013.

Dr. h.c. Wolfgang Kniejski, European Institute of Innovation and Technology (EIT); Technische Universität Darmstadt: „Start-ups in der Internetwirtschaft – die europäische Perspektive“

Herr Dr. Kniejski stellte seine Vorgehensweise vor, Start-Ups bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen und Businessplänen in allen Phasen der Unternehmensentwicklung, von der Unternehmensgründung bis hin zur internationalen Expansion, zu unterstützen. „Insbesondere widmen wir uns dem so genannten ‚Softlanding’“, erläuterte Dr. Kniejski, „indem wir Start-Up Unternehmen mit Hilfe eines Experten-Netzwerks bei der Internationalisierung unterstützen und die bestehenden Hemmnisse, die Start-ups bei einer internationalen Marktorientierung beeinträchtigen, abzubauen.“

Zusammen mit ausgewählten Partnereinrichtungen hat das von Dr. Kniejski mitgegründete Unternehmen INI-Novation GmbH – ein Spin-off der TU Darmstadt – Aktivitäten, Maßnahmen und verschiedene Dienstleistungen entwickelt, die den Zugang zu Partner erleichtern, wie etwa die Unterstützung im Bereich Business Planning, Zugang zu Geldgebern, Qualifikation und Mentoring oder Logistik. Herr Kniejski stellte drei Initiativen vor, die den Start-Ups durch INI-NOVATION zur Verfügung stehen:

  •  TESLA (Transnational Ecosystem Laboratory & Actions) Projekt

    Mit Hilfe dieses Projektes soll das Wachstum und die Entwicklung von Start Up mit großem Potenzial aus Irland, Wales, Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden durch grenzüberschreitende Unternehmensfördermaßnahmen unterstützt werden. Ziel sei es, die Internationalisierung der Start-Ups schneller voran zu treiben, ihnen Zugriff auf wichtige Exportmarktforschung in der Europäischen Union zu geben und neue Produktentwicklungsmöglichkeiten zu erschließen. Zudem sollen mit der Unterstützung und dem Know-how des Partnernetzwerks neuer Finanzierungsquellen identifiziert werden. Das Angebot würde auf Erfolgsbasis gemacht und koste den Gründer zunächst nichts. Im Erfolgsfall würde eine Provision für die Refinanzierung erhoben.

  • LILA-Lab-Plattform

    LilaProject.eu ist eine User-Feedback-Plattform. Auch hier würde der Ansatz verfolgt, ohne Berechnung in der Anfangsphase zu unterstützen – im Erfolgsfall würde man sich mit einem Provisionsmodell beteiligen. Entscheidend für den Erfolg sei nicht nicht die Plattform selbst, sondern die Vernetzung der Partner.

  • EIT Digital Accelerator

    Hier setze die Unterstützung an einem späteren Zeitpunkt an. Es müsse schon ein Umsatz im Start-up vorhanden sein, das eine Internationalisierung anstrebe. Das Netzwerk habe den Zweck, den Unternehmen Zugang zu Experten und Investoren in Matching-Veranstaltungen zu geben. Die Veranstaltungen haben verschiedene Themenfelder. Auf die Frage, ob auch eine Unterstützung für Start-ups möglich sei, die außerhalb Europas tätig sein möchten, antwortete Kniejski: „Dies ist prinzipiell möglich, das hängt aber von den persönlichen Netzwerken der Netzwerkpartner ab.“

Felix Erler, Steuerberater und Egon Schmitz, Partner, Steuerberater; EGSZ Gerow Kuhlmann Schmitz Zeiss: „(Umsatz-) Steuerliche Aspekte grenzüberschreitender E-Commerce Transaktionen“

Herr Schmitz und Herr Erler gaben in ihrem Vortrag einen Überblick über die schwierigen Umsatzsteuerlichen Regelungen im E-Commerce – insbesondere dann, wenn es um grenzüberschreitende Transaktionen geht. „Zu prüfen ist“, so Schmitz, „wo die Leistung als erbracht gilt, ob eine Befreiungsvorschrift greift, welcher USt-Steuersatz auszuweisen ist oder ggf. das Reverse Charge System greift.“ Die Lösung der Fälle setze eine umfassende Würdigung der Art des Geschäftes, des Kunden, der konkret erbrachten Leistung voraus. „Je nach Sachverhalt ergeben sich die unterschiedlichsten umsatzsteuerlichen Konsequenzen“, führte der Partner von EGSZ weiter aus.

Herr Schmitz erläuterte, dass im Warenhandel grundsätzlich das Ursprungslandprinzip gelte. „Eine Ausfuhr in ein Drittland ist in der Regel UST-befreit“, stellte der Experte für Steuerfragen klar. Die Ausfuhr in ein anderes EU-Land sei in der Regel in Deutschland steuerpflichtig. Im Versandhandel gelte jedoch eine Sonderregelung: „Hier erfolgt die Umsatzbesteuerung dort, wo die Ware verkauft wird“, so Schmitz weiter.

Im B2C-Bereich gebe es Lieferschwellen. Bis zu dieser Schwelle bestehe ein Wahlrecht, wo die Ware versteuert wird. Beim Überschreiten dieser Schwelle müsse die Versteuerung in Deutschland erfolgen.

Er wies auch auf aktuelle Änderungen hin: „Die Besteuerungsfolgen für sonstige Leistungen, wie elektronisch erbrachte Dienstleistungen – wie beispielsweise Downloads von Musik, Apps, eBooks, Datenbankzugriffe, etc. – haben sich zum Anfang dieses Jahres geändert.“ So gelte seit dem 1. Januar 2015 grundsätzlich das Bestimmungslandprinzip. Die Ware müsse also in dem Land versteuert werden, in das die Lieferung erfolgt. Daher müssten sich Unternehmer entweder in den Mitgliedstaaten, in denen sie die genannten Leistungen ausführen, umsatzsteuerlich erfassen lassen und dort ihren Melde- und Erklärungspflichten nachkommen oder die Vereinfachungsmöglichkeit durch die Sonderregelung „Mini-One-Stop-Shop“ in Anspruch nehmen.

„Das Mini-One-Stop-Shop Verfahren ermöglicht es in Deutschland ansässigen Unternehmern, ihre in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgeführten Umsätze, die unter die Sonderregelung fallen, in einer besonderen Steuererklärung zu erklären.“ Herr Schmitz zeigte aber auch auf, dass dieses Verfahren durchaus seine Tücken hat.

Sein Kollege Herr Erler stellte ein Fallbeispiel aus dem Online Handel vor, mit verschiedenen Ausgangs- und Eingangsleistungen und erläuterte was jeweils umsatzsteuerlich passiere. Der Vortrag machte deutlich, dass es zu vielen Fragen bislang keine pauschalen Antworten gibt, da im E-Commerce viele Fragen noch Fallweise entschieden werden. Die Umsatzsteuerlichen Regelungen bei grenzüberschreitenden Transaktionen sind hochkomplex.

Herr Hofmann stellte die Frage in den Raum, ob es lohnenswert sei, das Thema „Steuern im E-Commerce“ von Verbandsseite weiter zu verfolgen. Möglicherweise könnte ein Kompendium zu den Grundsätzen der Umsatzbesteuerung im E-Commerce sinnvoll sein um Unternehmen auf die Risiken im Online-Handel hinzuweisen. Herr Schmitz gab dabei zu bedenken, dass viele Fragestellungen sehr speziell und Einzelfallabhängig und rechtlich abschließend bisher nicht geklärt seien.

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