
Béla Waldhauser, Sprecher der unter dem Dach von eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen und CEO bei Telehouse Deutschland, ist Speaker beim diesjährigen eco Data Center Expert Summit und Juror für den Data Center Award, der besonders innovative Rechenzentrumsprojekte auszeichnet. Im Interview spricht er über aktuelle Trends im Bereich der Nachhaltigkeit, regulatorische Herausforderungen sowie die Voraussetzungen für eine grüne IT-Infrastruktur.
Welche aktuellen Trends und Innovationen sehen Sie aktuell im Bereich nachhaltiger IT-Infrastrukturen?
Datacenterbetreiber haben in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Energieeffizienz gemacht, insbesondere bei der Kühlung. Luftgekühlte Server sind mittlerweile sehr effizient, aber um die nächste Stufe zu erreichen, wird Flüssigkühlung immer wichtiger. Parallel dazu nimmt auch die Abwärmenutzung Fahrt auf: Als ich vor 5 Jahren damit angefangen habe, war ich fast der Einzige in Deutschland, der dieses Thema vorangetrieben hat. Heute gibt es viele spannende Projekte, die zeigen, wie Rechenzentren aktiv zur Wärmewende beitragen können. Ein weiterer entscheidender Punkt ist der Strombezug: Fast alle großen Betreiber setzen inzwischen auf erneuerbare Energien und spielen eine führende Rolle bei Power Purchase Agreements (PPAs) mit Solar- und Windparks. Damit treibt die Branche nicht nur ihre eigene Nachhaltigkeit voran, sondern unterstützt auch den Ausbau grüner Energiequellen.
Welche Rolle spielen Rechenzentren in der Umsetzung von Green IT?
Rechenzentren sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Ohne eine leistungsfähige und effiziente Rechenzentrumsinfrastruktur wird es keine Green IT geben. Jetzt müssen wir aber bei der IT-Hardware und -Software weitermachen, da diese aktuell für ca. 75% des Stromverbrauchs in modernen Rechenzentren verantwortlich sind.
Wie schneidet Deutschland im internationalen Vergleich bei der Nachhaltigkeit von Rechenzentren ab?
Deutschland ist schon sehr gut, was die Nachhaltigkeit unserer Rechenzentren angeht. Dies ist nicht zuletzt dem sehr hohen Strompreis in Deutschland geschuldet. Allerdings sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass wir in Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal haben. Alle großen Rechenzentrumsbetreiber agieren global und setzen weltweit auf standardisierte Bauweisen und Technologien. Da gibt es keine deutsche Sonderlösung.
Welche regulatorischen Herausforderungen bestehen für Rechenzentrumsbetreiber aktuell in Deutschland, die die nachhaltige Transformation in der Branche hemmen?
Zum einen sind es die ewig langen Genehmigungsverfahren für neue, effiziente Rechenzentren. So dauert es im Schnitt ca. 1 Jahr bis man die Baugenehmigung erhält - das Gleiche gilt auch für Modernisierungsmaßnahmen. Und das Thema Süd-Link ist ebenfalls wohlbekannt: Wir schaffen es seit über 10 Jahren nicht, den Strom aus den Windparks in der Nordsee im großen Rahmen in den Süden zu bringen.
Welche Best Practices aus der Praxis können Unternehmen übernehmen, um ihre IT nachhaltiger zu gestalten? Welche Rolle spielt dabei Green Coding?
Fangen wir mal mit der richtigen Dimensionierung des Rechenzentrums an. Dazu hat der eco e.V. kürzlich ein Whitepaper herausgegeben, welches wertvolle Hinweise dazu liefert. Dann natürlich ist die vorausschauende Planung für die Nutzung der Abwärme zentral. Beispiel hierzu ist die Kooperation der Mainova und der Telehouse für die Wärmeversorgung des Wohnquartiers Franky in Frankfurt. Und natürlich ist Green Coding ein essentieller Bestandteil nachhaltiger Datacenter, denn rund 75% der Energie eines Rechenzentrums wird von der IT verbraucht.
Welche Weichenstellungen sind jetzt notwendig, um nachhaltige IT-Infrastrukturen langfristig zu etablieren?
Die Politik muss die Planungsverfahren deutlich beschleunigen – sowohl für den Netzausbau, damit der Windstrom aus dem Norden den Süden erreicht, als auch für den Bau moderner, effizienter Rechenzentren. Nur so können alte, ineffiziente Anlagen schneller ersetzt oder modernisiert werden. Bei der Abwärmenutzung reicht es nicht, allein die Rechenzentrumsbetreiber zur Abgabe zu verpflichten, wenn auf der anderen Seite die Abnehmer oder Wärmenetzbetreiber nicht mitziehen. Zudem braucht es eine deutlich stärkere Förderung der Forschung zu großen Speichermedien – sowohl für Strom als auch für Wärme –, um eine nachhaltige und stabile Energieversorgung zu gewährleisten.
Was ist Ihr persönliches „grünes“ Zukunftsbild für die IT-Branche?
Mein persönliches „grünes“ Zukunftsbild für die IT-Branche besteht aus Rechenzentren mit ausschließlich wassergekühlten Servern. Diese Server sind alle virtualisiert und die Software entspricht den neusten Standards für Green Coding. Außerdem liegt die Abwärmetemperatur bei mindestens 50°C und wird komplett in moderne Tieftemperatur-Wärmenetze eingespeist.
Vielen Dank für das Interview!

Die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen ist ein Zusammenschluss führender Unternehmen der Branche. Die 2018 unter dem Dach von eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. gegründete Initiative will durch den Dialog mit Politik und Öffentlichkeit auf die Bedeutung digitaler Infrastrukturen für den Wirtschaftsstandort Deutschland aufmerksam machen.