Video-Konferenz aus der Rooftop-Bar statt schnödem Meetingraum. Zur Mittagszeit kurze Abkühlung im türkisblauen Meer statt schäbige Kantine. Online arbeiten und die Welt bereisen: Das digitale Nomadentum macht´s möglich. Digitale Nomaden arbeiten von nahezu allen Plätzen der Welt. Sehr viele zieht es nach Südostasien. Ihre Anzahl wächst. Vor allem Softwareentwickler, Texter, Marketing-Fachkräfte, Datenanalysten und Salesmanager sind laut der Meta-Jobsuchmaschine Joblift als Digitale Nomaden unterwegs. Doch eignet sich das Konzept auch für CEOs? Harald A. Summa, Hauptgeschäftsführer des eco und Vorstandsvorsitzender der DE-CIX Group AG, macht den Selbstversuch. In unserer dreiteiligen Interview-Reihe gibt er uns spannende Einblicke in seinen Arbeitsalltag, beleuchtet die Digitalisierung in Deutschland und den USA und gibt Tipps, worauf Führungskräfte beim digitalen Nomadenleben achten müssen.
Neben Singapur und China zählen die USA zu den Top-Playern der digitalen Transformation. Wenn Sie sich als Unternehmer die digitale Transformation in Deutschland und den USA anschauen: Was fällt auf? Gibt es Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede?
Harald A. Summa: Die USA sind quasi das Mutterland des Internets. Von daher haben die Amerikaner das Thema Digitalisierung natürlich schon drauf. Die digitalen Infrastrukturen sind zumindest in den Metropolen und Umgebung sehr gut ausgebaut. Mein Apartment hat beispielsweise einen 1-Gbit/s-Internetzugang. Der amerikanische Durchschnittsbürger ist eben always on. Ohne mobiles Endgerät, no way! Der Nutzer lebt quasi schon digital vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Auch bei Unternehmen habe ich den Eindruck, dass sie in ihrer digitalen Transformation schon sehr weit sind. Im Gegensatz zu Deutschland scheinen mir die Amerikaner generell aufgeschlossener gegenüber innovativen und neuen Technologien zu sein. Dabei müssen die Lösungen nicht perfekt sein, sie sollten funktionieren. Das Ausprobieren steht im Vordergrund - sei es, um ein paar Dollar zu sparen oder einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. In den USA wird mit harten Bandagen gekämpft und es wird sich wenig bis nichts geschenkt.
Was sollten sich deutsche Unternehmen von amerikanischen abschauen?
Summa: Es gibt ja die berühmte Songzeile: „If I can make it there I´ll make it anywhere”. Es ist so! Ich kann jedem Unternehmer nur empfehlen, sich mit dem amerikanischen Wirtschaftssystem auseinander zu setzen. Sei es durch direktes Handeln vor Ort oder indirekt durch Geschäftsbeziehungen. Wir als DE-CIX haben sehr viel von unserem Engagement in den USA für unser Geschäftsmodell in Deutschland und weltweit gelernt.
Können die Amerikaner in puncto Digitalisierung im Umkehrschluss denn auch etwas von uns lernen?
Summa: Ich könnte jetzt sagen: Ja, man kann auch auf einem Bein stehen! Deutschland und made in Germany stehen in den USA schon sehr hoch im Kurs. Wir werden für unsere Gründlichkeit und die Qualität unserer Arbeit und Produkte sehr geschätzt. Aber, um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass amerikanische Unternehmen sich besonders bei der Digitalisierung eine Scheibe von Deutschland oder Europa abschneiden wollen. Wir sind für die Unternehmen vor Ort eher ein Absatzmarkt und recht selten ein Learning Pool. Dafür ist der Heimatmarkt einfach zu groß, als dass sie auf deutsche Spezifika besonders eingehen würden.
Wie erleben Sie ganz persönlich die Digitalisierung in den USA auf Ihrer Reise?
Summa: Manchmal bin ich verblüfft. Ich kaufe mir ein paar Sneakers, bezahle mit Kreditkarte und bekomme die Rechnung automatisch auf mein Handy, ohne dass ich die E-Mail-Adresse hinterlegt habe. Andererseits bekommen Amerikaner ihr Gehalt per Scheck per Post zugesandt und rennen damit zur Bank. Dieser Prozess ist so tief verwurzelt, dass die Staatsbediensteten während der Haushaltsperre einen Scheck über Null Dollar erhielten. Krasse Gegensätze!
Vielen herzlichen Dank für das Interview, Herr Summa!
Zum ersten Teil der Interview-Reihe
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