Die KFZ-Zulassungsstellen in Deutschland setzen zu stark auf Publikumsverkehr, das führt in der Corona-Pandemie zu langen Wartezeiten. Dabei könnten die Behörden Online-Anmeldungen ohne großen Aufwand vereinfachen, sagt Eugen Donhauser, CTO (Chief Technical Officer) des eco Mitgliedsunternehmens Gutschild.de.
Herr Donhauser, Gutschild.de ist seit kurzem eco Mitglied, würden Sie sich kurz vorstellen?
Wir sind ein Online-Shop für KFZ-Kennzeichen, beispielsweise für PKW, LKW oder Motorräder. Ihr Wunschkennzeichen können sich unsere Kunden über www.gutschild.de bei der betreffenden KFZ-Zulassungsstellen aussuchen und reservieren, wir produzieren und versenden es. Dafür greifen wir auf die Online-Datenbanken fast aller Zulassungsstellen in Deutschland zu. Das ist recht komplex, da diese unterschiedliche Systeme nutzen und keine Schnittstelle für uns zur Verfügung stellen. Unsere Kunden merken nichts davon und profitieren von einer vereinfachten Wunschkennzeichenreservierung.
Wie steht es denn um die digitale KFZ-Zulassung in Deutschland?
Es könnte besser sein. Mit i-Kfz (internetbasierte Fahrzeugzulassung) können Privatpersonen seit 2019 eigentlich alle Standard-Geschäftsvorgänge der KFZ-Zulassung online erledigen. Doch zurzeit ist der Besuch vor Ort noch die Regel, dabei sind Termine grade jetzt in der Corona-Pandemie rar, mit Wartezeiten von mehr als vier Wochen. Die KFZ-Ab- An- und Ummeldung ist vielerorts inzwischen zwar online möglich. Doch jede Kommune und jede Zulassungsstelle kocht hier ihr eigenes Süppchen. Die Prozesse sind kompliziert und wenig nutzerfreundlich.
Woran liegt das?
Die Behörden fragen viele unnötige persönliche Daten ab, verlangen ein Nutzerkonto anzulegen und lassen die Menschen auch mal 10 Minuten auf einen Bestätigungslink warten. Das ist nicht bürgerfreundlich. Es ist in Deutschland wesentlich leichter, ein Bankkonto zu eröffnen als ein Auto anzumelden. Das Problem beginnt schon damit, dass für i-KFZ eine Online-Identifikation mit dem elektronischen Personalausweis verpflichtend ist. Jedoch kaum ein Bürger hat diese Funktion freigeschaltet.
Warum fällt es Behörden schwer, Online-Services zu verbessern?
Änderungen an bestehenden Prozessen sind wohl nicht einfach in deutschen Behörden, dabei würden sie selbst am meisten von einer stärkeren Digitalisierung profitieren. Die Verwaltungs-Mitarbeiter fühlen sich vom Publikumsverkehr doch eher gestört, habe ich den Eindruck. Natürlich haben die Verantwortlichen auch gute Gründe, sich gegen solche Innovationen zu stemmen: Datenschutzbedenken, veränderte Prozesse, andere Personalplanung und neue Verantwortlichkeiten gilt es zu klären. Neue Situationen, wie jetzt die Corona-Pandemie, zeigen jedoch, dass Menschen dann auf lange Sicht unnötig eingeschränkt werden. Die Behörden hatten in der Corona-Zeit als erstes geschlossen und viele Bürgerservices waren nicht mehr möglich.
Was muss sich ändern?
Die Politik muss andere Online-Identitäten zulassen. Mittels Video-Identifikation ist es möglich, dass ich mich zweifelsfrei im Internet identifiziere, viele Bank beispielsweise nutzen das bereits. Das ist in der Privatwirtschaft gelebte Realität und das sollten auch die Behörden anerkennen. Außerdem brauchen wir mehr Engagement der Verwaltung, die Nutzbarkeit zu verbessern, damit auch Menschen jeden Alters von Online-Diensten profitieren können. Beispielsweise indem sie Usability-Tests machen, die in der Software-Entwicklung üblich sind und so Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren und umsetzen. In Ländern wie Lettland und Estland erledigen die Bürger neben der KFZ-Zulassung zahlreiche Behördengänge ganz selbstverständlich online. Es führt in Deutschland kein Weg daran vorbei, dass wir über kurz oder lang auch dahin kommen.
Herr Donhauser, vielen Dank für das Interview.