Stehen Datacenter als Nukleus digitaler Infrastrukturen vor dem Umbau? Dieser Frage geht Dr. Ralph Hintemann, Gesellschafter und Senior Researcher am Borderstep Institut, in seinem Vortrag bei der eco Akademie am 14. Mai in Frankfurt nach. Vorab gibt er im Kurzinterview einen Einblick zur aktuellen Nachfrage und zu den Vorzügen des hiesigen Standorts von Rechenzentren.
Herr Dr. Hintemann, der Bedarf nach Kapazitäten in Rechenzentren steigt stetig. Was sehen Sie als den Haupttreiber dieser Nachfrage an?
Aktuell ist sicher die stark wachsende Bedeutung des Cloud Computings eine Entwicklung, die zu steigender Nachfrage nach Rechenzentrumskapazitäten führt. Einen Haupttreiber dafür auszumachen, ist aber kaum möglich.
Die Digitalisierung betrifft alle Lebens- und Arbeitsbereiche. Sowohl durch Geschäftsanwendungen als auch durch den privaten Konsum wachsen die Datenmengen, die erzeugt, übertragen und verarbeitet werden müssen, immer schneller an. Themen wie Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, Smart Cities und Smart Homes treiben die Entwicklung. Und die 5G-Netze werden einen weiteren Wachstumsschub bringen.
Und wie kann diese Nachfrage befriedigt werden?
Aktuell können die Anbieter die steigende Nachfrage kaum befriedigen. Es erscheint fast unmöglich, so schnell neue Rechenzentren zu bauen, wie es die Nachfrage erfordert. Vor allem im Raum Frankfurt gibt es Engpässe.
Auch geeignetes Fachpersonal für Planung, Bau und Betrieb von Rechenzentren ist nur schwer zu bekommen. Im Großen und Ganzen schafft es die Branche aber, die Nachfrage nach Rechenzentrumskapazitäten zu befriedigen.
Welche Chancen sehen Sie für kleinere Anbieter angesichts der übermächtigen Hyperscaler?
Gerade in Deutschland mit seiner mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur gibt es sehr gute Chancen auch für kleinere Anbieter. Für mittelständische Kunden sind Themen wie Vertrauen und persönlicher Kontakt oft wichtiger als reine Kostenvorteile. Außerdem ist Deutschland aufgrund seiner hohen Strompreise und der vergleichsweise langen Genehmigungsprozesse kein guter Standort für Hyperscaler.
Welche Standortvorteile und welche Standortnachteile sehen Sie für hiesige RZ-Betreiber?
Bis auf die Strompreise, die langwierigeren Genehmigungsprozesse und aktuell den gewissen Fachkräftemangel sind die Rahmenbedingungen für Rechenzentrumsbetreiber in Deutschland gut oder gar sehr gut.
Es gibt sehr zuverlässige Versorgungsinfrastrukturen, und gerade im Großraum Frankfurt durch die Nähe zum DE-CIX auch eine sehr gute Netzanbindung. Außerdem hat Deutschland als stärkster Wirtschaftsstandort in Europa natürlich auch viele Kunden.
Nicht zuletzt kann der Standort bei den Themen Rechtssicherheit und Datenschutz punkten. Deutschland ist weltweit spitze bei der Einhaltung von Gesetzen und auch bei der technischen Umsetzung von Lösungen zu Datenschutz und IT Sicherheit.