22.04.2024

Volker Ludwig über Nachhaltigkeitspotenziale von Rechenzentren

Volker Ludwig ist SVP und Managing Director DACH von Digital Realty und stellvertretender Sprecher der unter dem Dach des eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen. Der Rechenzentrumsexperte wird am 29.04.2024 mit weiteren Vertretern der Allianz das Panel „Digitale Transformation für mehr Nachhaltigkeit: Positive Effekte digitaler Technologien und Infrastrukturen auf die Klimabilanz von Wirtschaft und Gesellschaft“ bei der von eco begleiteten Bühne „Digital and Sustainable Transformation“ auf der Digisustain 2024 besetzen. Im Kurzinterview spricht er unter anderem darüber, wie Datacenter nachhaltiger werden können – beispielsweise mit Hilfe von KI.

 

Welche Rolle spielen digitale Infrastrukturen für eine nachhaltige digitale Transformation?

Digitale Infrastrukturen spielen eine Schlüsselrolle für eine nachhaltige digitale Transformation. Leistungsfähige Rechenzentren und Kommunikationsverbindungen bilden die Grundlage der digitalen Transformation wie auch für effizientes Datenmanagement und flexible und skalierbare Prozesse. Sie unterstützen die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Entwicklung und Nutzung digitaler Technologien – etwa, in dem sie Prognosemodelle oder Smart Grids unterstützen, die für eine Optimierung des Energiemanagements sorgen. Ganz grundsätzlich lässt sich festhalten: Digitale Prozesse sind in der Regel effizienter, als analoge und bieten eine Reihe von Vorteilen – darunter eine schnellere Bearbeitungsgeschwindigkeit, präzisere Datenverarbeitung und eine höhere Skalierbarkeit. So zeigt zum Beispiel eine Studie von eco mit Arthur D. Little, dass durch den Einsatz von IoT in landwirtschaftlichen Betrieben sich bis 2050 18 Megatonnen an CO2 einsparen lassen.

Welche Maßnahmen können Rechenzentrumsbetreiber umsetzen, um möglichst energieeffiziente und nachhaltige Datacenter anzubieten? Gibt es Praxisbeispiele, die Sie in diesem Zuge besonders spannend finden?

Bei der Nachhaltigkeit im Rechenzentrum kommen unterschiedliche Aspekte zum Tragen: Smarte Kühlungstechnologien, energieeffiziente Hardware, ein umfassendes Energiemanagement, die Nutzung von Abwärme oder der Bezug erneuerbarer Energie sind nur einige davon, um zum ressourcenschonenden Betrieb beizutragen. Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien tut sich derzeit viel und es gibt spannende, lokale Projekte – etwa unser Power Purchase Agreement, in dessen Rahmen wir uns verpflichtet haben, für zehn Jahre rund 120 Gigawattstunden (GWh) Strom jährlich abzunehmen, der aus einem Solarpark in Brandenburg stammt. Im Rechenzentrum selbst tragen klassiche Engineeringmaßnahmen, wie die Reduktion der Lüftungsplatten in den Kaltgängen oder das Anpassen der Soll-Werte der Chiller in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur und die damit einhergehende Reduzierung der Verdampfertemperatur, zum nachhaltigen Rechenzentrumsbetrieb bei.

Ein besonders spannendes Projekt ist unsere firmeneigene KI-Software „Apollo“, die in Deutschland in vier unserer Frankfurter Rechenzentren zum Einsatz kommt. Sie erleichtert datenbasierte Entscheidungsprozesse erheblich und hat bereits jetzt für Energieeinsparungen gesorgt, in dem sie beispielsweise Unregelmäßigkeiten, wie verstopfte Filter oder undichte Ventile, erkennt und Optimierungsvorschläge für die Betriebseinstellungen macht.

Welche Maßnahmen müssten Ihrer Meinung nach digitalpolitisch umgesetzt werden, damit Deutschland als Rechenzentrumsstandort gestärkt wird und Datacenter eine nachhaltige digitale Transformation vorantreiben können?

Um Deutschland als Rechenzentrumsstandort zu stärken und eine nachhaltige digitale Transformation voranzutreiben, braucht es vor allem den offenen Dialog zwischen Politik und Industrie. Rechenzentren sind das Rückgrat jeglicher Digitalisierung. Nur mit ausreichender Anbindung an und Kapazität von Rechenzentren können schnelle und zuverlässige digitale Dienste für die anderen kritischen Infrastrukturen, Unternehmen und Privatpersonen angeboten werden. Angesichts der umfassenden, globalen Digitalisierung ist dies eine Grundvoraussetzung für den künftigen Erfolg und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Daher sollte die Bundesregierung den Rechenzentrumsstandort Deutschland gezielt stärken. Insbesondere für neue Forschungs- und Anwendungsszenarien im Bereich KI ist es beispielsweise zwingend notwendig, positive Rahmenbedingungen für die Ansiedlung hoch effizienter Rechenzentren, den Nutzern dieser sowie qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Dazu bedarf es auch schlanker Genehmigungsverfahren, wettbewerbsfähigen Regelungen im Bereich Energieeffizienz und eines im europäischen Vergleich kompetitiven Strompreises.

Außerdem sollte die Politik in Bund, Ländern und Kommunen digitale Infrastrukturen ganzheitlich betrachten, stärken und fördern – etwa  der flächendeckende Ausbau von Glasfasernetzen sowie eine breite 5G-Versorgung für mobiles Internet. Die Priorisierung der Energiewende seitens Bundesregierung ist dabei essentiell: Der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien ist Grundvoraussetzung, damit Betreiber digitaler Infrastrukturen dazu beitragen können, die ambitionierten CO2-Ziele in Deutschland und Europa in die Praxis umzusetzen. Abwärme aus Rechenzentren stellt beispielsweise eine wertvolle Energieressource dar. Doch existieren aktuell zu wenig Möglichkeiten, die Abwärme in großem Ausmaß Nah- oder Fernwärmenetzen zuzuführen. Abhilfe könnten hier unter anderem Abnahmeverpflichtungen für Wärmenetzbetreiber schaffen.

Vielen Dank für das Interview!

Alle Informationen zur DIGISUSTAIN 2024 gibt es hier!

Volker Ludwig über die Rolle von Rechenzentren für eine nachhaltige digitale Transformation