Deutsche Ratspräsidentschaft hat beim Thema nachhaltige Digitalisierung wenig erreicht
- EU-Umweltrat beschließt Ratsschlussfolgerungen für klimaneutrale Rechenzentren
- eco Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen fordert schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland
- Erreichen der europäischen Klimaziele nur möglich mit ganzheitlichem Ökosystem digitaler Infrastrukturen
- Aktuelle Studie der eco Allianz zeigt Best Practices für nachhaltige Rechenzentren in Deutschland und Europa auf
Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurden bei der gestrigen Sitzung des EU-Umweltrates Ratsschlussfolgerungen für eine nachhaltige Digitalisierung beschlossen. Diese sehen unter anderem vor, dass Rechenzentren bis 2030 klimaneutral werden sollen. eco – Verband der Internetwirtschaft und die unter dem Verbandsdach gegründete Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland fordern in diesem Kontext eine Beschleunigung der Energiewende in Deutschland.
„Rechenzentren als Rückgrat der Digitalisierung bis 2030 möglichst klimaneutral gestalten zu wollen, ist ein unterstützenswertes und zugleich sehr ambitioniertes Ziel. Aber der Anspruch kann auch nicht sein, dass die Rechenzentren alles wettmachen sollen, was Deutschland und Europa mit ihrer rückwärtsgewandten Energiepolitik versäumt haben“, sagt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz. Vor allem Deutschland müsse daher jetzt seine Klimawende beschleunigen, damit der Digitalstandort Deutschland nicht mit einseitigen Belastungen der hiesigen Rechenzentrenbetreiber gefährdet werde. „Wer bis 2030 Klimaneutralität von Rechenzentren fordert, darf nicht bis 2038 auf Kohlestrom in Deutschland setzen, so einfach ist diese Rechnung für die Bundesregierung“, stellt Waldhauser fest und ergänzt: „Es ist unstrittig, dass Deutschland und Europa ihre Klimaziele überhaupt nur durch den konsequenten Einsatz digitaler Technologien erreichen können. Die Anwendungsszenarien und entsprechenden CO2-Einsparpotentiale sind allen bekannt, beginnend bei der Mobilitätswende, über Effizienzsteigerungen durch Industrie 4.0 bis hin zur konsequenten Ausschöpfung der Möglichkeiten des mobilen Arbeitens – die Ökobilanz der Digitalisierung ist eindeutig positiv.“
Rechenzentren in Deutschland und Europa zählen schon jetzt weltweit zu den energieeffizientesten. Dies hat bereits der erste Teil der Studie „Rechenzentren in Europa – Chancen für eine nachhaltige Digitalisierung“, welche die Allianz zusammen mit dem Borderstep Institut und mit Unterstützung des Vodafone Instituts in diesem Jahr veröffentlicht hat, gezeigt. Die Studie präsentiert ebenfalls, welche innovativen Technologien und Lösungen dafür bereits im Einsatz sind.
Deutsche Ratspräsidentschaft hat beim Thema nachhaltige Digitalisierung wenig erreicht
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat beim Thema nachhaltige Digitalisierung im vergangenen halben Jahr indes verhältnismäßig wenig erreicht – so das Resümee von eco und der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland. So wurden die Forderungen für eine nachhaltige Digitalisierung in Europa, die eco und die aus wichtigen Vertretern der Rechenzentrumsbrache bestehende Initiative zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft aufgestellt hatte, kaum berücksichtigt und umgesetzt.
Als besonders zielführend für eine nachhaltige Digitalisierung in Europa sieht die eco Allianz den konsequenten Ausbau und Betrieb eines smarten Mix aus bedarfsgerechten digitalen Infrastrukturen, eine Reformierung der Energiesteuerrichtlinie sowie die systematische Nutzung der Abwärme von Rechenzentren an.
Doch die Bilanz am Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft fällt ernüchternd aus: So hat zwar eine Konsultation zur Reform der Energiesteuerrichtlinie stattgefunden, jedoch geht diese Entwicklung primär auf die Arbeit der EU-Kommission zurück. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien für nachhaltige digitale Infrastrukturen oder die sinnhafte Ermöglichung von Nutzungsszenarien für die Abwärme von Rechenzentren lagen nicht im Fokus der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und Bundesumweltministerin Svenja Schulze.
„Das ist eindeutig zu wenig“, so Waldhauser weiter. „Eine klimaneutrale Digitalisierung gelingt nur mit politischer Unterstützung.“ Den Auslassungen von Svenja Schulze nach einer Erweiterung des Green Deals um einen sogenannten Digital Green Deal stehen eco und die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland indes grundsätzlich positiv gegenüber, eine enge Einbindung der Digitalbranche und deren Stakeholder sind jedoch bei der weiteren Ausgestaltung und Konkretisierung dieser Idee aus Sicht des eco unabdingbar.
„Die Branche ist bereits heute gut und nachhaltig aufgestellt, dies beweist nicht zuletzt, wie die Internetwirtschaft während der Pandemie Gesellschaft und Gesamtwirtschaft am Laufen gehalten hat“, sagt Waldhauser. „Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der Politik – nur durch den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien, der konsequenten Abwärmenutzung von Rechenzentren, einem flächendeckenden Glasfaserausbau, den Einsatz von 5G Technologien sowie die Aufnahme von Ansätzen des Green Codings in das Curriculum der zukünftigen IT-Fachkräfte – also nur durch ein ganzheitliches Ökosystem digitaler Infrastrukturen und Technologien werden wir das EU-Ziel, bis 2030 100 Prozent der CO2-Emmissionen digitaler Infrastrukturen einzusparen erreichen, aber dafür müssen alle Stakeholder sich gemeinsam diesem Ziel verpflichten. Wir sind bereit.“
Mehr Infos zur Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland unter: digitale-infrastrukturen.net/