Berlin, 29. April 2020 – Trotz erheblicher Bedenken darüber, ob der Medienstaatsvertrag mit EU-Recht vereinbar ist, hat die EU-Kommission am Ende des Notifizierungsverfahrens grünes Licht gegeben. Es bestünden zumindest keine formellen Einwände. Mit dem Medienstaatsvertrag soll noch im Herbst 2020 der Rundfunkstaatsvertrag aus 1991 abgelöst werden. eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. warnt jedoch ausdrücklich vor einer Verabschiedung des Medienstaatsvertrags in seiner vorliegenden Form durch die Bundesländer.
Dazu sagt eco Geschäftsführer Alexander Rabe:
„Es ist höchst fraglich, warum die EU-Kommission den Medienstaatsvertrag in letzter Minute durchwinkt, wenn sie zeitgleich Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit EU-Recht sieht. Solange der Medienstaatsvertrag auch nur in Teilen der E-Commerce und der AVMD-Richtlinie entgegensteht, drohen erhebliche Rechtsunsicherheiten für international agierende Betreiber. Um den Wettbewerb durch unterschiedliche nationale Vorschriften nicht dauerhaft zu gefährden, sollten wir hier nicht zu kleinteilig, sondern in einem ganzheitlichen, europäischen Ansatz denken.“
Ursprungslandprinzip sollte nach Meinung der EU-Kommission auch in Zukunft gelten
So sollte Deutschland nicht in unkoordinierter Eigenregie handeln. Weiter fordert eco die Bundesländer dazu auf, sich der Kritik der EU-Kommission ausführlich zu widmen und – auch im Sinne einer europäischen Lösung – das Ursprungslandprinzip nicht ohne Not abzuschreiben.
„Ich werde nicht müde die immer noch geltende E-Commerce-Richtlinie als Grundlage zu zitieren. Hier liegt ein klarer Widerspruch zur bestehenden Rechtslage vor“, so Rabe weiter. „Doch während viele bei der E-Commerce-Richtlinie schon automatisch abwinkend auf ihr Alter verweisen und ihr fehlende Relevanz unterstellen, sei erwähnt, dass das Ursprungslandprinzip auch von Kommissar Breton und im Europäischen Parlament als einer der Punkte hervorgehoben wird, die im derzeit diskutierten Digital Services Act aufrechterhalten werden sollen. Warum dies aber nicht auf Bundesländer-Ebene in Deutschland gelte solle, erschließt sich mir nicht.“
eco hat sich bei der Entwicklung des Medienstaatsvertrags mehrfach aktiv eingebracht und entsprechende Kritik geübt. Zuletzt hatte sich der Verband der Internetwirtschaft in einem Brief an die Ministerpräsidenten der Bundesländer gegen die von der VG Media geforderte nachträgliche Änderung der Begründung des Medienstaatsvertrags gewandt.
Abgesehen von der europäischen Perspektive darf der Medienstaatsvertrag auch nicht dem Konsumverhalten der Verbraucher entgegenstehen. Konkret bedeutet dies: Nutzer sollten effektiv die Hoheit über den Bildschirm behalten und selbst entscheiden können, ob sie Überblendungen und Skalierungen zulassen und damit beispielsweise über passende Angebote und Programminhalte informiert werden wollen. Etwaige Eingriffe in diese Nutzerhoheit hält eco weiterhin für unverhältnismäßig.
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