09.09.2020

eco zur GWB-Novelle: „Harmonisierter EU-Ansatz statt nationale Alleingänge“

Berlin, 9. September 2020 – Das Bundeswirtschaftsministerium hat heute einen Entwurf ins Kabinett eingebracht, mit dem die nunmehr 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) beschlossen wurde. eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. hatte Teile der geplanten Novelle bereits im Februar dieses Jahres in einer eigenen Stellungnahme bemängelt und steht nun auch den geplanten Änderungen im Wettbewerbsrecht kritisch gegenüber.

„Mit dem jetzigen Entwurf erfolgt in einigen Bereichen eine Abkehr bewährter, funktionierender und rechtssicherer Praktiken im Wettbewerbs- und Kartellrecht – ein Paradigmenwechsel“, sagt eco Geschäftsführer Alexander Rabe. „Das hat nicht nur gravierende Folgen für die großen Digitalkonzerne, denen künftig eine stärkere Kontrolle durch das Bundeskartellamt droht, sondern birgt auch sonst zahlreiche Rechtsunsicherheiten für alle weiteren Unternehmen.“

So bewertet Rabe mit Blick auf die großen Digitalkonzerne kritisch, dass das Bundeskartellamt mithilfe des geplanten Paragraphen 19a künftig durch Verfügung feststellen kann, ob einem Unternehmen „eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ zukommt. Neben einer marktbeherrschenden Stellung auf einem oder mehreren Märkten zählen hierzu auch seine Finanzkraft, sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten, die Bedeutung seiner Tätigkeit für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie sein damit verbundener Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter. „Die Bundesregierung schafft damit eine Sondervorschrift für die Kontrolle einer sehr überschaubaren Anzahl von Marktakteuren“, so Rabe weiter. „Statt nationalen Alleingängen benötigen wir einen harmonisierten Ansatz auf EU-Ebene – der GWB-Kabinettbeschluss kommt damit zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.“

Noch dazu widerspricht der geplante Regulierungsansatz zur Vermeidung des „Tipping“ – also dem Kippen von Märkten – den Empfehlungen der vom BMWi eingesetzten Kommission „Wettbewerbsrecht 4.0“. In ihrem Abschlussbericht empfehlen die Kommissionsmitglieder, die empirische Grundlage für das strukturelle und zeitliche Entstehen von Tipping-Märkten zu schaffen, bevor hier Regulierungsansätze definiert werden. Rabe: „Hier drohen allen betroffenen Unternehmen weitere Rechtsunsicherheiten.“

Positiv hebt der eco Geschäftsführer hervor, dass mit der 10. GWB-Novelle Unternehmenszusammenschlüsse künftig gestärkt werden sollen. „Infolge der zunehmenden Digitalisierung werden Kooperationen innerhalb aber auch über Branchen hinweg in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen“, so Rabe weiter. „Das erkennt der Gesetzgeber nun an und schafft eine rechtssichere Grundlage für Zusammenschlüsse, die noch dazu weniger bürokratischen Aufwand bedeutet – davon könnten vor allem Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen profitieren.“

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