„Das NetzDG ist und bleibt ein überflüssiges Gesetz und eine Bedrohung für die Meinungsfreiheit im Netz“. Zu diesem Schluss kommt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. anlässlich der heute veröffentlichten Transparenzberichte der betroffenen Internetplattformen. Die Zahlen zeigen, dass sich das Löschaufkommen durch das NetzDG nicht maßgeblich verändert hat. „Die Unternehmen löschen zwar mehr als noch vor einigen Jahren“, so Süme, „dies ist aber nicht auf das Gesetz, sondern auf extrem verbesserte Technologien sowie ein gesteigertes Problembewusstsein bei den Unternehmen zurückzuführen.“ Meldungen zum NetzDG fielen in der Gesamtbilanz kaum ins Gewicht.
Die Berichte zeigen, dass die absolute Mehrheit der gemeldeten Inhalte gar nicht gegen das NetzDG verstößt. Gleichzeitig handelt es sich bei den meisten Inhalten, die schließlich gelöscht würden, ohnehin schon um Verstöße gegen die Community Standards, die die Unternehmen von sich aus überprüften.
Staat darf Rechtsprechung nicht an Unternehmen auslagern
„Während also der tatsächliche Nutzen des NetzDG weiterhin zweifelhaft ist, bleiben die negativen Aspekte des Gesetzes allesamt bestehen“, sagt Oliver Süme und erneuert damit die grundsätzliche Kritik an dem Gesetz, das aus Sicht des Verbands einen grundlegend falschen Ansatz in der Bekämpfung rechtswidriger Internetinhalte verfolgt: „Wenn Internetunternehmen per Gesetz und unter Androhung empfindlicher Bußgelder gezwungen werden, über Rechtswidrigkeit oder Meinungsfreiheit zu entscheiden und unerwünschte Kommentare von ihren Plattformen zu entfernen, entsteht eine privatwirtschaftlich organisierte Parallelrechtsprechung, außerhalb staatlicher Strafverfolgung. Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen und Opfern wird dadurch keine Gerechtigkeit wiederfahren. Dies steht in direktem Widerspruch zu unserem Rechtssystem“, sagt Oliver Süme. Der Staat dürfe die Rechtsprechung nicht einfach teilweise an Unternehmen auslagern.
eco warnt in diesem Zusammenhang insbesondere davor, dass das Gesetz eine gefährliche Karriere machen und von autokratischen Regimen kopiert werden könnte, die den dort entwickelten Mechanismus zu massiver Zensur und Unterdrückung von Meinungsfreiheit nutzen. „Es wäre schön gewesen, wenn die deutsche Politik da über den eigenen Tellerrand gedacht hätte“, so Oliver Süme.
Seit dem 1. Januar 2018 ist das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft, das die Betreiber von Onlineplattformen dazu verpflichtet, strafbare Inhalte im Netz innerhalb einer bestimmten Frist und unter Androhung von teils hohen Geldstrafen zu löschen.
Wie im Rahmen des Gesetzes vorgeschrieben, haben die hauptsächlich betroffenen Internetunternehmen Google, Facebook und Twitter heute ihre Evaluationsberichte zum Stand der Umsetzung der Regelungen vorgelegt.