29.01.2020

Masterplan für Digitalisierung mit Verantwortung gesucht

Die erfolgreiche Digitalisierung des Wirtschaftsstandorts Deutschlands wird nur gelingen, wenn wir sie mit Verantwortung vorantreiben. eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. fordert für das neue Jahr 2020 einen Perspektivwechsel in der digitalpolitischen Debatte: „Digitale Technologien bieten unzählige Möglichkeiten und Innovationspotentiale, von denen wir leider bislang nur einen Bruchteil nutzen. Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft müssen darum gemeinsam mehr Verantwortung für die Digitalisierung übernehmen. Wir brauchen einen visionären Masterplan – am besten entworfen durch ein Digitalministerium das Strategie und Umsetzung stringent verfolgt. Nur so kann eine digitale Trendwende gelingen, die Erfolg und Nutzen für alle bringt“, sagt Oliver J. Süme, eco Vorstandsvorsitzender.

IT- Sicherheit ist die Basis für vertrauenswürdige Digitalisierung

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung kommt insbesondere dem Bereich der IT-Sicherheit eine immer wichtigere Bedeutung zu. IT-Sicherheit stärkt das Vertrauen in digitale Dienste und Technologien und muss deshalb zu einer Kernkompetenz der deutschen Wirtschaft ausgebaut werden. Das Innenministerium will mit dem geplanten IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (ITSiG2.0) unter anderem ein IT-Sicherheitskennzeichen für vernetzte Geräte und die für Betreiber Kritischer Infrastrukturen bestehenden Mindeststandards und Meldepflichten auf weitere Teile der Wirtschaft ausweiten.

„Wir dürfen bei dem Thema IT-Sicherheit nicht stehen bleiben. Daher ist es wichtig, die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln und die IT-Sicherheit durch konkrete Maßnahmen weiter zu erhöhen“, sagt Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik.

Für den Verband der Internetwirtschaft muss sich die Verantwortung im Bereich der IT-Sicherheit auf vielen Schultern verteilen, sie betrifft Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Politik gleichermaßen. Im Rahmen des ITSiG2.0 müssen Verantwortlichkeiten und Haftung für IT-Sicherheit ausgewogen geregelt werden. Außerdem steht die Bundesregierung in der Pflicht, Sicherheitslücken zügig zu schließen. Staatliche Backdoors und jede gezielte Schwächung von Verschlüsselung sind kontraproduktiv für die IT-Sicherheit und gefährden das Vertrauen in die Nutzung digitaler Dienste.

eco formuliert drei Handlungsempfehlungen für eine verantwortungsvolle Digitalisierungspolitik:

1. Regulierung mit Augenmaß

Für den Verband der Internetwirtschaft bedarf es einer Regulierung mit Augenmaß, die rechtliche Rahmenbedingungen formuliert und zugleich persönliche Grundrechte schützt, ohne unternehmerische Innovationskraft oder innovative Geschäftsmodelle zu blockieren.

Ein wichtiger Grundsatz sollte hierbei sein, dass die Rechtsdurchsetzung auch im Onlinebereich stets beim Staat liegt und die Verantwortung nicht auf Internetunternehmen abgewälzt werden darf.

Die Ende 2019 bekannt gewordenen Pläne zur Bekämpfung von Hasskriminalität und damit verbunden die Novellierung des umstrittenen NetzDG sind – ebenso wie die Vorratsdatenspeicherung oder Staatstrojaner – leider kein gelungenes Beispiel für eine konstruktive Digitalpolitik.

2. Befähigung zu souveränem digitalem Handeln

Für souveränes digitales Handeln braucht es in erster Linie ein modernisiertes funktionierendes Bildungs- und Weiterbildungssystem, das Lernenden, aber auch Arbeitnehmern aller Altersklassen, digitale Grundkenntnisse und Kompetenzen für einen mündigen und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Technologien vermittelt. Auch auf Ebene der digitalen Infrastrukturen selbst muss souveränes digitales Handeln möglich sein. Daher ist es richtig und wichtig, dass Initiativen wie GAIA-X Rechenzentren-Betreiber und Cloudinfrastrukturanbieter künftig in Europa mehr Sichtbarkeit und eine stärkere Position im internationalen Wettbewerb verleihen.

3. Digitale Technologien lösungsorientiert und smart einsetzen

Ein lösungsorientierter und smarter Einsatz digitaler Technologien, der sich an ethischen und nachhaltigen Grundwerten orientiert, ist Grundvoraussetzung für eine verantwortungsvolle Digitalisierung. Es geht nicht darum, Technik und Digitalisierung für alles einzusetzen, was technisch machbar wäre, sondern auch die Folgen frühzeitig abzuschätzen und im Blick zu haben. Vielmehr sollten Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft stärker als bisher bei der Frage zusammenarbeiten, wie wir mit digitalen Technologien die drängenden Herausforderungen unserer Zeit lösen können.

Ein Beispiel ist die Bekämpfung der Energie- und Klimakrise: Anstatt darüber zu philosophieren, ob Klickscham die neue Flugscham ist, sollten wir lieber nach Wegen suchen, wie wir die Innovationspotenziale der Digitalisierung besser nutzen können, um Emissionen zu reduzieren. Sei es durch digital-vernetzte Fahrzeuge, smarte Verkehrssteuerung in Städten, dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Produktion und Logistik oder auch die sinnvolle Nutzung der Abwärme von Rechenzentren durch den Anschluss an Nah- oder Fernwärmenetze.

eco feiert Jubiläum: 25 Jahre Netz mit Verantwortung

Vor 25 Jahren taten sich in Köln Visionäre und digitale Pioniere zusammen und gründeten einen Verband, um das Internet der Zukunft aktiv mitzugestalten. Damals wie heute verfolgt eco das Ziel, neue Technologien, Infrastrukturen sowie Märkte zu fördern und die Interessen der Internetwirtschaft gegenüber der Politik und in internationalen Gremien zu vertreten.
eco unterstützt Unternehmen sowie Politik gleichermaßen dabei, das Potential der Digitalisierung zu erkennen und optimal auszuschöpfen. An der geplanten Kampagne für ein „Netz mit Verantwortung“ können sich alle interessierten Unternehmen aus der Digitalwirtschaft aber auch anderen digitalisierten Branchen beteiligen.

Download PDF
RA Oliver J. Süme - farbe