23.10.2017

Neuer Bundestag: Internetverband fordert Abgeordnete auf, Netzpolitik energischer voranzutreiben

Zur morgigen konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestags formuliert eco – Verband der Internetwirtschaft in einem 5-Punkte Papier die aus Sicht der Internetwirtschaft dringendsten netzpolitischen Aufgaben für die neue Legislaturperiode. eco Vorstand Politik & Recht Oliver Süme ruft die Abgeordneten in diesem Zusammenhang dazu auf, wieder mehr auf die mit den digitalen Technologien verbundenen Chancen zu blicken: „Ich appelliere an alle Abgeordneten, die technologischen und wirtschaftlichen Chancen, die die Digitalisierung mit sich bringt, wieder in den Mittelpunkt zu stellen und regulatorische Hindernisse für neue Technologien abzubauen.“

Süme fordert die Abgeordneten außerdem dazu auf, netzpolitische Fehlentscheidungen aus der letzten Legislaturperiode zu korrigieren: „Wir haben in den letzten Jahren eine sehr Internet-skeptische und restriktive Netzpolitik erlebt. An vielen Stellen wurden hastige und fachlich schlechte Entscheidungen getroffen, die zu unausgewogenen bis verfassungsrechtlich zweifelhaften Gesetzen geführt haben. Ich fordere daher die Abgeordneten des neu gewählten Bundestages dazu auf, sich für die Rücknahme des umstrittenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes und der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.“

Fünf Kernforderungen der Internetwirtschaft für eine moderne Netzpolitik

1. Politischer Stellenwert des Digitalen Wandels:
Mehr Relevanz für das Zukunftsthema Netzpolitik!
Die zentralen Fragen rund um das Thema Digitalisierung bedürfen einer Politik aus einem Guss. Daher fordert eco die Bündelung der netzpolitischen Zuständigkeiten in einem Ministerium sowie die Einrichtung eines federführenden Ausschusses im Bundestag.

2. Digitale Wirtschaft & digitale Bildung:
Digitale Transformation von Staat und Wirtschaft konsequent vorantreiben!
Die Bundesregierung muss die Entwicklung, den Einsatz und die Verbreitung digitaler Technologien in Deutschland endlich konsequent fördern und hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Das bedeutet konkret: kompromisslose Umstellung der öffentlichen Verwaltung auf eGovernment unter Einsatz von Cloud Computing und Blockchaintechnologien, intensive und unbürokratische Förderung der Digitalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen, konsequente Anpassung des Bildungs- und Ausbildungssystems zur besseren Förderung von Digitalkompetenzen, Anbindung aller Schule an digitale Infrastruktur sowie eine innovations- und wettbewerbsfreundliche Regulierungspolitik.

3. Recht & Unrecht im Internet:
Staat darf sich bei der Verfolgung von Straftaten im Netz nicht aus der Verantwortung stehlen!
Hoheitliche Aufgaben, beispielsweise im Kampf gegen illegale und rechtwidrige Internetinhalte dürfen nicht auf Provider übertragen werden. Stattdessen muss die Bundesregierung hier die entsprechenden Ressourcen im Bereich Polizei und Strafverfolgung aufstocken. Das Prinzip „Löschen statt Sperren“ muss der politische Grundsatz beim Umgang mit illegalen Internetinhalten bleiben. eco fordert daher, das in der letzten Legislatur beschlossene und hochumstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz zurückzunehmen.
Das Haftungsgefüge der eCommerce Richtlinie darf nicht ausgehöhlt werden. Außerdem muss das Urheberrecht sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene endlich neu gedacht und vollumfänglich reformiert werden.

4. Digitale Infrastruktur & Netze:
Gigabitgesellschaft bis 2025 verwirklichen!
Ein rascher Ausbau der digitalen Infrastrukturen ist die wichtigste Grundvoraussetzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. eco fordert daher, dass die Gigabitgesellschaft bis 2025 Realität werden muss. Unternehmen und Universitäten brauchen den direkten Anschluss an multi-gigabitfähige Netze und die direkte Anbindung an Glasfaserinfrastruktur.

5. Sicherheit & Vertrauen im Netz:
IT-Sicherheit und Datenschutz europäisch regeln und nicht durch staatliche Überwachungsmaßnahmen konterkarieren!
Das Internet macht nicht an Landesgrenzen halt. Regelungen zur Durchsetzung von IT-Sicherheit und Datenschutz müssen daher auf europäischer Ebene und gemeinsam mit der Wirtschaft entwickelt werden. Nationale Sonderwege, beispielsweise bei Haftungsfragen, sind kontraproduktiv und schaden dem Standort Deutschland.
eco fordert die Bundesregierung dazu auf, staatliche Überwachung und Zugriffe auf personenbezogene Daten auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung konsequent zu fördern, ohne Generalschlüssel und staatliche Backdoors. Das Offenhalten von Sicherheitslücken wie sogenannte Zero Day Exploits konterkarieren die Bestrebungen der Unternehmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit, schwächen die Cybersicherheit und untergraben das Vertrauen der Nutzer ins Internet und in deutsche Internetunternehmen. Das in der letzten Legislaturperiode beschlossene Gesetz zur Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung muss zurückgenommen werden, ebenso die eingeführte Quellen-TKÜ mit Einsatz von Bundestrojanern.

Die vollständige Internetpolitische Agenda mit insgesamt 30 Kernforderungen der Internetwirtschaft für eine moderne Netzpolitik ist hier online verfügbar.

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